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Freno d'Emergenza schrieb am 19.6. 2015 um 01:01:51 Uhr über

Verliebt

Verliebtheit ist psychoanalytisch gesehen nichts anderes als eine akute Psychose - in linder Form allerdings. Die Ich-Organisation bleibt erhalten, meist zumindest, das Verhalten jedoch wird eindeutig psychotisch.

Ursache ist die sogenannte Übertragung, eine Projektion einer früheren, intensiven sexuellen Beziehung, im Normalfall derjenigen zum gegengeschlechtlichen Elter, aber auch andere frühere Beziehungen kommen in Frage. Regelmässig sind es Beziehungen aus der Kindheit. »Sexuell« heißt hier nicht unbedingt, daß es zu sexuellen Handlungen im landläufigen Sinne gekommen sein müsste. Es wird sich in den allermeisten Fällen um gesunde, infantile Sexualität handeln, die nichts mit Kindesmißbrauch zu tun hat.

Das Unterbewußtsein »überträgt« die meist verdrängte Erinnerung an diese Beziehung auf eine Person, die dem früheren Objekt in bestimmten Eigenschaften ähnelt, so daß für die Psyche eben diese Person, in die man »verliebt ist« mit der früheren Beziehung identifiziert wird.

Die Ähnlichkeit mit dem früheren »Liebesobjekt« kann rein äusserlich sein, aber auch auf innere, psychische Merkmale, bestimmte Verhaltensweisen bezogen sein. Sie kann komplexer sein, oder sich auf bestimmte, einzelne Eigenschaften beziehen - sehr bekannt ist die Haarfarbe: wer »Blondinen bevorzugt«, hatte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine solche infantil-sexuelle Beziehung zu jemandem mit blonder Haarfarbe.

Weil es sich um die Erinnerung an eine infantile Begegnung handelt, ist sie nicht geschlechtsspezifisch: die Übertragung der früheren Beziehung kann auf Männer oder Frauen stattfinden.

Aufgrund absolvierter Psychoanalyse weiß ich bei mir, woher mein »Typ« stammt, in den ich mich regelmässig verliebe: sehr große, überschlanke (»dürre«) Menschen mit der heute leider sehr selten gewordenen »Wuselmähne« und einem fröhlichen Naturell. So war nämlich die Kindergärtnerin, mit der ich tatsächlich eine sexuelle Beziehung gehabt hatte. Ob das eine pädophile Angelegenheit war, weiß ich nicht genau - aber sie war »kindgerecht« gewesen, meine Erinnerung daran, die in der Analyse zutage getreten war, ist durchaus positiv. Ich denke auch heute, nach der Psychoanalyse, gerne an diese Frau zurück.

Das Agieren dieser Verliebtheit in Form von Kontaktsuche, »kleinen Aufmerksamkeiten« usw. kann durchaus beim »Objekt« das komplimentäre »Gefühl«, ebenfalls eine solche psychotische Übertragung, entstehen lassen - wenn die Person, welche ihre Verliebtheit bei dem »Objekt« anträgt, Eigenschaften hat, die ebenfalls dieser prägenden Kindheitsbeziehung des »Objekts« entsprechen. Es kommt dann zur wechselseitigen Verliebtheit.

Aber auch schon das Gebaren der Verliebtheit an sich kann ausreichen, »es zuzulassen«, sich auf einen sexuellen Kontakt mit dem »Subjekt« der Verliebtheit und in der Folge auch eine Beziehung einzulassen. Auch »Berechnung« kann dabei eine Rolle spielen - sogar die tragende Rolle. Das Verhalten des Verliebten, das »caressieren« wie man früher sagte: die fürsorgliche Aufmerksamkeit ist es jedoch, die stets die wesentliche Eigenschaft wiederholt, die die Eltern für das Kind hatten. So kann es leicht zur wechselseitigen Verliebtheit alleine aufgrund dieser Fürsorglichkeit und Aufmerksamkeit kommen.
Darauf kommt es jedoch für die spätere Beziehung und deren Schicksal überhaupt nicht an. Entscheidend dafür sind ausschließlich zwei Faktoren:

Ein Anhalten der Verliebtheit einerseits und die Dynamik der sich entwickelnden Beziehung andererseits.

Positive, »glückliche« (sexuelle) Beziehungen können auch unter Menschen entstehen, die beide niemals im landläufigen Sinne vor der Beziehung ineinander verliebt gewesen sind. In diesen Fällen entsteht eine »Quasi-Verliebtheit« erst durch die sich positiv gestaltende Beziehung, in der beide (unter Umständen auch mehrere) Partner füreinander habituell dieselbe Sorge für das Wohlergehen und das Behagen ihrer Partner aufbringen, wie für ihr eigenes Behagen und Wohlergehen. Das ist dann der Zustand, den man Liebe nennt.


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