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Yadgar schrieb am 2.6. 2016 um 03:56:34 Uhr über

Internet

(original am 22. Juli 2015 als E-Mail an zwei Freunde von mir)

Ein sehr aufschlussreicher Gastartikel von Hossein Derakhshan (einer der Begründer der iranischen Blogszene!) auf ZEIT Online: http://www.zeit.de/digital/internet/2015-07/social-media-blogger-iran-gefaengnis-internet

Lesenswert sogar die Kommentare (von ein paar Pegida- und Putin-Fanboys mal abgesehen, die wie immer und überall dumpf-stereotyp gegen »linksgrüne Gutmenschen« hetzen, bla bla bla...), zum Beispiel dieser hier von »KokoPrice«:

"Mein früherer Enthusiasmus bezüglich des INternets ist auch verflogen. Das ist ein gigantischer Überwachungsapparat, ein Desinformationsmedium, eine Propagandaschleuder, stupides Entertainment, und vor allem ist es eine Gummiwand gegen die man Unzufriedene rennen lässt.
Klar, Meinungsfreiheit ist mehr oder weniger gegeben (bei uns), aber sie wird den Mächtigen nicht gefährlich weil alles in einer Kakophonie und autistischem Durcheinandergelaber endet und kein kollektiver politische Wille gebündelt und gerichtet wird.

Das heißt wer unzufrieden ist, kann tausende Postings schreiben, sich abarbeiten, shitstormen, kritisieren, und verlässt die Internetsession nicht oder sehr selten mit dem Gefühl, irgendwas bewegt, irgendwen überzeugt, von jemandem gute Anregungen bekommen oder irgendwas erreicht zu haben.

Jede Minute die wir vor der Kiste sitzen ist eine Minute die wir nicht auf die Straße gehen. Man sollte Aktivitäten im Internet nicht mit politischem Engagement verwechseln. Schon gar nicht mit Engagement, das irgendwas bewirkt.

Ich bezweifele, dass das Internet zu Demokratie und Freiheit maßgeblich beitragen kann. Echtes Engagement findet im echten Leben statt und nicht im virtuellen Raum. Hätten wir alle nur einen Bruchteil der Zeit, die wir im Internet mit Diskussionen verbracht haben, auf normalen Demonstrationen verbracht sähe es vielleicht schon ganz anders aus in diesem Land."

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen...

Und warum sind wir (oder zumindest ich und all die Internet-Insassen, denen ich z. B. auf ZEIT Online begegne) im Internet und nicht draußen in der richtigen Welt? Es ist bequem, vom Bett ins Netz sind es gerade zwei Meter, man kann dabei Kaffee trinken und Tiefkühlpizza essen, man wird nicht nass, muss nicht auf den Straßenverkehr achten, muss keinen Zigaretten- und Abgasgestank einatmen, läuft nicht Gefahr, von levantinischen Möchtegern-Schumis in tiefergelegten BMWs über den Haufen gefahren zu werden, kann Musik hören (zum Beispiel ich gerade: »Quiet Men« von Ultravox, von dem 1978er Album »Systems of Romance«), es ist billig, auf jeden Fall billiger als ein durchschnittlicher Tag »draußen« - und man kann nahezu immer und überall seinen Senf dazugeben, egal wie unausgegoren der auch immer ist.

Dafür nehmen wir anscheinend in Kauf, dass das inhaltliche Qualitätsniveau der meisten Webangebote allenfalls zweitklassig ist (hochwertige Literatur findet sich schon aus Urheberrechtsgründen nur ausnahmsweise im Netz!). Richtige Bücher sind aber teuer und Bibliotheken so unangenehm weit außerhalb des eigenen Wohnklos, da belallert man sich doch lieber mit der seichten Contentschnipsel-Soße aus dem WWW... obendrauf noch ein paar cooooooooooooole YouTube-Videos aus der Glotze 2.0 und fertig ist die digitale Rauscholindröhnung!


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