Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Internet«
Internetsüchtig schrieb am 22.9. 2002 um 19:51:56 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
...es Dich wundert, daß man auch im Wasser Surfen kann.
...Du bei www.donnerwetter.de nachschaust, anstatt aus dem Fenster.
...Du den Modemlautsprecher nach dem Connect extra eingeschaltet läßt, weil Du findest, daß sich das wie eine steife Meerespriese anhört - genau die richtige Beschallung, um im Netz zu surfen.
...Du Dich im WWW so gut auskennst, daß Du Suchmaschinen überflüssig findest.
...sich in Deine Brille eine Web-Seite eingebrannt hat.
...der Anwalt Deiner Frau die Scheidungspapiere per E-Mail schickt.
...Deine Freundin Sex will, und Du Ihr erklärst, in welchem Chatraum sie Dich findet.
...Dein Hund eine eigene Homepage hat.
...Deine Katze eifersüchtig ist, weil Dein Hamster die schönere Seite hat.
...Du nachts im HTML-Format träumst.
...Du dem Taxifahrer als Adresse http://87700.memmingen.de/kramerstr/116.html nennst.
Du nur noch ein Viertelstündchen online bleiben willst und das jede Stunde wieder versprichst.
Du dir wegen der zweiten Telefonleitung ISDN zum Surfen anschaffst.
Du prompt jede E-Mail beantwortest, aber keine Briefpost mehr.
Du als Anschrift nur noch Deine E-Mail-Adresse angibst.
Du dir selbst eine E-Mail schickst, um Dich an Dinge zu erinnern.
Du online zu sein besser findest als Sex und Dir sogar einen Spiegel über den PC hängst.
Du Freunden von einer heißen Verabredung erzählen, aber verschweigst, daß sie in einem Chatraum stattfindet.
Du Dir einen Laptop kaufst, um auch auf dem Klo surfen zu können.
Du den Installateur fragst, wie teuer es ist, Deinen Schreibtischstuhl durch eine Kloschüssel zu ersetzen.
Du Nächte damit verbringst, den Zähler auf Deiner Homepage über die 2000 zu bringen.
Dein Lebenspartner die Tastatur Deines Computers im Ofen einschmilzt.
Du die Scheidung verlierst, weil weder ein Anwalt noch das Gericht bereit waren, die Sache online zu regeln.
Du Deiner Frau alles überläßt, wenn sie Dir nur Deinen Computer nicht wegnimmt.
Dein Computer mehr als Dein Auto kostet.
Du Dich an kalten Kaffee gewöhnst.
Du Dich wunderst, daß sich die Kaffeetasse nicht dreht, während sie dampft.
Du Dich rühmst, daß keiner schneller doppelklickt als Du.
Du für Deinen Lieblings-IRC-Channel eine eigene Homepage erstellst.
Du draußen den Helligkeitsregler für die Sonne suchst.
Du die Homepage Deiner Freundin küßt.
Du bemerkst, daß es im Haus so verdammt ruhig ist und Du keine Ahnung hast, wo schon wieder die Kinder stecken könnten.
Du eine Viertelstunde brauchst, um Dich durch Deine Bookmarks zu scrollen.
Du Dich mit den Freunden, die um die Ecke wohnen, im Chatroom triffst.
Du angestrengt überlegst, was Du noch alles im Internet suchen könntest.
Du Dich weigerst, an einem Ort Urlaub zu machen, andem es keinen Strom und kein Telefon gibt.
Du trotzdem diesen Urlaub antrittst, Dir aber vorher Laptop, Handy und ein PCMCIA-Modem zulegst.
Du die Hälfte der Flugreise mit Deinem Laptop auf dem Schoß und Deinem Kind im Gepäckfach verbringst.
Du Stunden brauchst, um all Deine E-Mail-Adressen abzufragen.
Du depressiv wirst, wenn Du schon nach zwei Stunden mit Deinen E-Mails fertig bist.
Du Deine Mails abfragst und mitgeteilt bekommst »no new messages«, und es daraufhin noch einmal probierst.
Du alle Links in Yahoo schon kennst und jetzt halb durch Altavista durch bist.
Du Deine Freunde darüber täuschst, wie lange Du gestern online warst.
Du beim Briefschreiben nach jedem Punkt ein com einfügst.com
Du das Gefühl hast, jemand getötet zu haben, wenn Du Dein Modem ausschaltest.
Du Deinen Lebenspartner Fremden gegenüber als Serviceprovider vorstellst.
Du Dich darüber wunderst, wie Dein Provider 200 Freistunden im Monat als »unbegrenzten Zugang« anzupreisen.
Dich an anderen Menschen nur die E-Mail-Adresse interessiert.
Du selbst eine Woche nach Deinem Tod noch einen OP auf Deinem Lieblings-IRC-Channel hast.
Du Deinen Namen nur noch mit maxman at uni Punkt de angibst.
Du aus Deinem Zimmer kommst und feststellst, daß Deine Eltern ausgezogen sind, Du aber keine Ahnung hast, wann das passiert sein könnte.
es zu stinken anfängt, weil Dein Haustier verhungert ist.
alle Deine Freunde ein at im Namen tragen.
Deine einzigen Tagträume von immer schnelleren Standleitungen handelt.
Deine Freunde alle Hayes-kompatibel sind.
Du Deine Mutter nicht mehr erreichst, weil die kein Modem hat.
Deine Telefonrechnung in Umzugskartons geliefert wird.
Du den Hochzeitstag nie mehr vergißt, weil Deine Frau Dich rechtzeitig darüber informiert.
Du Dir keinen Kalender mehr zulegst, weil Du das Datum immer per Newsletter erhälst.
Deine Kinder Eudora, Homer und Dotcom heißen.
Du im Internet aus Versehen für Politiker aus fremden Ländern stimmst.
Dein Lebenspartner verlangt, daß der Computer nicht mehr mit ins Bett kommt.
Du dir folgendem Spruch tätowieren läßt: »Diesen Körper betrachten Sie am besten mit Netscape 4.5.«
Altavista bei Dir anfragt, was noch in Ihrer Suchmaschine fehlt.
Deine letzte Freundin nur ein JPEG war.
Du Deinen Kopf zur Seite beugst, um zu lächeln.
Du Deine Hausaufgaben nur noch in HTML erledigst und Deinem Lehrer lediglich die URL mitteilst.
Du nie das Besetztzeichen Deines Serviceproviders hörst, weil Du sowieso immer online bist.
Du Dich abends an den Computer setzt und Dich wunderst, daß kurz darauf Deine Kinder zur Schule müssen.
Dein Partner sich über mangelnde Kommunikation mit dir beschwert, und Du einen zweiten Computer mit Modem kaufst, damit Ihr miteinander chatten könnt.
Du Dein Alter in Form von »3.x« angibst.
Du diese Adresse mit Netscape ausprobierst.
Du ein IRC-Treffen für Deinen Lieblings-Channel organisierst, bei dem dann jeder vor einem Computer sitzen kann, damit Ihr EUch auch unterhalten könnt.
Du Dich beim Zeitungslesen über den schnellen Seitenaufbau freust.
sich in die Briefpost Emoticons einschleichen.
Du Deinen Anwalt bittest, die Netiquette zu lesen.
Du einer neuen Bekanntschaft Deine E-Mail-Adresse auf den Bierdeckel schreibst.
Du Deine Freundin im Usenet kennengelernt hast.
Du das Geschlecht Deiner drei besten Freunde nicht kennst, weil sie neutrale Nicknamen haben und Du sie mit solchen Fragen nicht belästigen wolltest.
Du allen von Deinem tollen Auto erzählst, aber schon länger als 5 Monate nicht mehr damit gefahren bist.
Du die Telefonleitung von den WG-Mitbewohnern zusätzlich in Beschlag nimmst und selbst deren Freunde wissen, daß sie unter dieser Nummer niemanden mehr erreichen können.
Du beim Warten an der Supermarktkasse über dien langsamen Datendursatz beschwerst und andere darauf hinweist, daß sie aus Gründen der Bandbreite ihren Einkauf auf das Nötigste beschränken sollen.
Du über Leute mit 28.8-Modems lachst.
Du anfängst, von Dir als »/me« zu reden.
Du mehr als 5 Mahlzeiten in einer Woche verpaßt, weil Du noch die neueste Software downloaden mußt.
am Frühstückstisch von Dir erst ein »ftp.brotkorb« kommt, wenn Deine Freundin »Server ready« ruft.
Du am Telefon zu einem Freund »LOL« sagst.
Du nicht wer weißt, welches Jahr gerade ist.
Du Deinen Hausarzt bittest, Dir ein weiteres Gigabyte RAM im Hirn zu implantieren.
Du Deinen Coputer ein- und Deine Frau ausschaltest.
Du bei der Planung des eigenen Hauses den Briefkasten vergißt.
Du den Kellner fragst, ob er Dir ein Bier posten könne.
Du ständig den Kopf um 90° zur Seite kippst um festzustellen, ob jemand eine witzige Bemerkung gemacht hat.
Du nachts um 3 Uhr aufwachst, um auf die Toilette zu gehen, und auf dem Rückweg noch schnell nachschaust, ob Du neue Mails bekommen hast.
Du anfängst, in Wartezimmern nach interessanten HTML-Adressen Ausschau zu halten.
Deine Freunde Dir keine E-Mails mehr schicken, sondern sich gleich auf Deinen IRC-Channel einloggen.
Du Dir einen »Captain Kirk«-Stuhl besorgst, der schon Tastatur und Maus integriert hat.
Du Dich entschließt, wegen dem kostenlosen Internet-Zugang ein oder zwei weitere Jahre zu studieren.
sich die Telekom bei Dir für das von Dir finanzierte Betriebsfest bedankt.
Du auf einer Bergstraße mit dem Auto durch die Leitplanke donnerst und in den Abgrund fällst, und dann instinktiv auf den »BACK«-Button klicken willst.
Dir folgendes passiert: Deine Festplatte gibt den Geist auf, Du konntest dich schon für 2 Stunden nicht mehr einloggen. Du kriegst Schweißausbrüche. Schließlich nimmst du den Telefonhörer und wählst von Hand die Nummer deines Providers. Du summst wie ein Modem und versuchst einen Carrier aufzubauen; und ... HAST DABEI ERFOLG!
Du all diese Gründe in der Hoffnung gelesen hast, daß etwas darunter sei, was nicht auf Dich zutrifft.
MaxOtto schrieb am 31.7. 2001 um 21:59:51 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Mitte der siebziger Jahre trug sich an westdeutschen
Schulen eine technische Revolution zu. Sie nannte sich
»Sprachlabor«. Nicht jede Schule bekam eines, aber aufgrund
landesväterlicher oder privater Großzügigkeit gehörte meine
Schule zu den in diesem Einzelfall privilegierten. Es handelte
sich um einen Raum, in welchem jeder Schülerplatz mit einem
Kopfhörer, einem Mikrophon und zwei oder drei Knöpfen zum
darauf Herumdrücken ausgestattet war. Der Lehrerplatz hatte
noch einige Knöpfe mehr. Alle waren sehr neugierig. Es ging die
Kunde, mit dem Sprachlabor würde man irgendwie »automatisch«
oder sogar »unterbewußt« lernen, und man war überzeugt, daß der
Lehrer Aussprachefehler viel besser höre und so auch besser
korrigieren könne, wenn ihm die Schüler per Kopfhörer direkt
ins Ohr quaken.
Leider war die Lehrerin im Kopfhörer zu leise. Es gab
einen Lautstärkeregler, aber wenn man ihn drehte, machte es nur
»brtzl«. Die Lehrerin sprach daher so laut, daß die Schüler sie
nicht wegen, sondern trotz der dicken, drückenden und die Ohren
heiß machenden Kopfhörer vernehmen konnten. Außerdem war das
Sprachlabor falsch verkabelt. Die Lehrerin hatte in ihrem
Kopfhörer die Stimmen wahlweise sämtlicher Schüler auf einmal
oder von keinem. Wir waren nur ein einziges Mal im Sprachlabor.
Ingenieure aus einer weit entfernten Stadt reisten herbei,
deren Know-nicht-how die Mängel aber nicht dauerhaft
beseitigte. Nach wenigen Monaten wurde das Sprachlabor
geschlossen und diente fortan als Abstellkammer für
unvollständige Skelette, nicht mehr leuchtende Leuchtglobusse
und revanchistische, weil den Ostverträgen nicht Rechnung
tragende Deutschlandkarten. Gelegentlich, bei Raummangel,
wurden noch Erdkunde oder Deutschstunden im Sprachlabor
abgehalten. In diesen Stunden zerrten die Schüler an den
heraushängenden Kabeln, flochten sie zu Brezeln und pulten die
Knöpfe aus den Pulten. Die Lehrer konnten das nicht sehen.
Ich hatte das Sprachlabor längst vergessen. Neuerdings
denke ich wieder daran, wenn ich in den Medien höre, wie
Politiker und Laien-Zukunftspäpste fordern, daß in den Schulen
für jeden Schüler ein Internetzugang bereitzustehen habe. Wenn
dies nicht im Handumdrehen geschehe, dann habe Deutschland
binnen kurzem international abgekackt. Es werde von der
Landkarte der relevanten und visionären Nationen binnen
Jahrzehntfrist getilgt werden. Bundeskanzler Schröder und all
die vielen, vielen, vielen anderen Menschen, all diese
unendlich vielen anderen Menschen, die genauso sind wie
Bundeskanzler Schröder, vertreten die Ansicht, daß der Umgang
mit dem Internet eine Kulturtechnik sei, genauso wichtig wie
Lesen und Schreiben.
Das Internet ist eine sehr praktische Angelegenheit.
Diejenigen, die es beruflich nutzen, zur wissenschaftlichen
Arbeit oder für Recherchen, werden kaum mehr darauf verzichten
wollen. Ob man es, abgesehen vom Buchen von Flügen, auch privat
sinnvoll nutzen kann, weiß ich nicht, doch der Respekt vor
denjenigen, die ihre Freizeit in ödem Smalltalk mit wildfremden
Leuten versickern lassen, verbietet es mir zu bezweifeln, daß
es irgendwo einen intelligenten Chat Room gibt. Insgesamt ruht
auf dem Internet so mancher Segen. Muß man deswegen aber
Klassenzimmer in Großraumbüros verwandeln, wie es die Leute
wünschen, die meinen, daß die »Schulen ans Netz« müssen? Der
Verdacht liegt nahe, daß diejenigen, die das aufgeblasene Wort
von der alles verändernden »Kulturtechnik« im Munde führen, das
Internet selbst nie aufgesucht haben und es daher für eine
geheimnisvolle und komplizierte Welt halten.
In Wahrheit ist das Internet ein zwar großes, aber
schlichtes Reich. Ein bißchen wie Rußland. Wer jemanden hat,
der ihm gelegentlich einen Tip gibt und ihm ab und zu über die
Schulter schaut - aber bitte nicht ständig über die Schulter
schauen, das nervt, der wird sich bei ausreichendem Interesse
spätestens nach 14 Tagen recht wendig in diesem Reich bewegen.
Die Schwierigkeit, ins Internet einzusteigen, liegt irgendwo
zwischen dem Binden eines Windsorknotens und dem Erlernen von
Standardtänzen. Ein noch besserer Vergleich ist das Autofahren.
Das kann man auch nicht von Natur aus, aber in kurzer Zeit
lernt es fast ein jeder - Menschen mit geringer Intelligenz
interessanterweise manchmal leichter als geistig höherbegabte,
was man auch einfach begründen könnte, würde man Zeit und Lust
dazu und Platz dafür haben. Auf jeden Fall ist das Autofahren
eine wichtige Sache. Für viele Jobs ist ein Führer schein
genauso Grundvoraussetzung wie für andere EDV-Kenntnisse. Würde
man aber deshalb das Steuern eines PKWs als eine essentielle
Kulturtechnik bezeichnen und die Schulen damit beauftragen,
diese Technik zu vermitteln? Würde man nicht. Autofahren,
Krawatten binden und Internet sollen die Menschen bitte in
ihrer Freizeit erlernen. Für die Vermittlung von
Grundkenntnissen in diesen Bereichen sind die
allgemeinbildenden Schulen zu schade, zur Förderung von
herausragenden Talenten sind sie dagegen ungeeignet. Da gilt
es, andere Institute zu beauftragen bzw. erst einmal zu
gründen.
Gibt es eigentlich jenseits von mir zusätzliche Menschen,
die den Begriff »im Internet surfen« als einen lächerlichen
Terminus von vor zehn Jahren empfinden? Der fast schon so
obsolet klingt wie »Datenautobahn« oder »globales Dorf«? Und
was machen eigentlich der »Cyber-Sex« und der »Datenhandschuh«?
Ich sag immer »Internet gucken«. Das klingt so schön arglos, so
schön passiv. Einmal habe ich auch »im Internet Schnorcheln«
gesagt, aber diejenigen, die dabei waren, als ich das sagte,
die fanden das nicht gut. Das würde so »gewollt witzig«
klingen. Der Ausdruck »Internet gucken« stieß hingegen auf eine
wohlwollende Jury-Bewertung. Vermutlich weil er »unfreiwillig
komisch« klingt. Die Komik selber, das vermute ich mit
Rücksicht auf meine Lebenserfahrung, wird in ihrer Qualität
nicht davon beeinflußt, ob sie gewollt oder unfreiwillig ist.
Ich erwähne dies, um das Vertrauen in Redewendungen zu
erschüttern, wobei ich mir gewiß weder anmaßend noch skurril
vorkomme. Sollte ich mich in meinem Urteil irren, vermute ich
halt alternativ, daß sich die Komik am wohlsten fühlt, wenn der
Kenner sie als »gewollt unfreiwillig komisch klingend«
analysieren kann.
Die Schule sei dazu da, Jugendliche zur Beschäftigung mit
Inhalten anzuhalten, denen sie sich zu Hause aus freien Stücken
nicht zuwenden würden. Sie sei der Ort, wo man ihnen mit
möglichst charmanter Autorität und ohne Schnarrstimme Wissen
und Grundwerte unterjubelt. Sie sei eine gutherzige Zwingburg
voll trotz manch kleiner Quälerei noch immer freiwillig
leuchtender Augen. Man muß die Kinder triezen und anstacheln,
damit sie selbständig denken, und zwar dermaßen selbständig,
daß sie in der Aktion »Schulen ans Netz« die bloße
Wirtschaftsförderung erkennen. Die Schüler sollten zu Kanzler
Schröder laufen, ihm erklären, daß die Computer in fünf Jahren
alle veraltet und kaputt sein werden, daß sie im Unterricht nur
noch an den heraushängenden Drähten ziehen und daraus Brezeln
flechten würden und daß in fünf Jahren ein neuer Kanzler an die
Macht komme, welcher die Computer nicht ersetzen werde, weil er
für die Internet-Ehrfurcht seines Vorgängers keine
Verantwortung empfinde.
Sollte nun der Internet-Unterricht eingerührt werden,
wird das zu Lasten klassischer Bildungsinhalte gehen. »Na
gottseidank«, wird mancher Narr nun sagen. Ich hätte in meiner
Schulzeit gern auf den Physik-Unterricht verzichtet, aber nur,
weil ich den Lehrer nicht mochte. Er hatte eine Schnarrstimme.
Hätte er die nicht gehabt und gelegentlich, wie meine
Chemielehrerin, eine Bluse mit Mohrrübenmuster getragen, wäre
ich an Physik genauso interessiert gewesen wie an Chemie. Es
lag bei mir immer 100%ig an der Lehrkraft. Die Fächer für sich
waren alle wichtig und richtig. Es gab nichts, was man dem
Internet hätte opfern sollen.
Am überzeugendsten waren immer die Lehrer, die in der
Kulturtechnik Nr. 1, dem Sprechen, gut bewandert waren.
Diejenigen, die flüssig sprachen und keine Sprachmarotten
hatten, die die Schüler bekicherten, statt sich am Lehrstoff zu
weiden. Leider sprachen die meisten Lehrer häßlich. Es nimmt
nicht wunder, daß der mündliche Ausdruck der Schüler im argen
hegt, wenn schon die Lehrer nur grunzen und sabbern. Man ist
heute von schlechter Sprache umzingelt. Neulich erschrak ich
fast zu Tode, als ich unerwarteterweise gute Sprache hörte. Vor
einigen Monaten sah ich den Film »The Million Dollar Hotel« von
Wim Wenders. Ich war am Wegdämmern, denn es war schon zehn
Minuten nach Beginn des Films. Da schreckte ich hoch. Die
Hauptdarstellerin hatte die Formulierung »etwas ergibt Sinn«
gebraucht. Ich dachte: »Wow, Wahnsinn. Wann preist mal endlich
einer die fantastische deutsche Synchronarbeit?« Man hört im
wirklichen Leben ja fast nur noch den primitiven Anglizismus
»etwas macht Sinn«, so daß es einen richtig umhaut, wenn man
mal wieder mit dem korrekten Ausdruck konfrontiert wird. Man
muß heute in synchronisierte Filme gehen, um wenigstens für
anderthalb Stunden dem allgemeinen Verwahrlosungssound zu
entkommen. Kanzler Schröder und all die erschreckend vielen, um
nicht zu sagen: abstoßend vielen Menschen, die auch so sind wie
der, sagen natürlich auch: »macht Sinn«.
Gewiß, gewiß: Was sich einbürgert, wird irgendwann als
korrekt gelten. So entwickelt sich Sprache. Ich weiß dies, so
wahr mir Gott helfe und so sehr ich hier sitze. Bin ja
Knowledgeworker von Hause aus. Doch es war schade um das »Sinn
ergeben«. Das Wort »machen« kommt schon häufig genug vor in
unserer Sprache. Liebe machen, die Wäsche machen, Essen machen,
sauber machen, Abwasch machen, Frau Heinrich machen - »Ich mach
mal Frau Heinrich«, sagt die Friseurin zu ihrer Kollegin, wenn
sie ihr mitteilen möchte, daß sie nun der Kundin Heinrich die
Haare zu machen sich anschickt - Betten machen, Feuer machen,
Internet machen - nein, Internet machen wir noch nicht. Wir
gucken Internet. Weil es Sinn ergibt. Für viele zumindest.
Was gibt es denn noch außer Sprechen? Es gibt noch das
Schreiben. Damit sieht es aber nicht gut aus. Kaum einer in
Deutschland, der unter 60 ist, hat eine auch nur mit Toleranz
akzeptable Handschrift. Das allgegenwärtige Geschmiere ist
gräßlich. Es ist ein deutscher Mangel. In den USA z. B. haben
wesentlich mehr junge Leute leserliche, manchmal sogar schöne
Handschriften. Ich bitte alle Menschen, sich ein Blatt Papier
zur Hand zu nehmen und mit der Hand die Wörter »Schulen nicht
ans Netz« darauf zu schreiben und während des Schreibens die
schreibende Hand zu beobachten und gleichzeitig zu denken: »Ich
beobachte soeben eine klassische Kulturtechnik am Abnippein.«
Vielleicht könnte man die klassischen Kulturtechniken etwas
auffrischen, bevor man die Schulen mit schnellebigen Kästen
vollstellt? Wer eine gute Allgemeinbildung hat, sich auch in
Fremdsprachen gut ausdrücken kann, der wird mit dem Internet
keine Schwierigkeiten haben. Wer nichts weiß und schlecht
spricht, wird kaum in die Verlegenheit kommen, im Berufsleben
seine Internet-Kenntnisse unter Beweis zu stellen.
aaa schrieb am 8.11. 2005 um 16:33:08 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Die grinsende Büroklammer war verschwunden, der morgendliche Traffic verursachte mal wieder einen herrlichen Feinstaubfänger auf den Strassen in der Metropolregion Hamburg und ich machte mir mit Bill Gates zusammen Sorgen um das deutsche Schulsystem.
So konnte es nicht weiter gehen. Schnell kramte ich ein Nikotinpflaster heraus und klebte es mir auf die Nase, es sollten ruhig alle wissen, dass Rauchen an den niedersächsischen Schulen nun genauso verpönt war wie damals, die von Bismarck eingeführte Pflicht, diese Erziehungsanstalt zu besuchen. My english was bad, so I don´t really have a chance to immigrate to the great melting-pot of NY. Sinning without a chance and no bachelor. Was konnte meine miserable Situation verbessern? Ich fand nicht mal das richtige Apostroph auf meiner 1999er Tastatur, Windows 2000 wollte ich nicht fragen, das Einsteinjahr bereitete mit katastrophale Kopfscherzen.
Selbstverliebt und mitleidig benutze ich die automatische Fehlerkorrektur, was sofort per neuster Arbeitsschutzverordnung anonymisiert an den Zentralcomputer weitergegeben wurde. Mein Mobile war deaktiviert, sollte ich sie anrufen?
Bis zur großen Lunchbreak in der ich vorhatte mich herzlich zu übergeben war noch reichlich Zeit und mein Schulleiter war schon nervös genug. Also erläuterte ich weiter anhand von bildhaften Bleistiften, warum Graphit doch leitfähig war und sie höchstens eine Weichmachervergiftung vom Lutschen ihrer Griffel bekämen würden.
Es wurde mir kategorisch zuviel, sollten sie denken was sie wollten, ich musste sie anrufen, schob die erste Werbeunterbrechung ein und ging unter dem Vorwand eine Sicherheitslücke in der anonymisierten Fehlerkorrektur gefunden zu haben aus dem Klassenzimmer, die Videokamera im Blick, was dem Schulsicherheitsdienst erhöhte Wachsamkeit signalisieren sollte. Mein Arbeitszeitkonto schien mir diese Aktion übel zu nehmen und stieß auf, 15€ wurden mir abgezogen. Das war es wert.
Händeringend versuchte ich eine Division durch null durchzuführen, aber es klappte nicht, die Integrale waren einfach zu geschickt verschachtelt. Also ging ich zum Systemadministrator, um mir meinen Kummer von der Seele zu brechen.
Er empfahl mir es mit einem Beruhigungsmittel und einer kalten Dusche zu probieren.
Die Dusche musste warten, die Tablette spülte ich an der Saftbar hinunter und ging erleichtert, aber als hellwacher Koffeinjunkie zurück in die nun nur noch spärlich besetzte Klasse. Meine Magensäure verursachte ein leichtes Kribbeln in der Nase und ich musste Niesen.
Der Beamer lief warm und ich holte einen der noch anwesenden in den Chat, die Ausrede war plausibel und die Überwachungskameras bestätigten seine Vermutung: Mangelnde Disziplin beim Lehrkörper hatte zu Unterrichtsausfall geführt. Meine Vergütung fiel auf null, da hatten wir den Salat, so konnte ich sie nicht schick ausführen und war verdammt nun doch noch lehrreich zu sein. Also ging es weiter mit Silikaten in Babywindeln, was mir zumindest die Aufmerksamkeit der Damen einbrachte, ich musste strukturierter werden, wenn ich doch noch ein paar €-Cent verdienen wollte.
»Kann mal bitte jemand die Schulschwänzer anrufen?«, fragte ich etwas irritiert in den halbleeren Saal.
Keine fünf Minuten später waren alle wieder da, bis auf zwei, ein Männchen und ein Weibchen: »Scheiße!« dachte ich bei mir und hoffte keine Disziplinarstrafe zu bekommen.
»Weiß einer wo die hingegangen sind?« »Ein Eisessen.«, war die demotivierende Antwort. Da hatten wir den zweiten Salat, die Magensäure stieg mir zu Kopf und ich zog das Tempo an, Desoxyribonukleinsäure-Bausteine und ihre Rekombination durch Radikale stand nun auf der Projektionsfläche, ein Stöhnen ging durch den Saal und mein Albtraum wurde plastischer. Also änderte ich die Projektion und ging zur Vulkanisierung von Kautschuk über, die Gesichter wurden freundlicher und mein Lehrgeld hüpfte auf stattliche 30€.
Lunchbreak
Nachdem ich mir den Zyklus von Annika, so hieß die Schulschwänzerin, von Veronika hatte schildern lassen ging ich in den Ruheraum, loggte mich bei ihrem Hausarzt unter dem Pseudonym »Aphrodite« in die Krankenakte ein und erfuhr, dass Veronika nicht gelogen hatte.
Nun noch schnell die Kranken-Akte von Johannes finden, unter »Dalmatiner« wurde ich fündig: Solides Gebiss, Jugend-Akne(das sah ein Blinder), leichte Neurodermitis, keine bekannten ansteckenden Krankheiten. Meiner Aufsichtspflicht war genüge getan und die nächste Stunde konnte beginnen, ich war nur Beisitzer, was einem Chat mit meinem Wochenendflirt sicher behilflich sein konnte. Das Thema war die herannahende Klassenfahrt, eine sogenannte »Verfügungsstunde«, ich klappte also den Laptop zu, deaktivierte die W-Lan-Karte und widmete meine Aufmerksamkeit den Planungen.
Eine Auslandsreise sollte werden, also ging es nun darum herauszubekommen wer VISA-pflichtig war und wer Zuschüsse der Elternschaft bedurfte, sensible Themen also. Ersteres war schnell geklärt, zweiteres würde ein informelles Gespräch mit der Kantinendatei ergeben, natürlich inoffiziell. Die Schüler wurden in ihre »wohl« verdiente verlängerte Lunchbreak entlassen, aber angewiesen auf den Gängen leise zu sein und das Schulgelände nur in 3er-Gruppen zu verlassen.
Ein kurzes Tête-à-Tête mit dem Klassenlehrer und auch ich durfte gehen. Endlich konnte ich für mich eine Lanze brechen und mich auf der geräumigen Lehrertoilette übergeben.
Im Krankenzimmer wurde mir schwummerig und ich beschloss ein kurzes Nickerchen zu machen...
Einschlafphase
Mein Puls raste, mein Blutdruck sank zu meiner Verunsicherung und das Herz begann hektisch zu pumpen, normale Anzeichen einer erhöhten Adrenalinausschüttung? Ich wollte doch Schlafen...
Nach kurzer Zeit bemerkte ich das Nikotinpflaster auf meiner Nase, zog es ab, knüllte es zusammen und warf es im hohen Bogen in den bereitstehenden Brechkübel. Ein 3-Punkte-Wurf wenn ich meinen Zustand in die Highscore mit einbezog.
Alptraumphase I
Auf Phoenix flimmert mal wieder ein Report über den Colgategipfel. Die Bombe am Strassenrand hat leichtes Spiel, sie zerfetzt mich auf dem Krankenbett.
Als ich wieder zu mir komme liege ich zwischen Nixon und Hannelore Kohl im Bauch eines Ufos, die »Beasty Boys« spielen -EGG RAID ON MOJO die mit rüsselartigen Gebilden versehenen Außerirdischen fangen an Pogo zu tanzen, stoßen meinen fest im Boden verankerten Seziertisch um und als -FIGHT FOR YOUR RIGHT TO PARTY im auf dem Bordmonitor mit ein Paar Marionetten verbildlicht wird bekomme ich einen heftigen Stoß in die Magengegend.
Erwischt
Als ich die Augen aufschlage liegt auf meinem Bauch ein dicker Ordner. Meine linke und rechte Hirnhälfte kommen wieder zu Besinnung und blinzeln in das Neonlicht. Ruckartig schnellt mein Oberkörper auf und erkennt den Systemadministrator der Schule. »Die Kantinendateiausdrucke«, murmelt er. Ich nicke und räuspere mich: »Was soll ich jetzt damit?« »Sehen sie es sich an«, brüllt er und knallt die Tür hinter sich zu.
Meine Beine berühren wackelig den Boden, der Wasserhahn spendet mir erst kühles Nass für das Gesicht, dann für die Kehle.
Einige zufällige Stichwörter |
Begehren-und-Erregung
Erstellt am 26.6. 2020 um 17:39:57 Uhr von Gabriele, enthält 3 Texte
Eyjafjallajökull
Erstellt am 16.4. 2010 um 23:02:38 Uhr von Baumhaus, enthält 3 Texte
Hawking
Erstellt am 5.7. 2000 um 16:32:48 Uhr von RainMan, enthält 33 Texte
Lemurensammelbilder
Erstellt am 5.11. 2001 um 22:11:39 Uhr von Frickler, enthält 16 Texte
eines
Erstellt am 9.2. 2001 um 18:42:22 Uhr von lehrer lämpel, enthält 60 Texte
|