Redaktion

»Nun....«

Dr. Weizenfeller wirkte etwas unsicher.

"Nun ja.....als Redaktionsmitglied dieser Zeitschrift
bin ich natürlich auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, übrigens ein recht abwechslungsreicher Teil meiner Arbeit. Wissen Sie, der Umgang mit Menschen, auch wenn sie nicht so unglaublich gebildet sind wie ich, wissen Sie, ich habe schon als Kind alle Disney Filme auswendig aufgesagt wenn ich einmal nicht einschlafen konnte, nun, trotzdem mag ich es, einmal unter das richtige Volk zu kommen.
So wie Rogen Willhelmsen es einst tat."

Dr. Weizenfeller's Gesichtszüge entspannten sich deutlich.
Ja!
Er war schon ein toller Hecht!

"Und wie gestaltet sich die redaktionelle Arbeit so?
Haben Sie ein festes Konzept und starre Strukturen oder arbeiten Sie eher mit Freelancern?
Gibt es dort denn keine Konkurrenz?"

»Ach, wissen Sie, wir kommen ganz gut klar...«

"Aha, Herr Dr. Weizenfeller!
Sagen Sie, Herr Dr. Weizenfeller, wie groß ist denn die Auflage Ihres Magazins?"


»Ja nun... zur Zeit so um die 10.000 Exemplare wöchentlich.«

»Vielen Dank, Herr Dr. Weizenfeller!«


»Sagen Sie, Herr, äh..., Brockmann.....den Namen meines Magazins werden Sie aber nicht nennen, oder?«

"Selbstverständlich nicht! Wo denken Sie hin?
Ich glaube nicht,
dass sich unsere Leser unter dem Titel
'Wichsvorlagen für stramme Helmträger' irgend etwas vorstellen können. Immerhin sind wir als Zeitschrift 'Schöner Wohnen im Schanzenviertel' ein Kulturjournal!"

In dem Bericht über den Nabelschnurvorfall durfte ich das Wort Blasensprung, obwohl korrekt, nicht verwenden. Ein klassischer Fall von »die-Redaktion-hält-ihre-Leser-für-dümmer-als-sie-sind«. Obwohl der Arzt ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass der Begriff »geplatzte Fruchtblase« nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass das Fruchtwasser schwallartig herausschießt, hat sich der Chefredakteur am Ende für diese Formulierung entschieden. Chefredakteure haben zuviel Macht!

In dem Bericht über den Nabelschnurvorfall hat der Redakteur eigenmächtig herumgekürzt. Jaja, das ist nur eine kleine Meldung, kein Meisterwerk (die Hebamme mochte nicht interviewt werden, über den Arzt konnte nicht allzuviel berichtet werden), aber wenn man das jetzt liest, versteht man nicht mehr, warum zuerst der Hubschrauber kam und die arme Frau dann im Krankenwagen abtransportiert werden musste. Es ist die Krankheit der Redakteure, dass sie an Artikeln, die sie nicht selbst geschrieben haben, wenigstens noch mal den Bleistift setzen müssen, damit sie ihr Geld wert sind.