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voice recorder schrieb am 24.1. 2003 um 17:06:36 Uhr über

radiobremenzwei

sondersendung zum tod von

Ivan Illich

kondolenzstreifeenschreibenden15februar

ma-Industrie, und sie benötigen nur fundierte Informationen,
um ihre Vorbehalte zu untermauern. Manche Ärzte halten es
b ' ereits für notwendig, ihre Glaubwürdigkeit zu sichern, indem sie die gesetzliche Ächtung vieler heute üblicher Behandlungsformen fordern. Die von manchen Fachleuten für den Medizinbetrieb geforderten Restriktionen sind oft so radikal, daß sie für die meisten Politiker inakzeptabel sind. Die mangelnde Wirksamkeit kostspieliger und mit hohen Risiken verbundener Medizin ist heute eine allgemein diskutierte Tatsache, von der ich bei meinen Überlegungen ausgehe - kein Diskussionspunkt, der weiterer Ausführung bedürfte.
Der zweite Teil behandelt die unmittelbar gesundheitsschädlichen Folgen der sozialen Organisation von Medizin, und der dritte Teil befaßt sich mit der lähmenden Wirkung der medizinischen Ideologie auf die Lebenskraft des einzelnen: in drei besonderen Kapiteln schildere ich, wie Schmerz, Schwäche und Tod von einer Herausforderung für den einzelnen zu einem technischen Problem geworden sind.
Im vierten Teil interpretiere ich die der Gesundheit abträgliche Medizin als typischen Fall der Kontraproduktivität einer überindustrialisierten Zivilisation und analysiere fünf Formen der politischen Reaktion, die zwar taktisch nützliche, aber strategisch insgesamt vergebliche Heilmittel darstellen. Ich unterscheide zwei Arten, wie der einzelne sich zu seiner Umwelt verhält und sich ihr anpaßt: autonome (d. h. selbstbestimmte) Lebensbewältigung und heteronome (von außen zugeteilte) Wartung und Verwaltung. Abschließend weise ich nach, daß nur ein politisches Programm, das auf eine Beschränkung der Gesundheitsver-waltung durch Experten abzielt, den Menschen die Möglichkeit geben wird, ihre Kraft der Gesundheitspflege zurückzugewinnen, und daß ein solches Programm integraler Bestandteil einer die ganze Gesellschaft erfassenden, auf Beschränkung gerichteten Kritik an der industriellen Produktionsweise sein muß.

I. Klinische latrogenesis


1. Die Pestilenz der modernen Medizin

Die letzten drei Generationen erlebten einen dramatischen Wandel im Bild der in den westlichen Gesellschaften verbreiteten Krankheiten.' Pollomyelitis, Diphtherie und Tuberkulose sind beinah verschwunden; Lungenentzündung oder Syphilis ist mit ein paar Antibiotika-Injektionen hellbar; und inzwischen sind so viele Massenseuchen unter Kontrolle gebracht, daß heute zwei Drittel aller Todesfälle durch Altersleiden bedingt sind. Wer in jungen Jahren stirbt, ist meist Opfer eines Unfalls, von Gewalt oder Selbstmord.' Dieser Wandel der allgemeinen Gesundheitsbedingungen wird für gewöhnlich mit verringertem Leiden gleichgesetzt und auf mehr oder bessere ärztliche Versorgung zurückgeführt. Auch wenn heute fast jeder irgendwie überzeugt ist, daß der eine oder andere seiner Freunde nur der ärztlichen Kunst sein Leben verdanke, so ist damit noch keine direkte Beziehung zwischen dem Wandel der Krankheitsbilder und dem sogenannten medizinischen Fortschritt bewiesen.' Die eingetretenen Veränderungen sind abhängige Variable von politischen und technologischen Umwälzungen, die sich auch im Sagen und Tun der Ärzte widerspiegeln; strengge nommen haben sie wenig mit den Aktivitäten der Gesundheitsberufe zu tun, mögen diese auf ihre langwierige Ausbildung, ihren hohen Sozialstatus und ihr teures Gerät noch stolz sein.' Zudem sind die neuen Krankheiten, die in den letzten 15 Jahren in den Vordergrund traten, in zunehmendem Maß Folgen ärztlicher Eingriffe an kranken oder gesunden Menschen. Sie sind also vom Arzt verursacht - d. h. iatrogen.'
In hundertjährigem Streben nach der medizinischen Utopie' hat die Medizin - im Gegensatz zur landläufigen Meinung' -

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