Feuerbach
Bewertung: 1 Punkt(e)Nur wenigen sagt heutezutage Anselm Ritter v. Feuerbach etwas. Seine Söhne haben viel größere Karriere gemacht - der eine als Maler von Wohnzimmer-Sofa-drüber-tauglichen Landschaften (»Genre« nannte Tante Selma das immer), der andere als Vormarxist - der »Materialismus-Feuerbach« mit seinen berühmten Thesen. Der Papa indessen hat uns nicht nur mit dem zu Napoliums Zeiten inkraft getretenen Bayrischen Strafgesetzbuch den Urahn nicht nur unseres heutigen Strafgesetzes hinterlassen, sondern auch mit seinen »Merkwürdigen Verbrechen« eine am noch historischeren Pitaval (aus der Zeit von Ludwig XIV., dem mit der gigantischen Perücke und den Schnallenpömps) orientierte Sammlung von eben bemerkenswerten Justizfällen, nach den Akten der damaligen Gerichte erzählt. In der »Anderen Bibliothek« Vito v. Eichborns und Magnus Enzensbergers ist sie Ende des letztens Jahrtausends mal wieder wunderschön bibliophil und originalgetreu wiedergedruckt worden. Es war mein erstes Stück aus der »Anderen Bibliothek«, daß ich sehr gerne auch weniger kriminalistisch oder rechtsgeschichtlich interessierten Leserns ans Herz l(oder die Brille) legen will - weil es ein wundervolles Bild vom Leben v.a. im heutigen Oberfranken im frühen 19. Jahrhundert gibt, das selten so farbig vor unsere Augen tritt und viel farbiger jedenfalls, als die etwas düster-blassen Ölschinken aus der Frucht seiner Lenden Pinsels. Feuerbach war eine Zeitlang Vizepräsident des Oberappelationsgerichts in Bamberg - des Vorgängers des heute noch existenten dortigen Oberlandesgerichts - gewesen und hatte viel Zeit. Damals wie heute sind Beförderungen in der Justiz weniger mit mehr Einkommen, als vielmehr mit weniger Arbeit verbunden gewesen. Ein Oberappelations-Vize-Präsident hatte nicht sehr viel zu tun. Und die viele freie Zeit füllte sich dieser Papa Feuerbach »im stillen Bamberg« mit dieser Arbeit aus, für die alleine ihm ein Denkmal vor dem dortselbigen Oberlandesgerichte gebühren täte, wie ich finde.