Junia

Am 27. 2.2003 um 3.25 Uhr ist sie geboren, meine liebe Tochter. Ich hatte Grippe und saß mit Mundschutz bei meiner begeisterten Frau, die die Geburt mit großer Stärke auf sich nahm. Als Junia auf die Welt kam, überkam uns eine tiefe Ergriffenheit, herzliche Rührung, große Freude und einfache Weisheit. Alles schien für einen Moment ganz klar: Ein Mensch wird geboren und trägt in sich alles, was von Beginn an diese Welt geprägt hat, den Urknall und das Wissen toter Ahnen.
Wir haben sie Junia genannt. Nicht nur, dass der Monat Juni mit seinen Dämmernächten so schön ist! Junia war Apostelin, wie es in Römer 16,7 steht. (Leider hat man im Mittelalter versucht, aus Junia Junias zu machen, um zu verdecken, dass auch Frauen Apostel waren.)

Am 27. 2.2004 um 9.12 Uhr ist Junia 1 Jahr alt geworden. Mein Gott, wie schnell vergeht die Zeit. Vor einem Jahr noch ganz zart und klein im Arm liegend, tobt sie jetzt schon durch die Wohnung, klettert die Treppe hinauf und führt uns durch ein »da« mit ausgestrecktem Zeigefinger zum gewünschten Ziel. Zu sehen, wie sie sich Schritt für Schritt entwickelt, ist mir eine große Freude. Ich entdecke manches von mir und manches von meiner Frau in ihr, und doch ist sie eine einzigartige Person, ja Persönlichkeit.
Ganz tief eingegraben in meine Seele hat mich ihre Taufe, die am Sonntag der Apostel und Propheten (1. Sonntag nach Trinitatis, 22. 6.2003) stattgefunden hat. Meine Frau sprach ein Gebet vor der Taufe und weinte. Ich trug Verse aus dem Lied »Befiehl du deine Wege« vor und weinte. Und der Petter sagte den Taufspruch (»Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.«) und weinte. Und der Großvater taufte sie mit Nilwasser. Und die Chöre sangen von Go down, Moses und Steht auf, wenn ihr Christen seid. Und die Gemeinde spürte die Inniglichkeit und Tiefe in diesem Gottesdienst
Und das alles war die Erfüllung eines Traumes, den ich am 40. Lebenstag Junias hatte.