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schmidt schrieb am 21.3. 2022 um 19:54:23 Uhr über

Schmetterlingspostkartenverkauf

als armer gebeutelter Zehnjähriger mit vier Mark taschengeld im Monat, ein Golden Delicious kostete fünfzig Pfennige im Bahnhof am Kiosk, ein kleines Vanilleeis am Stil zwanzig Pfennige, das erste Asterix zwei Mark achzig, ein Mickimaus Taschenbuch zweimark fünfzig, ein busticket dreissig Pfennige, oder achzig, das weis ich nicht mehr, jedenfalls fuhr ich nicht einmal Bus, aber ich hatte eine Gelegenheit genutzt über unseren Französischlehrer Zerfass der da noch Assessor war und der Postkarten mit Schmetterlingsmotiven in der Klasse im Fünfzigerpack vergab, wer wolle, dürfe die für zehn Pfennige pro Stück verkaufen und dann die fünf Mark dafür irgendwann bei ihm abliefern. Ich war einer von zweien die den Auftrag annahmen und entwickelte mich geradezu zu einem Verkaufsgenie das immer weitere Fünfziger Kartenpäckchen nachorderte. Ich fuhr jeden tag mit dem zug früher, was mir fast eine halbe stunde Verweilzeit in der großen Bahnhofshalle Wiesbaden einbrachte, hielt die karten wie ein Kartenspiel mit den bunten Motiven und den schönsten Schmetterlingen nach oben, ging auf jeden reisenden zu anhand dessen Gang ich annahm er habe es nicht unnötig eilig und sprach ihn an. So erlangte ich nicht nur den schnellen Verkauf solcher Postkarten sondern manche gaben auch zwanzig statt zehn Pfennige, andere sogar fünfzig was ein tolles Mädchen war die eine kleine Eiche Pflanzte in blinkend Silber, wie verehrte ich diese Münze, ein ganzer Apfel, ein saftiger golden Delicious, etwas selten gegönntes, eigentlich hab ich mir nie einen gekauft oder einmal, und nur mit schlechtem Gewissen, aber da stand ich noch auf Mars, diesen Schokoriegel, das war mein ultimativstes überhaupt, ein Mars, das war der Himmel, deswegen hat mein Bruder alle schrankschlüssel der Wohnung so nachgefeilt das sie an meine Schiebeschublade passten wo ich mein Mars versteckt und abgeschlossen hatte. es kam jedes mal heraus, das er an meiner Schublade mit einem nachgemachten Schlüssel war, er musste den Schlüssel Mutter überreichen, es gab ausnahmsweise eine Strafpredigt für ihn, weil sonst ich an allem schuld war, und er machte ganz munter und immer so weiter, bis alle Schlüssel aller Schränke und Kommoden, die waren alle eh ganz ähnlich, aber bis alle diese Schlüssel in der Wohnung verschwunden waren weil er alle auf mein Schubladenschloss nachgefeilt hatte. und zu soviel Mars bin ich nur gekommen, weil ich nämlich den Mehrerlös, also was die Leute mehr als die zehn Pfennige für die Schmetterlingspostkarten bezahlt haben natürlich nicht dem Französischlehrer ablieferte sondern als gewinn einstrich. Ich hatte irgendwann mehr als dreissig Mark in Silbermüntzen und wähnte mich als der reichste überhaupt so reich wie man gar nicht sein kann. und dann habe ich mir eine ganze Kiste mit Mars gekauft, da waren mindestens zwanzig oder dreissig Mars drinnen und die sind dann in meine Schublade gekommen, und dann hat mein Brüderlein angefangen seine Feiltechnik zu entwickeln und nach und nach dafür gesorgt daß im Haus immer weniger Schrankschlüssel vorhanden waren und am Ende kein Schrank mehr abgeschlossen war. Ich war ein paar Mal ziemlich empört über den dreisten Diebstahl. Es gab immer nur Ermahnungen Mutters gegen ihn. Das ich verprügelt wurde hatte mit meinem zehnten Geburtstag aufgehört, quasi als geschenk bzw. nüchterne Mitteilung, Aber ich erinnere mich dunkel, daß ich Mutter ein wenig vorwarf innerlich oder es ihm gewünscht habe, ich weis es nicht so genau, aber da war was, das ich dachte, ich habe für viel weniger und für gar nichts Prügel bekommen und er klaut und bricht Schubladen auf und kriegt nur geschimpft, Gut ich war zehn. Er war acht. Ich war auch ein echter geizklragen. Nie habe ich ihm einfach ein mars geschenkt. das finde ich nicht schön, heutzutage. Aber so war es.


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