>Info zum Stichwort Vollmond | >diskutieren | >Permalink 
Klausner schrieb am 22.11. 2007 um 00:40:42 Uhr über

Vollmond

Am anderen Ende des Karlchen, unter Vollmond. Unter vollem Mond. Der Nachbar badet nackt, nein, er duscht und das Fenster gibt ihn frei. Der Narr. Ich werde ihm eine drohende Faust entgegenrecken. Wir achten die Sitte der Alten, auch wenn wir in Steinhafen leben. Unsere Eltern haben auf einer Kulturstufe gelebt, die verloren gegangen ist, die Kultur ist erloschen. Früher schlug man sich z.B. aus Scherz mit dem Hammer auf den Kopf, aus Spaß an der Freud', hoho! Nichts mehr... der alte Wachmann hat den Posten verlassen, er sitzt nun in seinem Stübchen, doch bläst das Horn nicht mehr. Die Griechen haben Wein aus flachen Schalen getrunken, stark vermischt. Helmut Kohl war einer der alten Fürsten, die ewiglich ihr Monument hinterlassen haben, Kohl ist ein zweiter Alexander, ein zweiter Xerxes, Heraklit und Demokrit, Sokrates, Platon, Xenophon, Zenon, Phillip, Drakon, Solon ein Gesetzesgeber. Wie er auf dem Marktplatz stand, damals, vor dem größen Münstler, man glaubte, er werde gleich zum Ostrakismus leiten. Die Massen leiten, die begeisterten Massen, unter wehenden Fahnen: CDU. DAS BANNER, vor der Kirche, unter der Kirche: CDU, auf dem Marktplatz, der große Fürst, Helmut Kohl, der Gesetzesgeber. Wunderbar, wundervoll. Wir standen im Triumphgeheul der Menge, »ein neues Gesetz haben wir, ein Gesetz!«. Kohl wiegte leicht seine riesigen Hände. »Ich werde wie Wasser sein!«, schrie er dann plötzlich, »wie Wasser, wie reinigender Regen, der über dem Land fällt, wie Wasser!«. Die Menge schrie und jubelte, »wie Wasser«. Ich kehrte zurück in meine Wohnstube, den Nietzsche im Arm. Dort zündete ich mir eine Meerschaumpfeife an und las ein einem längst vergessenen Werk Christoph Stedings. Das Reich. »Ordnung. Ich habe früher ganze Blätter mit dem Wort Ordnung vollgeschrieben...«. Ich ging zum Fenster hinüber. Im Wagen des Nachbars Wolther war noch Licht. Ich sah, wie er sich zu seiner Frau herüberbeugte, und ihr einen langen, einen dicken, einen fetten, also ekelhaften Kuss gab. ICH GERIET AUSSER MIR VOR WUT. »GENUG!«, schrie ich... »Genug, genug!!!«. Ich schlug auf die Kommode unter dem Fenster. Sie hatten mich gewiss nicht gehört. Ich machte den Fernseher an. Sah einen Tierfilm, blätterte im Nietzsche. Die Fröhliche Wissenschaft, mit einem Autogramm von, bizarrerweise, Frank Elstner. Ich hatte, als ich den Elstner traf, kein Blatt Papier dabei, das ich ihm hätte unterlegen können. »Nehmen Sie doch den Nietzsche!«. Meine Augen blitzten bösartig...


   User-Bewertung: /
Was interessiert Dich an »Vollmond«? Erzähle es uns doch und versuche es so interessant wie möglich zu beschreiben.

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Vollmond«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Vollmond« | Hilfe | Startseite 
0.0092 (0.0068, 0.0018) sek. –– 871474386