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Karin schrieb am 10.7. 2000 um 13:16:03 Uhr über

Kriegsblind

mein opa war der größte, der liebste, der intelligenteste, der geduldigste und er war kriegsblind.
ist im 2. weltkrieg passiert. eine mine ging hoch. er bekam was ab und er wußte nur noch daß sein bauch sich dick aufblähte, die finger anschwollen,
ihm der atem stockte und daß plötzlich alles dunkel war.
als er erwachte, lag er auf einem tisch und ein arzt stand bei ihm, der mit jemanden redete. es wurde beratschlagt was man mit meinem opa machen sollte. mein opa konnte den arzt sehen, er sah auch licht.
dann wieder dunkel.
er blieb im dunkeln.
um so heller strahlte er. lernte im lazaret einen anderen kriegsblinden kennen, de rihn zu sich nachhause einlud. mein opa nahm die einladung eines tages an und lernte prompt meine oma kennen, die schwester seines kameraden. sie heirateten, bekamen 4 kinder, wobei das erste früh verstarb und brachten es auf 5 enkelkinder. mein opa war besenmacher, half im haushalt mit und war ein sehr geselliger mensch. ich hab ihn nicht einmal klagen hören, nicht einmal resigniert erlebt-im gegenteil.er spielte leidenschaftlich gerne skat, hörte isch immer die aktuellsten nachrichten aus der politik und dem sport an, hörte bücher, konnte schreibmaschine schreiben, konnte eigentlich alles was wir anderen alle auch tun-er kkonnte uns nur nicht sehen-er konnte die dinge dieser welt nur nicht mehr sehen, aber ich glaube er sah auf seine weise sehr wohl-nur anders. ich war immer so stolz auf ihn, daß ich es mir nie nehmen ließ ihn draußen zu führen-das hört sich an-führen-wir liefen immer eingehakt gemütlich unseren weg. als ich älter wurde drehten sich ab und an die leute um-eine junge frau und ein älterer mann so arm in arm ???? lach meine oma und wir alle fanden das immer amüsant. sicher mein opa hatte dennoch probleme die wir nicht haben. dadurch daß er nichts sehen konnte, bekam er schneller platzangst und war auch vorsichtiger , machte manche dinge halt einfahc nicht. doch das was er machte , machte er mit viel energie und freude-so wieder jeder halt.
3 mal im jahr ging es zur kriegsblindenkur. opa fur am liebsten nach bad berleburg. da wurden richtige kurse gegeben wie zb schreibmaschinenkurs, kochen, diverse unterichtsfächer wie englisch usw, basteln, gymnastik -was es so gibt.
mein opa war es auch, der mich zum ersten mal mit nach borkum nahm. das kriegsblindenheim hieß fresia und stand auf der bubertstraße in der nähe des neuen leuchtturms. ich blieb immer drei wochen mit meinen großeltern dort-jedes jahr um die osterzeit. heute ist daraus ein mutter-kind-heim gemacht worden, weil es immer weniger kriegsblinde gibt. meinen opa gibt es immernoch, auch wenn er im letzten jahr an krebs verstarb. wer weiß, vielleicht sieht er jetzt mehr als wir alle zusammen.




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