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toxxxique schrieb am 11.8. 2001 um 22:49:28 Uhr über

Eifersucht

Es ist wahr, daß man auf die belanglosesten Dinge eifersüchtig sein kann. Wenn zum Beispiel andere Personen auf dich zugehen, dir die Hand schütteln, du sie in den Arm nimmst oder sie vielleicht links und rechts auf beide Wangen küßt, dann will ich diese Hand sein, diese Wange sein, nur damit sie dich nicht berühren.
Es sind die Berührungen, auf die ich eifersüchtig bin, die Stücke deiner Haut, die mit anderen in Kontakt treten, und dann spüre ich im Gedränge an der Bar deinen Oberkörper nur eine Handbreit von meinem entfernt, der Stoff deines Hemdes streift über meinen Arm in einer flüchtigen Bewegung.
Wie nah muß man den Mund an das Ohr eines anderen Menschen bewegen, damit er etwas versteht ?
Dein Atem berührt meine Haut, wenn du sprichst.
Doch nur einen Satz lang, bevor du dich wieder jemand anderem zuwendest. Und ich bleibe stehen und sehe dir zu, während du tanzt und deine Augen dunkler als bei Tageslicht aussehen, dein Blick geht weit fort, durch mich hindurch, an einen endlos entfernten Punkt, den ich nicht mehr wahrnehmen kann.
Ich drehe mich weg, bestelle noch einen Drink, ich sehe mein Gesicht im Spiegel neben der Bar, doch wenn jetzt meine Augen genauso dunkel aussehen wie deine, bemerkst du das nicht.
Und es ist doch so, daß du, wenn du wieder an die Bar zurück kommst, einfach sagen könntest, du mußt keine Angst haben, und es ist doch so, daß du meine Hand nehmen könntest, ganz beiläufig, deine Finger zwischen meine legen könntest.
Wir sind uns zu ähnlich, sagst du.
Sind wir das ?
Sind wir uns ähnlich, weil wir beide nicht ehrlich sein können ?
Wenn ich dich ansehe, sehe ich meine eigene Schwäche hinter deinem Lächeln. Wir sind die geborenen Lügner und durchschauen einander viel zu gut.
Ich weiß nicht, ob du hinter meine Fassade aus Stolz und Oberflächlichkeit sehen kannst, doch ich werde einfach weiterhin so tun, als ob mir das alles vollkommen gleichgültig ist, als ob du und alles was du tust und sagst mich nicht im geringsten interessiert.
Du drehst dich weg und meine Augen tasten weiter deine Haut ab, die Adern darunter, die pulsierende Wärme darin. Dein Schatten verschmilzt mit anderen Schatten, jetzt tanzt sich jemand vor dich, ich kann dein Gesicht nicht mehr erkennen, der Haaransatz darüber vermischt sich mit blondem Haar vor dir, und dann dringt dein Blick an dem blonden Haar vorbei, über die Tanzenden hinweg, zu meinen Augen durch, fängt sich in meiner Pupille für einige Takte der Musik und ich kann deinem Blick nicht stand halten, die Blicke verfangen sich in meinem Gesicht, manche treffen mich mit einem harten, stechenden Schmerz, drängen sich hinter meine Augäpfel zu meinem Gehirn vor, dein Gift in meinen Adern.
Und dann sehe ich den blonden Kopf sich dir nähern im Zeitlupentempo.
Ich sehe dein Gesicht und deinen Mund, der ihr blondes Haar berührt. Sie lacht.
Während ich euch beiden über die Kunstnebelschwaden hinweg zusehe, wird dieses Bild in meinem Kopf bleischwer und ich fürchte, es wird anschwellen zu einem riesigen Tumor, zu einem Photonengeschwulst in meinem Großhirn, das mir die Schädeldecke weg sprengen wird, und dann werde ich mich zuckend auf dem kippenübersähten Linoleum wälzen mit Schaum vor dem Mund, mein zerplatztes Gehirn in einer Bierlache.



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