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mcnep schrieb am 5.2. 2005 um 12:07:07 Uhr über

Orgienraum

Vermutlich würden die meisten erfahrenen Wüstlinge für den Orgienraum, den Konrad und ich im ehemaligen Büro des Souterrains eingerichtet haben, nur ein verächtliches Lächeln übrig haben, doch steckt durchaus Herzblut und Bedacht in den 30 Quadratmetern. Die ochsenblutfarbene Ledertapete, eine französische Anfertigung, war der teuerste Faktor, in ihrem Prägedruck mit Motiven der galanten Malerei des französischen Rokoko ist sich jedoch bei eingeschalteter Vollbeleuchtung auch der Blickfänger des Raums. Den eintretenden Gast empfängt zunächst ein gefliestes Stück, das nach rechts zu einer Nasszelle abbiegt, in der sich neben drei historischen Urinalen aus einer inzwischen abgerissenen norditalienischen Herrentoilette der faschistischen Ära auch mehrer Anschlüsse für Elektroklistiere unterschiedliche Stärke und Bauart befinden, des weiteren eine kleine Duschgelegenheit, deren Kacheln pompejanischen Wandmalereien nachempfunden sind, jedoch, wie ich inzwischen selber einräumen muß, auf eine ausgesprochen geschmäcklerische Art und Weise. Der hintere Hauptteil des Raumes, der mindestens fünf bis sechs Paaren Gelegenheit zu unbedrängter Beschäftigung bietet, ist mit einem Bodenbelag aus schwarzem Samt ausgestattet, ein großer Fehler, wie ich inzwischen festgestellt habe, wenn ich am Morgen nach einem geselligen Miteinander mit verdünntem Spiritus und Spermateufel bewaffnet über den Boden robbe. Ein stufig ansteigender Altan bildet den Blickfang in der Mitte dieses selbstredend mit Fußbodenheizung ausgestatteten Areals, er hätte etwas größer ausfallen können, da er maximal vier Personen Raum zu ungehemmter Entfaltung bietet. Verschiedene von unseren Reisen mitgebrachte Kissen und Decken sind herumdrapiert, doch stelle ich immer wieder fest, daß die Mehrzahl der Gäste den platzmäßig begrenzten erhöhten Liegebezirk, auf den auch die mit einem Fernseher verbundene Videokamera gerichtet ist, bevorzugt. Ein Inneneinrichter, der vor etwa zwei Wochen in diesem Raum zu Gast war, hat uns jedoch ein günstiges Angebot gemacht, den Altan recht kostengünstig für zwei weitere Paare, beziehungsweise ein Vierergruppe auszubauen, mal sehen. An der Wand des Fensters, welches natürlich stets blickdicht verschlossen ist und deshalb eigentlich auch zugemauert werden könnte um so Raum für einige bislang ungerahmte erotische Grafiken des Tom of Finland zu bieten, befindet sich eine hölzerne Halterung, einem vertikal verkürzten Billardqueuehalter nicht unähnlich, in welchem sich diverse Godemiches und Vibratoren bis zu 38 Zentimeter Länge (ein amerikanisches Spezialmodell mit Netzbetrieb, hierzulande vermutlich nicht gütesiegelfähig) befinden. Bereits zweimal haben Gäste das Fehlen von Züchtigungsinstrumenten jedweder Art beklagt; mir persönlich ist diese Spielart der Erotik bis heute fremd geblieben, ich denke jedoch inzwischen gezwungenermaßen über die Anschaffung einer kleinen Hodenpeitsche sowie des einen oder anderen Erziehungsstabes nach. Auf einem Löwentatzenstuhl mit anmontierten Armschlaufen befindet sich ein Stapel extrem pornographischer Magazine, mehrheitlich aus japanischer Produktion, allerdings sollte ich hierfür einmal ein kleines Regal kaufen, da es bei Vollbelegung des Raums schon mehr als einmal zu der Situation kam, daß die zu Boden gelegten Hefte unter die Räder, besser gesagt, Körper gerieten und einige unschöne Knicke und Flecke bekamen, die jedoch das Interesse der Leser in den kleinen Ruhepausen nicht wesentlich zu beeinträchtigen scheinen. Eindeutig zu klein geraten ist allerdings die Garderobe im Vorraum, was beim Anund Entkleiden oft zu drolligen Situationen geführt hat und weshalb wir es vorziehen, die Entkleidung zumeist im Obergeschoss vorzunehmen, stets in bislang nicht enttäuschter Hoffnung, es möge keiner unserer Mieter in dem Moment durch das Treppenhaus gehen, wo sich ein Tross aus 17–70jährigen Herren meist beleibteren Körperbaus ins Untergelaß begibt. Alles in allem bin ich jedoch sehr glücklich mit unserem kleinen Freudenzimmer und würde gerade handwerklich begabteren Menschen als uns, die durch Eigenleistung einen beträchtlichen Teil der Kosten einsparen könnten, die Einrichtung eines Orgienraums ans Herz legen.


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