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Dietrich schrieb am 26.9. 1999 um 11:10:44 Uhr über

Lebe

Leben,
das geordnete Zusammenspiel meist organ. chem. Verbindungen eines offenen Systems (eines »Lebewesens«) mit chem. und physikal. Wechselwirkungen auf Dinge außerhalb dieses Systems ist die Voraussetzung für L.; allen Lebewesen gemeinsam
sind folgende Merkmale: Stoffwechsel, Fortpflanzung, Vererbung, Veränderung der genet. Information, Aufbau aus einer oder mehreren Zellen, Besitz bestimmter Strukturen innerhalb der Zellen, Ablauf bestimmter biochem. Reaktionen. Diese Gemeinsamkeiten weisen auf einen gemeinsamen Ursprung des L. hin. Der Anfang des L. auf der Erde ist nicht genau zu datieren. Anzunehmen ist, daß L. vor etwa 3-4 Milliarden Jahren in der Uratmosphäre (enthielt v. a. Wasserstoff sowie
einfache Kohlenstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- und Schwefelverbindungen wie Methan, Ammoniak, Wasserdampf, Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff u. a., jedoch zunächst keinen freien Sauerstoff) unter der Einwirkung verschiedener Energieformen (insbes. durch die UV-Strahlung der Sonne, elektr. Entladungen und hohe Drücke) entstanden ist. Die Forschungsergebnisse der Molekularbiologie haben zu einem grundlegenden Verständnis der L.erscheinungen geführt. Zu Beginn des L. entstanden zuerst kleine, später größere Moleküle. Diese lagerten sich zu einfachen, dann zu komplizierteren Verbindungen und Molekülketten zusammen. Danach entstanden Makromoleküle wie Proteine und Nukleinsäuren. Da die chem. Verbindungen in den primitivsten Lebensformen zusammenarbeiten mußten, war es notwendig, geschlossene Gebilde entstehen zu lassen und sie mit einer Membran nach außen abzugrenzen. Die Zelle scheint sich aus Proteinen entwickelt zu haben, die von einer aus Proteinen und Fetten bestehenden Membran eingeschlossen waren. - Die ident. Vermehrung (Fortpflanzung) wird nur durch die Nukleinsäuren ermöglicht, die Träger der Erbinformation wurden. Die biolog. Evolution, die neben die chem. Evolution trat, beruht auf der Veränderung der Erbinformation, d. h. auf einer ständigen Neukombination der Gene durch geschlechtl. Fortpflanzung. Entscheidend war auch die natürl. Auslese, die Beschränkung der L.dauer eines Individuums und die Ausbildung von Sinneszellen mit dem zugehörigen Nervensystem. - Mit dem großen Fortschritt in der Evolution der Arten setzte auch ein genet. vorprogrammiertes, durch planmäßiges Altern erfolgendes Ableben, der Tod, ein.
Die Grenze zw. Belebtem und Unbelebtem ist nicht scharf: eine Zwischenstellung nehmen die Viren ein. Sie bestehen aus Nukleinsäure und einer Eiweißhülle. Durch die Nukleinsäure können sie sich ident. vermehren und mutieren. Jedoch haben sie keinen eigenen Stoffwechsel, so daß sie für ihre Vermehrung den Stoffwechsel fremder Zellen brauchen. - L. auf anderen Planeten (extraterrestr. L.) ist nach bisherigen Erkerntnissen wahrscheinlich.

Künstliches Leben: Im Labor können Gene durch synthet. Aufbau der diesen zugrundeliegenden Nukleinsäuresequenzen künstl. erzeugt werden, jedoch ist man weit davon entfernt, das umfangreiche Genom eines Lebewesens auf diese Weise zu erstellen. Vollständige Individuen können dadurch erzeugt werden, daß man die Zellkerne von Körperzellen in entkernte Eizellen transplantiert. Dadurch lassen sich erblich ident. Kopien von Lebewesen (Klone) in beliebiger Anzahl herstellen.

Die Religionen glauben an einen göttl. Ursprung des L.; es wird meist mit L.trägern identifiziert, z. B. mit dem Atem, mit dem Blut oder mit dem Wasser. Vielfach sublimiert sich diese Vorstellung zur Annahme einer »Seele«, die weder genau erklärt noch genau lokalisiert werden kann. Sie gilt meist als Teilhabe am ewigen L. der Götter und ist dadurch selbst unsterblich. Dieser Glaube führt zur Ausbildung der verschiedensten Mythen über ein L. nach dem Tod und zu dem weitverbreiteten Totenkult.
Hierin zeigt sich, daß das L. ohne gleichzeitige Erklärung des Todes selbst nicht erklärt werden kann.

In der Philosophie ist der Begriff des L. ebensowenig eindeutig wie der religionswiss.-theologische. Für Aristoteles ist L.
Seele«) eine Entelechie, d. h. etwas, das sein Ziel in sich selbst hat und deshalb Selbstsein, Selbstbewegung ist und insofern weder anfangen noch aufhören kann. Augustinus identifiziert die individuelle Seele (das L.) mit dem denkenden Individuum, in
dem sie sich mit dem göttl. Prinzip des L. verbindet. Die genaue Abgrenzung zw. Einzel-L. und göttl. L. vollzieht Augustinus nicht. Diese Lücke wird in der mittelalterl. Scholastik durch religiöse Glaubenssätze, etwa der Schöpfungslehre, theologisch
geschlossen. - Während bei Kant L. die unmittelbare Voraussetzung eines transzendentalen Selbstbewußtseins als eines
Urteilsvermögens ist, wird es bei Hegel zu einer Kategorie in der Erfahrung und Selbsterfahrung des Geistes. - Da menschl. L.
sich v. a. in Handlungen äußert, die an Werten orientiert sind, umfaßt die philos. und theol.-eth. Frage nach dem Wert des L.
den gesamten Bereich der Sittlichkeit. Wohl allen eth. Systemen gemeinsam ist die Vorstellung, daß das L. prinzipiell
unantastbar, d. h. ein elementares Menschenrecht ist.
Quelle: Meyers Lexikon - Das Wissen A-Z


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