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% schrieb am 1.7. 2003 um 02:12:32 Uhr über

1000

oder eine Dichotomie konstruieren, auch nicht in der rudimentären Form von Gut und Böse. Man vollzieht einen Bruch, man folgt einer Fluchtlinie, aber es besteht immer die Gefahr, daß man auf ihr Organisationen begegnet, die das Ganze neu schichten, also Gebilde, die einem Signifikanten die Macht zurückgeben und Zuordnungen, die ein Subjekt wiederherstellen - alles was man will, vom Wiederaufleben ödipaler Konflikte bis zu faschistischen Versteinerungen. Gruppen und Individuen enthalten Mikrofaschismen, die nur darauf warten, Gestalt anzunehmen. Ja, auch die Quecke ist ein Rhizom. Gut und Böse sind nur das Ergebnis einer aktiven und vorläufigen Selektion, die immer wieder vorgenommen werden muß.
Wie sollten die Deterritorialisierungsbewegungen und die Reterritorialisierungsprozesse sich nicht aufeinander beziehen, sich nicht ständig verzweigen und einander durchdringen? Die Orchidee deterritorialisiert sich, indem sie ein Bild formt, das Abbild einer Wespe; aber die Wespe reterritorialisiert sich auf diesem Bild. Die Wespe dagegen deterritorialisiert sich, indem sie selber zu einem Teil des Fortpflanzungsapparates der Orchidee wird; aber sie reterritorialisiert die Orchidee, weil sie deren Pollen transportiert. Wespe und Orchidee bilden ein Rhizom, insofern sie heterogen sind. Man könnte sagen, daß die Orchidee die Wespe imitiert, deren Bild sie auf signifikante Weise reproduziert (Mimesis, Mimikry, Köder etc.). Aber das trifft nur auf der Ebene der Schichten zu - eine Entsprechung zwischen zwei Schichten, bei der eine pflanzliche Organisation auf der einen eine tierische Organisation auf der anderen imitiert. Gleichzeitig geht es jedoch um etwas anderes: nicht mehr nur um Imitation, sondern um das Einfangen von Code, des Code-Mehrwertes, um die Zunahme der Wertigkeit; es geht um wirkliches Werden, Wespe-Werden der Orchidee, Orchidee-Werden der Wespe, und jedes Werden sichert die Deterritorialisierung des einen und die Reterritorialisierung des anderen Terms, das eine und das andere Werden verbinden sich miteinander und wechseln sich in einem Kreislauf von Intensitäten ab, der die Deterritorialisierung immer weiter vorantreibt. Dabei gibt es weder Imitation noch Ähnlichkeit, sondern eine Explosion zweier heterogener Serien auf der Fluchtlinie, die aus einem gemeinsamen Rhizom zusammengesetzt ist, das keinem Signifikanten mehr zugeordnet oder unterworfen werden kann. Remy Chauvin sagt treffend: "Eine apai-allele Evol tion zweier Wesen, die absolut nichts miteinander zu tun haben.115 Allgemeiner gesagt: es ist möglich, daß die Evolutionsschemata mehr und mehr dahin tendieren, das alte Modell des Baumes und der Abstammung aufzugeben. Unter bestimmten Bedingungen

5. R@my Chauvin, in Enti-etieiis sui- la se.vualit@, hrsg. von Max Aron, Robert Courrier und Etienne Wolff, Paris 1969. S. 205.

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kann ein Virus sich mit Keimzellen verbinden und dann al Zellen einer komplexen Spezies weitergegeben werden; könnte auch fliehen, in die Zellen einer ganz anderen Spe gen und »genetische Informationen« mitbringen, die vom stammen (das zeigen beispielsweise neuere Untersuc Benveniste und Todaro über einen Virus vom Typus C, pelte Verbindung zur DNS des Pavians und bestimmte Hauskatzen hat). Die Evolutionsschemata würden dann ni dem Modell des Stammbaums entsprechen, bei dem sich tere Formen aus weniger differenzierten entwickeln, so Rhizom, das unmittelbar im Heterogenen wirkt und von differenzierten Linie zu einer anderen überspringt.6 Auc und Katze also eine apai-allele Evolution, bei der weder Modell der anderen ist, noch die andere die Kopie de Pavian-Werden der Katze würde nicht bedeuten, daß di Pavian »nachahmt«). Wir bilden ein Rhizom mit unseren vielmehr, unsere Viren veranlassen uns, ein Rhizom mit ren zu bilden. Wie Fran@ois Jacob feststellte, führen Üvon genetischem Material und Verschmelzungen unterschiedlicher Spezies zu ähnlichen Ergebnisse schändlichen Liebschaften, die dem Altertum und dem sehr am Herzen lagen."7 Querverbindungen zwischen di Linien bringen die Stammbäume durcheinander. Man mu Molekulare oder sogar das submolekulare Teilchen such wir ein Bündnis eingehen. Wir entwickeln uns eher durch und rhizomatische Grippen und sterben eher an ihnen al Erbkrankheiten oder solchen, die eine eigene Absta haben. Das Rhizom ist eine Anti-Genealogie.


6. Zu den Arbeiten von R. E. Benveniste und G. J. Todaro, vgl. Yves C des virus dans I'dvolution», La Re(hei-c-he, Nr. 54, März 1975: «We trennung ein In-tum vorliegt, können die Viren nach der Integrationmente der DNS ihres Wirtes mitreißen und sie auf neue Zellen übertra gens die Grundlage des sogenannten geneti(, engineei-iiig. Daher kann genetische Information von einem Organismus auf einen anderen übert Extremfall könnte man sich sogar vorstellen, daß diese Informations einer entwickeiteren Spezie» auf eine weniger entwickelte oder genetisc stattfindet. Dieser Mechanismus würde also gegenläufig zu dem funkti klassische Evolution folgt. Wenn solchen Informationsübertragun Bedeutung zukommen sollte, könnte man in bestimmten Fällen die Bu s(-hemata. die heute beni(tzt ki,ei-(len, um die E@,olutioti u vet-ans(@hauli(,fijrmi,ge S(-hemata ei-setzen (mit Vei-hiiidun,gen zu,is< hen den Zw,ei,gen n i-en.-ie@-ungen).« (S. 271 )
7. Fran@ois Jacob, Die Logik (les Lehenleti, übers. von Jutta und Klaus fort 1972, S. 33 1.



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