>Info zum Stichwort Türken | >diskutieren | >Permalink 
! schrieb am 31.3. 2008 um 00:20:01 Uhr über

Türken

enn Türken von Europa sprechen, meinen sie fast immer Deutschland. Es gibt kaum eine Familie zwischen Edirne und Erzurum, die nicht hierzulande Verwandte hätte, entfernte oder ganz nahe. Das schafft eine besondere Bindung, ja auch Liebe zu einem Land.

Große Zuneigung ist stets in Gefahr, auf Enttäuschungen mit ebenso starker Emotion zu reagieren. Da wird im Überschwang vergröbert, wie es derzeit türkische Medien tun, wenn sie über den Brand von Ludwigshafen schreiben, der fünf Kindern und vier Erwachsenen das Leben gekostet hat. Schnell äußerten da viele, bislang ohne Beweise, einen »Neonazi-Verdacht«.

Auch auf deutscher Seite gibt es häufig eine Schlichtheit im Denken und Handeln, die zu Missverständnissen führt: Da ist jeder Ausländer »Türke«, wenn er nur dunklere Haut und Haare hat - was dafür spricht, dass man sich ein Bild gemacht hat von Menschen, die man kaum kennt. Befördert wird dies durch zwei Trends: Den einen sieht man, den anderen nicht.

So zeigen Türken hier einerseits ein neues Selbstbewusstsein, wollen ihre Gebetsstätten nicht mehr in Industriegebieten am Stadtrand verstecken. Andererseits gibt es die Superintegrierten, die in Unternehmensvorstände aufrücken, an Universitäten Professuren innehaben. Die nimmt die Mehrheit der Gesellschaft gar nicht mehr als Ausländer wahr. Sie werden daher nicht auf das Konto gelungener Integration gebucht.

Prügeln aber in der Münchner U-Bahn zwei junge Ausländer einen Rentner nieder, dann ist es der beteiligte Türke, der den Stoff für Landtagswahlkämpfe liefert (und nicht sein griechischer Kumpel).

Die Kampagne hat bei vielen Türken in Deutschland Bitterkeit hinterlassen: Ein Sündenbock-Gefühl, als ob alle Türken ihre Kinder zu prügelnden Ungeheuern erzögen, als ob es in deutschen Familien nicht auch Probleme mit grob vernachlässigtem Nachwuchs gäbe. Der Einzelfall als Beleg für ein Muster, das stimmt selten. Grobzeichnung führt nicht zu gegenseitigem Verständnis.

Für Ludwigshafen folgt daraus: Schon die Tatsache, dass auch die Türkei Ermittler zum Brandort schickt, hat zu einer Kaskade von Verdächtigungen geführt. Die Gewerkschaft der Polizei unterstellt den Türken, deutschen Experten nicht zu glauben.

Aber auch einigen Türken gefällt dies nicht, und auch das hat mit Misstrauen zu tun - in diesem Fall gegen die türkische Regierung. Die Opfer von Ludwigshafen waren Aleviten, sie gehören damit der zweitgrößten Glaubensgemeinschaft der Türkei an, die dort bislang vergeblich für religiöse Gleichberechtigung mit der sunnitischen Mehrheit kämpft, weshalb sie auch nicht so erpicht auf einen Besuch von Regierungschef Tayyip Erdogan in Ludwigshafen war.


   User-Bewertung: -2
Oben steht ein nichtssagender, langweiliger Text? Bewerte ihn »nach unten«, wenn Du Bewertungspunkte hast. Wie geht das?.

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Türken«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Türken« | Hilfe | Startseite 
0.0339 (0.0286, 0.0040) sek. –– 900735396