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Bauernsohn schrieb am 23.7. 2012 um 00:03:24 Uhr über

Stall

Das Stallgehen war als Junge nie meine Sache. Den Blaumann und die Gummistiefel mied ich, wann immer möglich. Als ich mit 12 immer noch nicht melken konnte und als einziger Sohn nie freiwillig im Stall mithalf, kamen am 5. Dezember 1976 der Nikolaus und der Knecht Ruprecht auf Bestellung ins Haus. Meine Nachlässigkeit wurde aus dem goldenen Buch vorgelesen und gerügt, und ich bekam eine Rute ausgehändigt, die mir dann aber gleich abgenommen und der Mutter übergeben wurde, mit dem Rat, die sei bei einem faulen Buben wie mir nicht nur zum Anschauen da. Als ich glaubte, die peinliche Sitation sei vorbei, wurde ich vom Nikolaus am Ohr genommen und in Hausschuhen in den Stall hinausgezogen, wo der Vater am Melken war. Der Nikolaus legte mich sofort bäuchlings über die Stallbank und hielt mich fest. Der Knecht Ruprecht, in dem ich einen Jungbauern von der Katholischen Landjugend erkannte, versohlte mir mit einer der herumliegenden Gerten, die zum Viehtreiben benutzt wurden, mit Hingabe den Hosenboden, wobei der Nikolaus die Hiebe bis 10 mitzählte. Dann verabschiedeten sich die Gesellen bis nächstes Jahr, nachdem sie von der Mutter noch einen Schnaps bekommen hatten. Ich aber musste diese Nacht rotzverheult im Stall auf einem Streuhaufen neben der Käberbox schlafen, damit ich beim Morgenmelken nicht geweckt werden musste. Als ich am nächsten Morgen um 5 Uhr nur schlaftrunken herumstand, Trübsal blies und nicht in Gummistiefel und Stallklamotten schlüpfte, bekam ich vom Vater meinen Overall um die Ohren gehauen und mit dem Melkmaschinenschlauch einen ordentlichen Nachschlag oder besser -schläge auf den gezüchtigten Arsch verpasst. Ab da hatte ich es kapiert und schlurfte täglich -werkstags wie sonntags - morgends und abends von um 5 Uhr in den Stall, um bis ca 7 Uhr zu arbeiten. Dies mit kaum einer Unterbrechung, wie Krankheit oder Schulveranstaltungen, bis ich 19 war und auswärts studieren ging. Bei einschleichender Unpünktlichkeit, Faulheit oder Schwänzen ohne zureichende Entschuldigung gab es recht konsequent stramm gezogene Stallhosen. Den Bus zu versäumen, weil man noch etwas mit einem Freund zu quatschen hatte, wurde so schmerzhaft bezahlt. Für andere Verfehlungen bekam ich nie Hiebe, sondern nur Fernsehverbot, Strafarbeiten oder manchmal eine Ohrfeige. Ein Bauernsohn zu sein, bedeutete für mich eine Jugend mit harter Arbeitsdisziplin, wenig Freizeit, frühem Zubettgehen, stinkenden Klamotten und dreckigen Kuhärschen vor dem Gesicht. Dass ich mich in der Schule anstrengte, um endlich alldem zu entkommen, war ganz selbstverständlich, sodass ich niemals für schlechte Noten bestraft oder gescholten wurde wie andere Jungs aus meiner Klasse. Eine Handwerkerlehre kam für mich nie in Frage, obwohl meine Eltern das wünschten. Da hätte ich nämlich trotzdem zuhause in den Stall gehen und auch noch untertags den Blaumann tragen und mich vom Meister kommandieren lassen müssen.


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