Im Zusammenhang mit dem Orkantief »Lothar«, das am zweiten Weihnachtstag über Deutschland hinwegzog und insbesondere
in Baden-Württemberg riesige Schäden verursachte und auch Todesopfer forderte, hat der Chef der privaten schweizerischen
Wetterfirma Meteomedia, Jörg Kachelmann, dem Deutschen Wetterdienst Fahrlässigkeit und Versagen vorgeworfen.
Der DWD habe diesen Orkan »verschlafen«, was impliziert, dass der Dienst keine adäquaten Unwetterwarnungen
herausgegeben habe oder wenn, dann viel zu spät. Diese Vorwürfe gehen zum großen Teil an der Wahrheit vorbei und
bedürfen deshalb unbedingt der Richtigstellung.
Korrekt ist, daß die neuen numerischen Vorhersagemodelle des DWD die Entwicklung des Orkantiefs nicht exakt erfasst
haben. Aber die Modellvorhersagen waren immerhin so gut, dass bereits am Vortag klar war, dass in weiten Teilen
Deutschland am zweiten Feiertag stürmische Winde herrschen würden. Dementsprechend liefen in allen vom Orkan betroffenen
Gebieten Sturmwarnungen, in denen auf die Gefahr von Windgeschwindigkeiten um 80 kmh-1 , auf den Bergen sogar 120
kmh-1 (das ist Windstärke 9 bzw. 12) hingewiesen wurde. Behörden wie auch Bevölkerung waren somit vorgewarnt. Und es
ist nur die halbe Wahrheit, wenn Herr Kachelmann behauptet, die Modelle hätten - ausgehend vom 00 Uhr-Lauf am 26.12.99
- nur Windstärken 5 - 6 im Mittel für die Mittagszeit vorhergesagt. Die volle Wahrheit ist, dass diese Modelle gleichzeitig
Böengeschwindigkeiten von 80 - 90 kmh-1 (d.h. also Windstärke 9-10 !) für Südwestdeutschland und bis zu 120 kmh-1
(Windstärke 12, vollen Orkan) für die Schweiz und das Bodenseegebiet prognostizierten - Werte, die in den zuletzt genannten
Gebieten gar nicht weit entfernt von den dann eingetretenen lagen.
Und dass der DWD den Orkan »verschlafen« habe, entspricht einfach nicht den Tatsachen. Dass vom Vortag her schon
Sturmwarnungen liefen, wurde bereits erwähnt. Als dann in der zweiten Nachthälfte die tatsächliche Entwicklung aus den von
Frankreich eintreffenden Beobachtungen sichtbar wurde, reagierten die für den Warndienst zuständigen Regionalzentralen rasch
und gaben in den Vormittagsstunden (in München mittags) Unwetterwarnungen heraus, in denen vor Spitzenböen von 100 -
150 kmh-1 gewarnt wurde. Das war korrekt und erfolgte in Anbetracht der bereits laufenden Warnungen auch rechtzeitig.
Diese Unwetterwarnungen wurden an die für den Katastrophenschutz zuständigen Landesbehörden sowie an die jeweiligen
Rundfunk- und Fernsehanstalten übermittelt. Der raschen Verbreitung einer solchen Unwetterwarnung über die Medien kommt
ja wegen der Information der Öffentlichkeit eine ganz besondere Bedeutung zu. Leider mussten wir feststellen, dass zumindest
bei einem Sender die Wichtigkeit dieser Aktion nicht so gesehen wurde und es erst der Intervention des DWD bedurfte, um die
Unwetterwarnung mit mehr als einstündiger Verspätung zu verbreiten!
Dass der DWD hellwach und aktiv war, sei auch noch an zwei anderen Beispielen belegt. So hat das Medien-Service-Zentrum
des DWD in Offenbach bereits kurz nach 07 Uhr einen Text an die Presseagenturen verbreitet, in dem auf das Orkantief und
die zu erwartende Unwettergefahr klar hingewiesen wurde. Nach Rücksprache mit dem Meteorologen Jens Hoffmann vom
MSZ verbreitete dpa zwei Stunden später die Nachricht, dass ein »Orkan von der fettesten Sorte« auf Deutschland zurase, der
Geschwindigkeiten zwischen 100 und 170 kmh-1 mit sich bringe. Ganz Südwestdeutschland kommt ins volle Orkanfeld rein und
es werden sicher Bäume umgerissen und Dächer abgedeckt, erklärte damals Jens Hoffmann. Kurze Zeit später passierte das
tatsächlich!
Nein, verschlafen hat der DWD den »Lothar«-Orkan sicherlich nicht. Trotz einiger Probleme mit den Vorhersagemodellen
haben die Meteorologen und Wetterberater des DWD diese extreme Wetterlage gut in den Griff bekommen und rechtzeitig
und präzise Unwetterwarnungen herausgegeben.
|