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Rezension bezieht sich auf: Jenseits des Protokolls (Gebundene Ausgabe)
Ich denke, dass ein Großteil der Bewertungen für dieses Buch eher wie eine Fußmatte genutzt wurde, um öffentlich kundtun zu können, was uns in Sachen ehemaliger Bundespräsident wirklich übel aufstößt. Im Grunde genommen kommt das Buch einer Bettina Wulff da gerade Recht, um Dampf abzulassen. Einige Rezensenten schreiben frei von der Leber weg, dass sie das Buch gar nicht gekauft bzw. gelesen haben, bewerten es aber mit einem Stern - da wird kein Buch bewertet, sondern ein Mensch. Doch das gehört hier gar nicht hin.
Zweifelsohne ist auch für mich das Buch von Frau Wulff alles andere als ein literarisches Meisterwerk und es stellt sich schon nach den ersten Zeilen die Frage: was will sie tatsächlich?
Gleich zu Anfang wird berichtet, wie die Journalisten mit ihren Kameras auf die Kinder zuhalten und wie sehr sie darunter leiden. Mal ehrlich, Frau Wulff: Sie sind einst die First Lady unseres Landes gewesen, waren da die Verhältnisse anders, wurden die Kameras da nicht auch auf die Kinder gehalten? Wie haben Sie als Eltern Ihre Kinder denn auf die Situation vorbereitet? Dass Sie Ihr Buch quasi damit einleiten, wie schlecht es Ihren Kindern geht, konnte zu nichts weiterem führen als Kopfschütteln und nahezu null Verständnis. Wenn Sie schreiben, dass Ihr Sohn mit 8 Jahren (!) die Zeitung liest, über ein iPod verfügt und im Internet unterwegs ist, frage ich mich, ob Sie sich bei Gelegenheit nicht Nachhilfe bei einer Supernanny holen sollten. Unsere Tochter ist 6 Jahre alt, kennt das Internet allenfalls davon, wenn sie am WE mal für wenige Minuten einen Mickey-Mouse-Film sehen darf, die Zeitung kennt sie nur, wenn sie in die Altpapiertonne kommt und iPod, Handy und Co gehören Gott sei Dank (noch) nicht in Ihre Hände. Ich bezweifle, dass Ihr Sohn mit 8 Jahren tatsächlich versteht, was die Finanzierungsbelange Ihres Hauses betrifft. Sollte ich mich da täuschen, frage ich mich, wann Sie Ihrem Kind eingeräumt haben, KIND zu sein?!
Sie schreiben, dass Sie erzogen wurden, die Wahrheit zu sagen und (Zitat): so habe ich versucht zu leben.
Versuch gescheitert - in Anbetracht Ihrer Situation nicht nur meine Meinung und scheinbar ganz offensichtlich.
Ich glaube auch nicht, dass man es nötig hat, vor seiner Familie und seinen besten Freunden ein Bild geraderücken zu müssen, welches die Medien verschoben haben. Wo echter Familienzusammenhalt herrscht und wahre Freundschaft gelebt wird, ist das einfach überflüssig. Gerade FÜR Ihre Kinder hätten Sie auf dieses Buch verzichten sollen und auf das verzweifelte Bemühen, Ihren Ruf wiederherzustellen. Damit hätten Sie Größe bewiesen und Verantwortung gegenüber Ihrem Nachwuchs. Eine kurze Ansprache ans Volk", aus der ersichtlich gewesen wäre, dass Ihnen die Vorkommnisse unangenehm sind und Sie versucht hätten, dem Volk das Gefühl von Reue zu geben, hätten Ihr Bild wahrscheinlich eher gerade gerückt denn die gut 200 Seiten Geschreibsel.
Wenn man in der Öffentlich steht und dabei noch so eine hochtrabende Rolle vertritt wie einst Sie und Ihr Mann, dann muss jedem klar sein, dass die Familie auf ALLES, wirklich alles vorbereitet sein muss. Dazu gehört für mich auch, die Kinder darauf vorzubereiten auf alterstypische Weise. Das scheint mir versäumt. Sollten Sie Ihre Kinder indes nur als Mittel zum Zweck benutzen, damit Sie Ihre Ruhe bekommen, wäre das noch zigmal trauriger obendrein. Sie waren die First Lady und nicht Schauspielerin einer Sitcom, deren Protagonisten man nach Einstellen der Serie vergisst, auch wenn die derzeitige Situation manchmal an eine Sitcom erinnert und man sich Waldorf und Stadtler als Kommentatoren w+ wünscht. Meine Meinung.
Ich kenne kaum einen Menschen, dem nicht schon mit Vorurteilen begegnet wurde - warum sollte es Ihnen da anders gehen. Und wir reden hier ja nicht nur von Vorurteilen, sondern auch scheinbar belegbaren Tatsächlichkeiten, sonst hätte Ihr Mann niemals Grund gehabt, zurückzutreten. Ich frage mich, wann Sie bei Ihrer angeblich anerzogenen Gerechtigkeit und Wahrheitsliebe Ihrem Mann bzw. sich selbst Einhalt geboten haben bei all den verlockenden Angeboten? Da war die Hoffnung, dass gewisse Dinge niemals herauskommen, aber weitaus stärker als die gute Kinderstube - und dafür möchten Sie jetzt Verständnis haben? Ich bitte Sie - das kann nie und nimmer Ihr Ernst sein!?
Wenn ich Ihr Buch weiter lese, frage ich mich, ob wir Sie jetzt beglückwünschen oder bedauern sollen, dass (ausgerchnet?) Sie sich für Christian Wulff als Partner entschieden haben, oder müssen wir gar Ihren Mann dafür bedauern oder beglückwünschen? Ich finde es anmaßend, über andere Frauen und ihr angebliches Beuteschema zu urteilen, wenn man ein Leben wie Sie geführt hat bzw. führt (und hier muss das Thema Männer gar nicht im Vordergrund stehen). Sie kennen ja die Geschichte mit den Steinen und dem Glashaus.
Frau Wulff... ich sage es gerade heraus:
Sie waren einmal eine Frau, auf die unser Land stolz war. Sie standen im Licht und die meisten von uns haben sich nicht gefragt, welche finanziellen oder sonstwelchen Annehmlichkeiten Ihre Position für Sie und Ihre Familie mitbrachte. Doch wurden auf Ihrer Seite Dinge getan, mit denen Sie selbst das leuchtende Licht nach und nach ausgeschaltet haben. Die Reaktionen des Volkes nunmehr als verabscheungswürdiges Verhalten darauf zu werten, ist anstandslos und fern jedweder Einsicht.
Ich hätte mir gewünscht, sofern man überhaupt von einem Wunsch sprechen kann, aber wenn Sie denn schon zur Feder greifen und über Ihr Leben berichten lassen, dass sie weiter ausgeholt" hätten, das Volk von A bis Z an allem teilhaben hätten lassen und nicht nur an den Rosinen, die Sie vorsorglich herausgepickt haben, weil Sie Ihnen wichtig erschienen. Leider haben Sie dabei die Leserschaft weit unterschätzt, denn in einer Zeit wie unseren darf jemand wie Sie auf diese Weise sicherlich nicht erwarten, dass damit alles gut ist. Ich denke, Sie hätten sich und Ihrer Familie einen größeren Gefallen getan,wenn Sie einfach geschwiegen hätten. Vor allen Dingen auch Ihren Kindern gegenüber. Denn auch das zeugt von der Größe einer Mutter: sich selbst zurückzunehmen, um die Kinder zu schützen und nicht dem Finger auf die bösen Nachbarn zu zeigen. Sie selbst haben sich und ihre Familie dieser Situation ausgesetzt, die schon längst hätte vorbei sein können. Dann tragen Sie bitte auch die Konsequenzen ohne Wenn und Aber.
Immerhin .. nach den Tränen füllt sich das Konto. Man muss nur wissen, wie - und das haben Sie scheinbar raus.
Für Nicole Maibaum bleibt zu wünschen, dass dieses Buch keine negativen Auswirkungen auf ihre Tätigkeit als Autorin hat. Denn Frau Maibaum hat durchaus Potential, wie sie es mit anderen Büchern schon bewiesen hat.
Wie soll man dieses Buch nun bewerten?
Keine literarische Höchstleistung, eher das Gefühl eines verlängerten Protokolls, welches mal eben zwischengeschoben wurde. Interessant ungefähr so wie die Klatschspalte einer Zeitschrift, nur umfänglicher, unterm Strich aber auch nicht viel aussagend.
Überflüssig ist eines der häufigsten gefallenen Worten bei den Rezensionen. Und das ist es wohl: überflüssig. Man ärgert sich über das, was man liest und möchte gar nicht darüber nachdenken, welche Menschen unser Land vertreten und repräsentieren. Es ist erschreckend. Manchmal ist es einfach besser zu schweigen. Hätten Sie es doch nur getan...
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