Waldemar

gesang:
mein garten ist ein kleines paradieschen
in ihm wachsen auch ein paar radieschen
unter der von mir selbst gepflanzten eiche
liegt eine...von mir (!)
selbst gemachte leiche


nachrichtensprecher aus dem off:
hubert f., in klammern sechsundvierzig, liebte seinen garten, in klammern dreiundfünfzig quadratmeter, über alles. seine nachbarin hilde k. erinnert sich: »besonders die stiefmütterchen lagen ihm am herzen.«
niemand ahnte, dass hubert f. eines tages einen kaltblütigen mord begehen würde.


gesang:
also es war so, ich beginne ganz von vorne
der hund von meinem nachbarn war im aug' mir eine dorne
er kam ständig rüber und kackte auf die wiese
eines schönen tages bekam (pause)
ich dann die krise


nachrichtensprecher:
am sonntagmorgen fand man die fast nicht mehr identifizierbare leiche des rauhhaardackels waldemar, daneben einen blutigen vorschlaghammer. der ermittelnde kriminalinspektor: »wir schließen selbstmord nicht aus, denn wir haben an der tatwaffe haare des verstorbenen dackels feststellen können.«
kripo-chef ludwig p., in klammern einundsechzig, hält das für schwachsinn. »wie hätte das tier denn mit dem hammer über den zaun klettern können?«


gesang:
ich bin kein psychopath, doch ich liebe zucht und tugend
und das nicht erst seit heute, sondern schon seit meiner jugend
unzucht und verrat drohten hierbei einzureißen
auf meinen grund und boden (pause)
hat niemand draufzuscheissen!


nachrichtensprecher:
waldemars herrchen karl-heinz t.: "auch ein dackel muss seine notdurft verrichten, das ist ganz natürlich. aber bei uns gings ja nicht, wegen der kinder. da musste ich ihn halt rüberschicken.
für die kleine laura t., in klammern sieben, steht fest: »der böse mann, der unsern waldemar getötet hat, soll hingerichtet werden!«

Da gibt es doch dieses versaute Lied. »Ich heiße Waldemar, weil es im Wald geschah...« Das haben wir uns damals in der 5. Klasse von der Ministrantengruppe besorgt (die hatten es im Zeltlager gelern... sehr interessant, nicht?! ;)), um unsere Lehrer während der Klassenfahrt auf Wanderungen, die uns sonst ja eventuell langweilen könnten, in Verlegenheit zu bringen, was uns auch gelungen ist. Wir haben dann allerdings klein beigegeben, als sie uns damit gedroht hatten, sich von uns abzusondern. Mit 11 rum ist man ja noch einigermaßen brav.

Waldemar ist ein in ganz Oldenburg wohlbekannter Straßenmusiker. Er kann eigentlich nicht wirklich Gitarre spielen, aber dafür etwas Mundharmonika. Sein gesang ist ungefähr so, wie man sich Troubadix' Gesang vorstellt. Man könnte meinen, er sei die Karikatur eines Schlagersängers, aber tatsächlich ist er der einzig wirkliche Schlagersänger, weil er wirklich an das glaubt, was er macht. Eine Art Don Quijote der Musik. Und wie der durch und durch ehrlich und wahrhaftig.
Eine arme Sau einerseits, aber mit einem Selbstbewußtsein, das Respekt erzeugt.