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Dramaten schrieb am 22.10. 2010 um 22:04:39 Uhr über

Chinesen

DIE DREI CHINESEN, FOLGE NUMMERO SIEBEN, TEIL VIER

»Nun wäre es schön mit etwas Musik nach dem Essen!«, fährt der Polizeipräsident mit gespielter Heiterkeit weiter fort und legt die Serviette beiseite. Er hat die Peking-Ente nicht aufbekommen vor lauter Nervosität und den Enthüllungen des zu großen Chinesen.
Auch dieser hat seine Mahlzeit beendet, aber die reisige Schlachteplatte ist ganz leer, ratzeputz. Sogar ein Stück von der Porzellanplatte hat der gierige Esser mit verschlungen. Auch die Karaffe mit dem schweren Rotwein ist ganz alle. Der feine Tisch ist zwar über und über bekleckert, da wo der erste Chinese sitzt, aber er seufzt auch erleichtert, der Tisch nämlich.

»Aber leider spielt wohl keiner der Herren Chi-ne-sen«, er spricht dieses Wort ganz merkwürdig gedehnt, »ein Instrument, nicht wahr?«, fragt der Präsident scheinbar harmlos und etwas trübselig klingend, jedoch mit lauernden Äuglein, die unter dem Rand der Mütze hervorpieksen.

»Aber ja doch!«, antwortet der zu große Chinese mit fast übertriebener Heiterkeit, »wenn ich noch etwas Wein bekomme...« Der Polizeipräsident zieht mit nervöser Bewegung eine weitere Karaffe unter dem Tisch hervor. »Aber sicher!«, sagt er und gießt ein. Warum wirkt das Schlafmittel, das er in den Wein hineingetan hat, nur nicht?
Dabei ist ihm nicht aufgefallen, dass der kleine Chinese bisher keinen einzigen Tropfen getrunken hat.

Lächelnd nimmt der große Chinese das Glas entgegen, das Ernst Kuzorra, der Präsident, ihm eingeschüttet hat. Dann steht er auf und geht mit seinem Glas in der Hand weiter in den Raum hinein. Die fettige Serviette hängt immer noch um seinen Hals, während er im Halbdunkel verschwindet, während man ein klingelndes Geräusch hört, gerade so, als wäre etwas Gläsernes in ein Klavier gefallen.

»Sie haben da so ein schönes Klavier stehen!«, sagt er, »Darf ich einmal?« »Aber natürlich!, freut sich der Polizeipräsident scheinbar. «Klaviermusik liebe ich über fast alles. Besonders - » und hier macht er eine überflüssige Kunstpause, damit es dramatischer wirkt, «die von RICHARD WAGNERDas war sehr laut gesprochen und es wirkt als habe der Präsident ein Mikrofon verschluckt. «Können Sie etwas von WAGNER?» «Ja gern!», beteuert der Chinese und setzt sich ans Klavier. «Mögen Sie die 'Meistersinger'?» «Das ist mein Lieblingsstück!", beteuert der Präsident und versucht begeistert zu wirken.

Und dann fängt der Chinese an. Und er spielt begeisternd. Wie ein Musiker - und das obwohl er schon so viel Wein getrunken hat, dass er ganz betrunken sein müsste. Aber er hat den Wein ja auch auf die Serviette gegossen und heimlich über die Schulter und das letzte Glas hat er gerade zuvor im Halbdunkel im Klavier versenkt.
Er spielt und spielt und spielt. Es klingt großartig. Es ist »Wenn der weiße Flieder wieder blüht«, aus den 'Meistersingern' von Richard Wagner. Er spielt es so, wie es sonst wahrscheinlich nur noch Richard Wagner kann.

Als er geendet hat und ganz aus der Puste ist, klatscht der Polizeipräsident. Dann hebt er sein Glas, steht auf und sagt sehr würdevoll:
»Das war sehr großartig, HERR DOKTOR WAGNER! Ich darf Sie doch Doktor Wagner nennen

Der Polizeipräsident wirkt sehr erleichtert. Der letzte Test, den er vorbereitet hatte, hat auch hingehauen. Nun hat er Gewissheit.

Ein ungutes Gefühl breitet sich aus. Der Polizeipräsident kramt in seiner Brusttasche. Was hat er vor? Der große Chinese sitzt steif und ganz kaputt am Klavier mit dem Rücken zum Präsidenten. Er scheint so schwach zu sein und der Präsident ist so fett und gewaltig.

»Bitte nicht Doktor Wagner«, sagt er leise und müde klingend. »Sir genügt«.

Da bricht die schier unerträgliche Spannung ab. Folge 7 ist zu Ende. Wir verzichten hier auf den Abspann, damit nicht die Spannung kaputt gemacht wird, wenn man sieht, wer wen gespielt hat. Wir nennen nur Musik, Licht, Ton und Drehort.

DIE DREI CHINESEN
Folge 7

Musik ... R. Wagner: »Wenn der weiße Flieder wieder blüht« aus »Die Meistersinger von Nürnberg«

Licht und Ton ... in Farbe

Drehort ... Villa Hammerschmidt, Köln-Wuppertal-Elberfeldt

Flügel ... Steinway & sons

Eine Deutsch-Chinesische Co-Produktion aus den Jahren 1917, 1848, 1077, 1943 und 2010

Im Auftrag des ZDF


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