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wuming schrieb am 10.3. 2003 um 05:06:28 Uhr über

Propaganda




Robert Fisk

Propaganda aus Atlanta











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DAS ZENSURSYSTEM DES US-FERNSEHSENDERS CNN
Wie die Manager im Hauptquartier den
Nachrichtenstrom lenken und Reportagen verändern

In welchem Ausmaß die Zensur während eines Krieges im Irak
stattfinden wird, ist bis ins letzte Detail noch nicht festgelegt. Es
spielt allerdings auch keine Rolle, inwieweit das Pentagon selbst
die Berichte verändert. Denn der US-Fernsehsender CNN hat
sein eigenes System der sogenannten »Skript-Genehmigung«,
das Reporter anweist, Kopien ihrer Texte an anonyme Offizielle
im CNN-Hauptquartier in Atlanta zu schicken, um so
sicherzustellen, dass diese zweckmäßig »bereinigt« werden.
Weder das Pentagon noch das US-Außenministerium werden
etwas zu befürchten haben. Israel wohl auch nicht.

Tatsächlich bleibt einem die Luft weg, wenn man eines der neuen
CNN-Dokumente über die »Skript-Genehmigungspolitik« liest.
Wörtlich steht in einer am 27. Januar herausgegebenen
Anweisung: "Alle Reporter, die Sendebeiträge vorbereiten,
müssen ihre Texte vorher zur Genehmigung einreichen ... Ein
Beitrag ist für die Ausstrahlung erst dann zugelassen, wenn er von
einem autorisierten Manager richtig bewertet, genehmigt und als
Bürokopie dupliziert wurde ... Wenn ein Beitrag aktualisiert wird,
muss er eine erneute Genehmigung erhalten, vorzugsweise von
der ursprünglichen Genehmigungsstelle."

Die Schlüsselwörter sind »genehmigt« und »autorisiert«. CNN´s
Männer oder Frauen, ob in Kuwait oder Bagdad, Jerusalem oder
Ramallah, kennen den Hintergrund ihrer Reportage und wissen
natürlich viel mehr als die Offiziellen in Atlanta. Aber die
CNN-Bosse entscheiden über die Richtung der Reportage. Auch
wenn man CNN-Teams vorwerfen kann, dass sie Klischees
benutzen, so versuchen sie doch, etwas von der Wahrheit
herauszufinden und darüber zu berichten. Dazu werden sie beim
nächsten Mal aber kaum eine Chance haben.

Wie dieses üble System funktioniert, zeigt eine
Auseinandersetzung zwischen dem CNN-Reporter Michael
Holmes und seinen Chefs in Atlanta. Es ging um eine Reportage
über Ambulanzfahrer des Roten Kreuzes in Ramallah, die
wiederholt von israelischen Truppen unter Beschuss genommen
worden waren. Holmes beschwerte sich: "Wir riskierten unser
Leben und begleiteten die Ambulanzfahrer ... Wir haben auch
durch das Fenster mitbekommen, wie Ambulanzen von
israelischen Soldaten beschossen wurden ... Die Reportage
wurde genehmigt und lief zwei Mal auf Sendung, bis sie von Rick
Davis (einem CNN-Manager) abgesetzt wurde, angeblich weil wir
keine Stellungnahme der israelischen Armee dazu hatten.
Tatsächlich aber hatten wir in unserer Reportage angegeben,
dass die Israelis glaubten, die Palästinenser würden Waffen und
gesuchte Männer in den Ambulanzen schmuggeln."

Zuvor hatten sich die Israelis geweigert, CNN ein Interview zu
geben. Nur eine schriftliche Stellungnahme lag vor. Diese
Stellungnahme wurde dann nachträglich in das CNN-Manuskript
eingearbeitet, und trotzdem kam aus Atlanta erneut eine
Ablehnung. Erst drei Tage später, nachdem die israelische
Armee CNN ein Interview gegeben hatte, lief Holmes´ Reportage
wieder auf Sendung - aber dann mit dem wahrheitswidrigen
Zusatz, dass die Ambulanzen in ein »Kreuzfeuer« verwickelt
waren. Suggeriert wurde, dass auch Palästinenser auf ihre
Ambulanzen gefeuert hätten. Entsprechend wütend die Reaktion
des Reporters: "Seit wann überlassen wir Berichterstattungen der
Willkür von Regierungen und Armeen? Uns wurde von Rick
gesagt, dass solange, wie wir nicht einen Israeli vor die Kamera
kriegen würden, die Geschichte nicht ausgestrahlt werde. Das
bedeutet, dass die Regierungen und Armeen uns indirekt
zensieren und wir ihnen direkt in die Hände spielen." Die
Konsequenzen dieser Praxis werden beim nächsten Golfkrieg
offenkundig sein. Wir werden einen amerikanischen Offizier
sehen, der alles verneint, was die Iraker sagen, falls überhaupt ein
Bericht aus Irak ausgestrahlt werden sollte.

In einer Anweisung, datierend vom 31. Januar 2003, werden die
CNN-Mitarbeiter unterrichtet, dass künftig ein neues
computerisiertes System der Skript-Genehmigung die
Kontrolleure in Atlanta unterstützen soll, damit Texte in einer
klaren und standardisierten Weise markiert werden. Die
Offiziellen drücken dann auf die jeweilige farbige
Genehmigungs-Taste, um von rot (nicht genehmigt) auf grün
(genehmigt) zu wechseln. Wenn jemand eine Veränderung des
Skriptes nach der Genehmigung vornimmt, dann leuchtet die
Taste gelb. Jemand? Wer ist dieser jemand? Dem CNN-Reporter
wird es nicht mitgeteilt. Aber wenn wir uns vergegenwärtigen,
dass CNN nach dem ersten Golfkrieg zugegeben hatte,
»Auszubildende« aus dem Pentagon Zutritt zum
Nachrichtenzentrum in Atlanta gewährt zu haben, dann habe ich
so meinen Verdacht.


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