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wuming schrieb am 8.5. 2003 um 03:31:19 Uhr über

Empire

des Gesetzes dazu zu zwingen. Die Art und Weise eines guten Lebens oder das wahre Lebeii sowie die Verehrung und Liebe Gottes war ihnen mehr eine Knechtschaft als wahre Freiheit und als Gnade und Gabe Gottes (... ). Er belehrte sie also gerade so, wie die Eltern ihre noch Lliivernünftigeti Kinder zu belehren pflegen@,.61
Von aildei-n will Spinoza politische Theorie und Philosophie, seine Philosophie trennen. Es geht ihm nicht um Proplietie, um die Herstellung von Glauben (das heiße Gehorsam und Frömmigkeit, Liebe zu Gott und dem Nächsten), sondern um Walirheit.'19 Das ist das Ziel des Buchs, und so schließt es auch nicht mit Proplietie und Propaganda, sondern mit der Begründung von Staat, Verfassung, Freiheit aus der Vernunft. Die Zusclireibung eines proplietisclien Anspruchs durch H/N stellt daher nicht nur eine eklatante Verfälscliuiig von Spinozas Aussagen, sondern auch eine Missaclitung seiner Absichten dar." Aber wieder enthält - wie schon oben bei Nietzsche - gerade die Verfälscliung einen holten Erkenntniswert für uns. Durch sie tritt in H/Ns Inanspruchnahme des »proplietisclien Wirkens« das Projekt manipulativer, ideologiepolitischer und propagandistisclier Aktivität zur »Organisierung der Menge« klar zutage.
Auch hier operieren H/N mit dem appellativen »wir«. »Wir« sind aufgefordert, einen politischen Diskurs in Gang zu bringen, in dem wir diese Vorstellungen proplietisclier Organisation aus der liegemonialeii Position von oben neu erfinden. Wer ist wir? Negri und Hardt als Initiatoren und damit als Fürsten, auch du und ich, eingeladen zum posti-nodernen Fürstentui-n einer sich proplietiscli selbstpropagierenden und selbstsetzenden avantgardistisclien Intelligenz eines neuen historischen Unterwerfungszyklus. Und wie? Auch die so begriffene propfietisclie Instanz beruht wie der

ebd., S. 53.
ebd. Kap. 14, S. 258.

Es soll an dieser Stelle auch darauf hingewiesen werden, dass Spinoza nicht einfach in die Linie Machiavellis gestellt werden kann, wie H/N dies mehrfach tun. Ganz abgesehen von den systemisclien Kautelen des Vernuiiftgebrauclis (und auch der Nächstenliebe) für die Machtentfaltuilg zur Selbstverwirklicliung (wie sie im vierten Teil der »Ethik« behandelt werden), hat Spinoza den Zwecken Maciiiavellis im »Principe« einen missti-auisclieii Vorbehalt entgegengesetzt und sie nur tut den Zweck der Gebrauchsanweisung zum erfolgreichen ]'yraniieiisturz gelten lassen wollen (vgl. B. Spiiloza, Der politische Traktat, Stuttgart 1906 (Hg. J. Stern), 5.Kap., §7.



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»Fürst« auf dem Akt intellektuell-diskursiver Selbstbegründung im politischen Anspruch auf Organisation der Menge und Zurichtung der Massen von oben. Es ist ein Projekt umfassender Bemäciitigung und Machtergreifung. Selbstproduktion und konstitution wird, so muss man aus dein Bekenntnis zu Maciiiavelli/Altliusser und zu Nietzsclie (der sich liierin mit Machiavelli einig wusste) hinzufügen, als unmittelbarer Ausdruck von Gewalt gegen neue Unterklassen begriffen: das Selbst erfindet sich und die neuen Unterklassen im Akt der Gewalt, es stellt sich, seine liegemonialen Formen und die Unterklassen im Prozess gewaltsamer Zurictitung erst her. Und darum (nicht nur funktional, sondern existenziell) soll zur Durchsetzung der materialistischen Teleologie und Zweckgerichtetlieit jedes Mittel von Propaganda, Psycliotechnik, Täuschung und Gewalt nicht nur recht sein, son-

dern geboten.
Von hier aus erliellt sich auch die Bedeutung nur scheinbar überraschender Ausfülirungen über den Klassencliarakter des von HIN propagierten postunodernen Diskurses unter der Überschrift »Walirheitskoinmissionen«:
"Wir sollten uns daran erinnern, dass postmoderne und postkoloniale Diskurse nur an spezifischen geographischen Schauplätzen und bei einer bestimmten Klasse der Bevölkerung auf Resonanz stoßen. Als politischer Diskurs besitzt die Postmoderne eine gewisse Geltung in Europa, Japan und Lateinamerika, primär aber findet sie bei einem ciitäten Teil der US-amerika@iischen Intelligenz Anwendung. In ähnlicher Weise ist die postkoloniale'I'heorie, die gewisse postmoderne'retidenzcn teilt, in erster Linie von Kosmopoliten entwickelt worden, die ständig zwischen den großen Metropolen und den großen Universitäten Europas und der

USA unterwegs sind.
Diese Spezifik entwertet die theoretischen Perspektiven keineswegs, aber sie sollte uns doch für einen Moment innehalten und über deren
las

politischeimplikationeiiuiidpraktischeAuswirkungennachdenken sen. Im Laufe der Geschichte sind zahlreiche genuin progressive und befreiende Diskurse aus elitären Gruppen heraus entstanden, und es ist nicht unsere Absicht, an dieser Stelle die Berechtigung solchen Theoretisiereiis tout court in Frage zu stehen. Viel wichtiger als die Spezifizität dieser'Fheoretiker ist die Resonanz, auf die deren Vorsteltungeii an verschiedenen Orten und bei verschiedenen Klassen stoßen. VieMob'iiität und Diffele Menschen auf dieser Welt werden Hybridität,
renz mit Sicherheit nicht sogleich als per se befreiend empfinden


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