Traumverkäufer

»Nehmen Sie Xenon. Das ist zwar nicht preiswert, aber so umweltfreundlich,« heißt »eigentlich will ich dich auf den Mond schnippsen, schlaf ein«. Wußtest du, dass Xenon in Deutschland hauptsächlich für die Raumfahrt eingesetzt wird? Ist ja wichtig zu wissen, zumal es die Ozonschicht kaum angreift. Dräger-Raketen, grins. http://www.draeger.com/com/MT/Library/AnaesthesiaOR/FAQ_Xenon.jsp . Am schmackigsten fand ich seine Entdeckung zur Traumhaft: Bei einem russischen Reaktorunfall begannen Kakerlaken zu Xenon zu swingen.

Du hörst ihm lange genug zu und langsam aber sicher entsteht in Deiner Vorstellung ein Bild von dem, was Dir der Traumverkäufer erzählt. Dieses Bild bleibt, es taucht immer wieder auf, Du beginnst tagzuträumen und schließlich lenkt diese Vorstellung Dein Handeln.


Natürlich kaufst Du Dir nun das Objekt Deiner Begierde - anders kommst Du nicht heran, denn kein anderer hat es, Du kannst es nicht eintauschen, es ist nur für Dich gemacht (hach! Individuell, hehe ...) aber Du weisst, wo Du es bekommen kannst, der Traumverkäufer hat diese Information in seine Geschichten geschickt eingeflochten.

Und dann landest Du in einer Gasse in Wien an einem Laden, der eine wenig unter Strassenniveau liegt und Du trittst ein und wirst zur Begrüssung von einem gescheiterten Konzertpianisten beschimpft und eine kettenrauchende aschblonde Verkäuferin nickt nur stumm und holt ein Paket aus dem Regal, trägt es wortlos zum Tresen und sagt mit tonloser Stimme den Preis.

Lieber traeume ich meine eigenen Traeume und nehme in Kauf, dass sie unerfuellt bleiben als das ich mir einreden lasse welche Traeume ich zu traeumen habe und sie dann auch gefaelligst kaufe.

»Ah, einen Moment, ich schau mal nach....«
Der alte Mann drehte sich um und begann geräuschvoll in einer Truhe zu kramen.
»Oh, hier haben wir es ja!«
Anders Andersson setzte sein schönstes Lächeln auf, so dass sein Gesicht in eine grauenvolle Fratze verwandelt wurde.
Das kleine Mädchen, das mit grossen Augen vor ihm stand, ging einen Schritt zurück.
»Komm, Klara, so heißt Du doch, oder?«
Das Mädchen nickte.
»Schau mal, was ich hier gefunden habe! Ich glaube, das wirst Du mögen...Vielleicht kennst Du es sogar....«
In seiner klauenhaften Hand hielt der Kühlturmwärter ein kleines Bild, auf dem ein junges Mädchen, das mit Klara eine überraschend grosse Ähnlichkeit hatte, auf einem wilden Löwen durch die Wüste ritt.
In einer Hand hielt es eine kleine blaue Rose.
Die Augen des Mädchens wurden noch grösser.
»Das bin ja ich!«
»Oh ja, das bist Du, mein kleiner Engel. Gefällt Dir das Bild?«
Das Mädchen begann zu lächeln.
» Ich...das....Ich habe heute davon geträumt! Es war ein wunderschöner Traum. Wie so haben Sie ein Bild davon? Oh, bitte! Darf ich es haben?«
Das Lächeln des Kühlturmwärters wurde noch grauenvoller.
»Aber natürlich, mein Schatz! Und übrigens: Woher ich es habe ist mein Geheimnis. Vielleicht kann ich es Dir zeigen. Aber Du darfst es niemanden verraten, ja?«
Er gab dem Mädchen das Bild.
»Möchtest Du einmal auf einem echten Löwen reiten? So wie Du es geträumt hast?«
Das Mädchen schaute ihm scharf in die Augen.
»Aber das geht doch gar nicht! Der Löwe würde mich doch auffressen.«
Der Kühlturmwärter zog die Augenbrauen hoch.
»Aber nein, aber nein, mein Kind! Mein Löwe liebt kleine Kinder. Besonders, wenn sie ihrer Mami ein so schönes Geburtstagsgeschenk mitbringen, wie Du« Er zeigte auf ihre kleine Tasche.
Klara hielt den Atem an. Wie konnte dieser alte Mann all das wissen? Er musste bestimmt ein Zauberer sein, um ihre Träume zu kennen. Nicht so einer wie im Fernsehen. Nein, die schummeln ja alle, das wusste sie genau. Dieser alte Mann war ein wirklicher Zauberer, so wie die bei Harry Potter.
»Bist Du ein Zauberer?«
Der Kühlturmwärter leckte sich mit einem schmatzenden Geräusch die Lippen.
»Ein Zauberer? Ja, ich glaube, ich bin so etwas wie ein Zauberer.«
In den Augen des war für einen kurzen Augenblick ein helles Leuchten zu sehen. Dann war es verschwunden...