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Duracell schrieb am 18.4. 2005 um 03:20:45 Uhr über

Kontakt

Einige der Kontakte, die ich in den letzten Monaten geknüpft habe, sind etwas ungewöhnlich. Erwähnenswert ist vielleicht der Baggerkönig, dessen Ausführungen ich eines Abends eher unfreiwillig in zwei oder drei Plätzen Abstand lauschte. Er war sichtlich bemüht eine jüngere Schnecke anzugraben. Er erzählte von seinem Studium, das er mit summa cum laude abgeschlossen habe und von seinen vielen Vorzügen, die mir teilweise unglaubwürdig schienen. Zugegeben, er sah »gut« aus, also mit modischem Haarschnitt, mit eleganter Brille und dunklem Blazer zum Hemd. Vielleicht war sein Auftreten nicht ganz der Spelunke angemessen, in der sich alles zutrug - ich gehe nicht in feine Bars oder Restaurants. Die Angebaggerte warf gelegentlich fast schon hilfesuchend Blicke in die Runde, auch in meine Richtung. Ich meine, ich hätte nur ein Schulterzucken angedeutet, wenn überhaupt reagiert.

Als die Angebaggerte dann einmal in Richtung der Keramikabteilung entschwand, konnte ich mir, wohl auch wegen des mittlerweile erreichten Pegels, einen Kommentar nicht verkneifen. Ich sagte über die Ecke des Tresens zum Baggerkönig hin: »Ich überlege gerade, wer von uns beiden das größere Arschloch istIch vermute nicht, dass er dies wirklich auf Anhieb verstanden hatte, denn er war sichtlich überrascht, sprachlos und so ergab sich auch kein Gespräch, geschweige denn ein Streit. Er wollte nur wissen, wie ich das meinte, aber ich ließ ihn mit diesem Statement allein und begann keine Diskussion.

Nachdem er vielleicht eine halbe Stunde später gegangen war und ziemlich frustriert aussah, wohl wegen des sich nicht einstellen wollenden Erfolgs, schien mir die bedrängte Frau sichtlich erleichtert zu sein. Oder hatte ich mir das alles nur eingebildet? Ich meinte den Satz, den ich zuvor gesagt hatte, ja durchaus ernst. War ich ein großes Arschloch, das gegen Konventionen handelte, um damit auch bloß zu baggern? Oder war er ein großes, weil er dem Bild eines erfolgreichen und smarten Geschäftsmannes frönte und mit seinen Leistungen und Fähigkeiten prahlte? Ich war tatsächlich verunsichert und schrieb meine Verwirrung nicht nur dem Alkohol zu.

Um den Schwierigkeiten beim Denken aus dem Weg zu gehen bezahlte ich kurzerhand meine Rechnung und verließ nur wenige Minuten nach dem Baggerkönig das Lokal, nicht ohne nun einen frustrierten Blick der Frau in meine Richtung aufzufangen. Ach was? Gott sei Dank war ich so sturzbetrunken, dass sowieso kein Gespräch ohne übermäßige Benutzung des Konsonanten L zustande gekommen wäre und ich hatte auch keinerlei Ambitionen.

Haften geblieben ist mir dieser Abend des ersten Kontaktes mit dem Baggerkönig deswegen, weil ich ihm bei späterer Gelegenheit, um einfach irgendein Gespräch zu beginnen, von einer Methode des Geldscheffelns erzählte, von der ich am Tag zuvor gelesen hatte. Es ging dabei um den Versender eines Börsenbriefes, der etwa 32.000 E-Mail Adressen hatte und an je 16.000 seinen Börsenbrief mit exakt widersprüchlichen Vorhersagen zur Entwicklung eines bestimmten Wertpapiers im Laufe der nächsten Woche verschickte. Der Börsenbrief war verbunden mit dem Angebot einer sehr teuren Information mit detaillierteren Vorhersagen über die künftige Entwicklung vieler Aktien. Von den 16.000 E-Mail Adressen, bei denen der Versender des Börsenbriefs dann richtig gelegen hatte, erhielten in der darauffolgenden Woche je 8.000 wiederum genau entgegengesetze Aussagen zur Entwicklung eines anderen Wertpapiers. Das Spielchen wiederholte sich, bis vielleicht noch 500 E-Mail Adressen übrig waren. Bei diesen hatte der Versender also nun einen Stein im Brett, denn er hatte ihnen über 6 Wochen immer wieder die korrekte Voraussage geliefert. Etliche dieser Leute würden nun schon an seine Unfehlbarkeit glauben und die teure Information kaufen, die natürlich völlig wertlos und zufällig war.

Der langen Rede kurzer Sinn ist der, dass der Baggerkönig mir nach dieser schnell erzählten Geschichte dann bekanntgab, dass er bei einem Börsenverlag arbeite und dort neue Abonnenten für einen Börsenbrief aquiriere. Ich denke nicht, dass wir uns in Zukunft viel zu sagen haben werden, aber ich bin beeindruckt von den unerwarteten Zusammenhängen, die sich bei manchen Kontakten und den ersten Gesprächen ergeben.



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