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ThoR schrieb am 4.2. 2006 um 18:52:30 Uhr über

ausgepeitscht

Antikes Olympia - Bei Fehlstart ausgepeitscht

Bei den Olympischen Spielen der Antike ist es hoch her gegangen. Einige Wettbewerbe waren ebenso spektakulär wie brutal. Manchmal gab es Tote.

Der Tod kam schnell und unerwartet. Mit einem Röcheln sank Arrhachion aus Phigaleia zu Boden, kurz zuvor hatte sein Widersacher den Allkampf im Stadion von Olympia wegen einer gebrochenen Zehe aufgegeben. Arrhachion starb dennoch, sein Gegner hatte ihm die Kehle zu lange zugedrückt. Die Kampfrichter erklärten den erwürgten Star-Athleten posthum zum Sieger.

Verschiedene Methoden des Strangulierens

Pankration oder Allkampf war die brutalste Disziplin bei den alle vier Jahre stattfindenden antiken Spielen im griechischen Olympia. Ringen, Boxen, Würgen, Knochenbrechen – den Athleten war bei dieser Art von Catchen vor bis zu 50 000 Zuschauern alles erlaubt, außer beißen und stechen. Pankratiasten müssen verschiedene Methoden des Strangulierens beherrschen, schreibt etwa der Grieche Philostrat von Lemnos um 200 n.Chr. in seiner Abhandlung Über die Gymnastik: Sie greifen auch nach dem Knöchel eines Gegners, drehen ihm den Arm um, außerdem schlagen sie ihn und springen auf seinen Körper. Kein Wunder, dass es bei dem Spektakel zu Ehren des Göttervaters Zeus immer wieder zu tödlichen Unfällen kam.

Die unerbittliche Härte, mit der manche Athleten um ihren Sieg rangen, war legendär. Sostratos, ein Kämpfer aus Sikyon, war beispielsweise dafür berüchtigt, seinen Konkurrenten gleich zu Beginn die Finger zu brechener erhielt den Spitznamen Fingerspitze. Wen wundert es, dass sich bei solchen Gegnern einige Athleten nicht mehr in die Stadien trauten? Sarapion von Alexandria beispielsweise errang traurige Berühmtheit, nachdem er sich klammheimlich einen Tag vor seinem Kampf aus dem Staub gemacht hatte.

Lebenslang fast alles umsonst

Wer dagegen seine Gegner ausstechen konnte, dem winkten nicht nur Ruhm und Ehre. Die Olympia-Sieger erhielten zwar vor Ort lediglich einen Kranz aus Olivenzweigen aufs Haupt gedrückt, doch in ihrer Heimat wurden die Star-Athleten teilweise wie Götter gefeiert. Die Sportcracks erhielten häufig zeitlebens kostenlose Kost, Logis und Theaterplätze. In Athen bekamen sie unter Solon als Geld-Prämie den Gegenwert einer 500-köpfigen Schafherde zugesprochen.

Ben Hur lässt grüßen

Dabei sein war schon in der Antike nicht alles, denn für die Athleten zahlte sich nur Siegen aus. Wer Zweiter oder Dritter wurde, hatte Pech: Diese Platzierungen waren völlig wertlos. Die erste überlieferte Siegesliste stammt aus dem Jahr 776 v. Chr. Den einzigen Wettbewerb, einen Stadionlauf von knapp 200 Metern, gewann ein einfacher Koch, Koroibos aus Elis. Erst später kamen in Olympia weitere Lauf-Wettbewerbe sowie Fünfkampf, Faustkampf, Allkampf und diverse Pferde- und Wagenrennen, die Formel 1 der Antike, hinzu. Leonidas aus Rhodos avancierte zum Superstar der Antike: Er feierte zwischen 164 und 152 v. Chr. zwölf Olympiasiege.

Doch auch die antiken Sporthelden fielen nicht einfach vom Himmel. Am Anfang dominierte noch der Adel bei den Spielen, später förderten manche Städte gezielt Ausnahme-Talente aus dem einfachen Volk, um ihre Top-Athleten bei den Götterspielen siegen zu sehenantike Sporthilfe sozusagen. Nach und nach kämpften bei dem fünftägigen Massen-Event fast nur noch Profis um die begehrten Olivenkränze.

Die Sportler kämpften nackt, nur griechischen Männernspäter auch römischenwar die Teilnahme erlaubt. Verheiratete Frauen durften die Spiele nicht einmal als Zuschauer verfolgen, wurden sie dennoch erwischt, drohte ihnen die Todesstrafe. Auch bei Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln kannten die in Purpur gekleideten Kampfrichter keine Gnade: Wer beispielsweise einen Fehlstart verursachte, wurde wie ein Sklave ausgepeitscht.

Korrupte Boxer

Trotz drakonischer Strafen gab es auch bei den antiken Spielen immer wieder Skandale. Um zu gewinnen, bestach der Boxer Eupolos aus Thessalien 388 v. Chr. gleich drei seiner Widersacher. Der Schwindel flog auf, der Missetäter musste zur Strafe sechs lebensgrosse, teure Zeus-Statuen errichten. Diese Zanes, versehen mit dem Namen des Sünders, wurden zur Abschreckung gut sichtbar am Weg zum Stadion aufgestellt. Archäologen fanden bei Grabungsarbeiten in Olympia immerhin noch 17 Sockelreste solcher Statuen.

Doch es war der römische Kaiser Nero, der die Trickserei schließlich auf die Spitze trieb. Der Sportfan ließ die Spiele um zwei Jahre auf 67 n. Chr. vorverlegen, damit sie besser in seinen Terminplan passten. Auf sein Drängen wurde sogar Singen und eine Art Zitherspiel zur olympischen Disziplin erklärt. Wen wundert es da, dass der Despot sich gleich sechsmal den begehrten Olivenkranz aufsetzen konnte? Er gewann in drei musischen und drei sportlichen Wettbewerben. Beim Wagenrennen wurde der berüchtigte Diktator sogar zum Olympiasieger gekürt, obwohl er aus seinem Zehnspänner fiel und nicht einmal das Ziel erreichte.

Trotz dieses Bankrotts der olympischen Idee wurden die Spiele noch ein paar Jahrhunderte länger ausgetragen. Es war ein anderer römischer Kaiser, Theodosius I., der das Spektakel schliesslich 393 n. Chr. verbot: Dem christlichen Herrscher war das heidnische Olympia-Fest ein Dorn im Auge.


Quelle: A. Petersen
FOCUS-Online, 6.8.2004





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