Kassiererinnen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.
So gut 20 Jahre her, als es noch nicht die Scanner-Kassen gab, war Aldi dafür bekannt, dass sie gut bezahlt haben, weil sie auch nicht jede nehmen konnten (Kassiererin meine ich). Die Mädels dort waren also sicher nicht die dümmsten (weil sie die ganzen Preise im Kopf haben mussten), und da die Aldi-Filiale direkt neben der Uni lag, war sie bei den hübscheren Mädels als Teilzeit-Job beliebt.
Warum? Ganz einfach, weil für ein hübsches Girl die Tätigkeit an der Kasse die Gelegenheit bot, einen Lebenspartner kennenzulernen, der später mal zu den (potenziellen) Besserverdienern gehören würde. (Damals lernte man sich eben noch nicht in »Chats« oder übers »Simsen« kennen.)
Das konnte z.B. so aussehen (wenn »ihr« ein Mann gefiel): »Ist der Rotwein da eigentlich gut?«
Pech, wenn er überhaupt nicht reagierte.
Besser schon, wenn so etwas kam wie: »Weiß nicht, muss ich auch erst probieren.«
War sie dann ganz fesch und mutig, sagte sie »Allein?«
Und er: »Ehm, ich weiß nicht, ehm hätten Sie, ehm hättest du Lust mit mir zusammen ...?«
===============================
Na ja, und dann »ergab« sich entweder was oder auch nicht.
===============================
Mit der, von der ich rede, »ergab« sich tatsächlich etwas, und das war schön. Vorher war nie ein Mädel am ersten Abend mit mir ins Bett gegangen, diese tat es. Sie war auch nicht dumm, in einer anderen Familie hätte sie womöglich Abitur gemacht und studiert.
Aber sie war bei der Mutter aufgewachsen, die kein Geld hatte, und so musste sie eine Lehre machen. Sie hatte dann versucht, den Junior-Chef zu verführen, der sie aber vor die Tür gesetzt hatte, als sie von ihm schwanger war. Die Abtreibung hatte er ihr »anständigerweise« bezahlt - was natürlich für ihn ungleich billiger war als die Alimente. Aber sie wusste, wie es ist, als Kind in dieser Situation aufzuwachsen und das Schicksal wollte sie ihrem (ungeborenen) Baby ersparen.
Nun hatte sie mal hier, mal da gejobt und irgendwann war sie wieder schwanger - diesmal von mir, und nein, es war nicht an diesem ersten Abend passiert, mehr aus ein Jahr danach, viele ausgesprochen »lustvolle« Begegnungen später (aber dennoch etwas ungeplant).
Ihre Mutter war inzwischen ein Pflegefall geworden, um den sie sich kümmerte, und kurz bevor das Baby geboren wurde, starb die Mutter.
Das Baby starb allerdings auch - bei der Geburt, d.h. es gab zwei Beerdigungen innerhalb von nicht einmal sechs Wochen. Und schwanger werden konnte sie nun auch nicht mehr.
Wir haben noch einige schöne Jahre miteinander verbracht, und das waren nicht die schlechtesten in meinem Leben. Aber irgendwann hatten wir uns auseinanderentwickelt und haben die Konsequenzen gezogen (d.h. uns getrennt), was so nüchtern hingetippt schmerzloser klingt als es tatsächlich war.
Das ist alles schon lange her. Ich sehe sie noch in unregelmäßigen Abständen, seltener als einmal im Jahr. Ab und zu haben wir bei solchen Gelegenheiten auch wieder miteinander geschlafen, obwohl wir beide in einer anderen Beziehung sind.
Dass wir dabei »eine Flasche Rotwein probieren« versteht sich ja wohl von selbst.
|