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wuming schrieb am 1.5. 2003 um 01:17:09 Uhr über

Sicherheit




"Die Sicherheit
Deutschlands wird
auch am Hindukusch
verteidigt"







Die Verteidiger der Zivilisation

Dirk Eckert 30.04.2003

Die neue Bundeswehr soll auch gegen "weltweit operierende
Terrororganisationen" kämpfen, der Landesverteidigung wird keine große
Bedeutung mehr eingeräumt

Voraussichtlich in einigen Wochen will Bundesverteidigungsminister Peter Struck die
neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) bekannt geben, an denen sein
Ministerium gerade arbeitet. Ein Entwurf ist jetzt schon durchgesickert.




Der Entwurf für die neuen Richtlinien, die die derzeit gültigen, vor über zehn Jahren vom
damaligen Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) erlassenen, ablösen sollen, hat es in
sich. Von einer »Bundeswehr ganz neuen Typs« sprach die Tageszeitung »Die Welt«, die am
25. April den Entwurf der neuen Richtlinien - der aber laut Verteidigungsministerium noch
vorläufigen Charakter hat - in Auszügen veröffentlicht hat. So solle die Bundeswehr jetzt
die außenpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands sichern, da die Landesverteidigung nicht
mehr den sicherheitspolitischen Erfordernissen entspreche.








"Eine Gefährdung des deutschen Staatsgebietes durch konventionelle Streitkräfte gibt es
derzeit und auf absehbare Zeit nicht", heißt es in dem Entwurf.






Dass das Territorium der Bundesrepublik Deutschland angegriffen wird, hält das
Verteidigungsministerium für so unwahrscheinlich, dass sogar das für die Landesverteidigung
nötige Kriegsgerät abgerüstet werden soll. Nötig sei nur noch eine "Befähigung, die es
erlaubt, die Landesverteidigung gegen einen Angriff mit konventionellen Streitkräften
innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens wieder aufzubauen". Auch über eine
Reduzierung der Personalsstärke von derzeit 285.000 Soldatinnen und Soldaten soll jetzt
nachgedacht werden.

Das eingesparte Geld wird die Bundeswehr für neue Ausrüstung im weltweiten Kampf gegen
den Terrorismus brauchen. Religiöser Extremismus und Fanatismus, "im Verbund mit der
weltweiten Reichweite des internationalen Terrorismus», bedrohe die «Errungenschaften
moderner Zivilisationen", warnt das Ministerium. Die neue Aufgabe der Bundeswehr lautet
demnach:





"Die Bundeswehr bekämpft weltweit operierende Terrororganisationen und trägt dazu bei,
ihnen sichere Rückzugsgebiete zu entziehen und Seeverbindungswege zu sichern."






Damit übernimmt die Bundeswehr das Konzept des Krieges gegen den Terrorismus, der
keinen Anfang und kein Ende mehr kennt:





"Künftige Einsätze lassen sich wegen des umfassenden Ansatzes zeitgemäßer Sicherheits-
und Verteidigungspolitik und ihrer Erfordernisse weder hinsichtlich ihrer Intensität noch
geografisch eingrenzenEine Einschränkung soll es allerdings geben: «Alle Einsätze der
Bundeswehr - mit der möglichen Ausnahme von Evakuierungs- und Rettungsaktionen -
werden nur gemeinsam mit Verbündeten und Partnern im Rahmen von VN, Nato und EU
stattfinden."






Die zukünftigen Einsätze der Bundeswehr werden dabei "das gesamte Einsatzspektrum bis hin
zu Operationen mit hoher Intensität" umfassen - einschließlich Operationen im Inneren, wo die
Bundeswehr bei »terroristischen und asymmetrischen Bedrohungen« einsetzbar sein soll.
"Auch wenn dies vorrangig eine Aufgabe für Kräfte der inneren Sicherheit ist, werden die
Streitkräfte immer dann zur Verfügung stehen, wenn nur sie über die erforderlichen
Fähigkeiten verfügen."

Das SPD-geführte Verteidigungsministerium will außerdem die Beibehaltung der Wehrpflicht
in die Richtlinien hineinschreiben, was beim kleinen Koalitionspartner, den Grünen, prompt
auf Kritik stieß. Der grüne Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei sagte der »Welt«, auch
die Pläne für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren gingen zu weit.

Überraschend scharfe Kritik kam von der FDP. Deren Wehrexperte Günther Nolting nannte es
im Interview »bedenklich«, wenn über frühzeitige Anwendung militärischer Maßnahmen
gegenüber nicht staatlichen Akteuren und Terroristen geredet werde. "Soll hier etwa der
Grundstein für präventive Einsätze der Bundeswehr gelegt werden? Davor kann nur gewarnt
werdenAußerdem warnte er «vor einer leichtfertigen Überdehnung des Einsatzgebietes für
deutsche Streitkräfte":





"Diese kann nämlich in der Formulierung der verteidigungspolitischen Richtlinien vermutet
werden, wenn es heißt, dass die deutsche Wirtschaft auf Grund ihres hohen
Außenhandelsvolumens und der damit verbundenen besonderen Abhängigkeit von
empfindlichen Transportwegen und -mitteln zusätzlich verwundbar ist. Hier wird angestrebt,
die Bundeswehr zu einem Global Player zu machen."






Jetzt werde »offiziell Abschied genommen vom Grundgesetz«, kritisierte der
Politikwissenschaftler Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung (IMI) die
neue Ausrichtung der Bundeswehr auf weltweite Einsätze. Dort heißt es unter Artikel 87a
Absatz 1: »Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung aufDie Friedensbewegung müsse
nun gegen das Präventivkriegskonzept, den Einsatz der Bundeswehr im Innern und gegen die
Herausbildung einer Gegen-Militärmacht EU angehen, forderte er.

Die konservative Presse lobte dagegen Verteidigungsminister Struck. "Sein zunächst
beiläufiges Wort, Deutschland werde auch 'am Hindukusch' verteidigt, wird jetzt zur neuen
Doktrin der deutschen Streitkräfte», schrieb die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" am
27. April. "Damit wird ein Kulturbruch vorbereitet, der sowohl das außenpolitische
Selbstverständnis der Bundesrepublik wie auch die Rolle der Bundeswehr erfaßt."

Die Zeitung kritisierte nur, dass Struck noch an der Wehrpflicht festhalten will und witterte
eine Koalition aus "linken Verantwortungsneutralisten einerseits und einem konservativen
Militär-Biedermeier, welches das Einsatzspektrum der Bundeswehr geographisch im
wesentlichen auf den nationalen und den Nato-Rahmen begrenzt sehen will, andererseits", die
dafür sorge, dass die Bundeswehr eine »überdimensionierte, aber unterfinanzierte Streitkraft«
bleibt. Einige Offizieren würden lieber »im alten Denken verharren«, "weil sie in dieser
Friedensarmee zu Verteidigungsbeamten geworden sind", kritisierte Kommentator Michael
Inacker. Und was den Mann besonders stört: "Wirkliche Krieger - und die braucht nun mal
jede Armee - findet man in der Bundeswehr selten."
















Kommentare:
rofl was denn sonst, wenn kein ZWANGSDIENST? (poweraffe, 1.5.2003 0:19)
zivi auf jeden fall = Sozialstunden (poweraffe, 1.5.2003 0:16)
warum nicht? (condiklaus, 30.4.2003 23:22)
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