Schlangenlederimitatstöckelschuhe

Heute brauchte sie 'chic' wie eine Murmeltier das Alpenvorland. Zittern vor Erregung schlüpfte sie in ihre Schlangenlederimitatstöckelschuhe, warf sich eine blaue Federboa um den ausgemergelten Hals und stürzte ins Nachtleben. Man hätte einen Buntglascontainer mit den bewundernden Blicken füllen können, die sie im Laufe des Abends auf sich zog...

Wenn der Vati Schlangenleder trägt


So hat er sich das also gedacht. Um sieben Uhr aufstehen. Für ihn ist das sehr
früh. Ein richtiges Zugeständnis. Harte Arbeit. Wenn ein wilder Junge wie Ben
Becker Vater wird, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man schläft genauso
wenig wie vorher, je nach Stärke der Cocktails vier, fünf Stunden, oder man passt
sich der neuen Situation an und schläft wie jeder frischgebackene Vater vier bis fünf
Stunden weniger als vorher. So kam das bestimmt mit dem »Sieben Uhr aufstehen«
zustande. Ben Becker sagte sich wahrscheinlich: Ich gehe wie bisher abends auf
die Piste, komme ganz normal morgens nach Hause und gehe dann meinen
väterlichen Pflichten nach. Wickeln hat er schon gelernt. Während Mutter Anne
Seidel für die Versorgung zuständig sei, fühle er sich für die Entsorgung
verantwortlich, sagte er.

Zurück zu der »Sieben-Uhr-Fantasie«. Väter mit kleinen Kindern erzählen, dass sie,
wenn die Stillzeit vorbei ist, nicht um sieben aufstehen, sondern um drei. Manche
um vier, manche um fünf. Sie kennen das bestimmt. Ein mehrfacher Vater sagte
mir, wie weit ein Papa sich um das Kind kümmert, hänge davon ab, ob er ein
Schwein und wie schwach seine Frau sei. Nun soll aber der Fall, dass man selbst
ein Schwein ist und zudem eine schwache Frau hat, relativ selten vorkommen.

Ben Becker hat eine tolle Lebensgefährtin - und braucht sie wahrscheinlich auch.
Begeistert erzählt er über sie, sie habe Sonnabendabend zu ihm gesagt: "Geh doch
mal wieder auf die Piste. Wir kommen ein paar Stunden auch ohne dich klar". Mit
ihm klarzukommen, ist wahrscheinlich schwieriger. Männer, die von ihren Frauen in
Bars weggeschickt werden, gehören zu der komplizierteren Sorte, sind aber auch
interessanter. Eine Frau weiß genau, warum sie sich einen mit
Schlangenleder-Jacke auswählt. Einen, der ihren Schwangerschaftsbauch mit
seiner Aufschrift »Made in Berlin« den Fotografen präsentiert und die Geburt zu
einer öffentlichen Inszenierung macht. Männer, deren Leben eine Achterbahnfahrt
mit vielen Frauen ist, sind zwar im Zusammenleben schwierig, aber eine gute Frau
kriegt das hin. Oder wollen Sie etwa einen Langweiler zu Hause haben, den Sie nie
in eine Bar wegschicken können? Da ist einer wie Becker einfacher. Während sie
stillt, erzählt er am Tresen, was für ein alter Pirat er ist und warum seine Tochter
Dörte Becker heißt. Weil das wie Störtebecker klingt.

Sie hatte unglücklicherweise vergessen, die aktuelle Wetterprognose im Internetz zu checken. Nur ihre Schlangenlederimitatstöckelschuhe an den Füßen und ihre neue, schicke AirFrance-Handtasche über der Schulter, überraschte sie der Glatteiseinbruch wie eine harmlos am Boden kauernde Spinne ein glattsohliger Deichmann-Schuh. Die aus ihrer AirFrance-Handtasche kullernden Schokomuffins vom vereisten Gehweg klaubend schwor sie sich, nächstes Jahr umsichtiger zu sein.

Ich mag keine Stöckelschuhe.
Was soll das?
Ich liebe ein Mädchen, auch wenn es sowas nicht hat.
Igitt.
Da bleibt man im Abfluss auf der Straße stecken.

Ein Matrose der vor kurzem erst vom Stapel gelaufenen Luxus-Hochseesegelyacht »Babette« verfiel während der Überfahrt nach Grömitz auf die wenig ruhmreiche Idee, sich als blinder Passagier zu verkleiden.