|
terwerfung und Verwertung größerer Kreativitätspotentiale. Dass diese Erweiterung zur Erschließung begrenzter Freilieitsgrade und Autonomien eines Kontrolltyps bedarf, der die starren Regulierungsformen des Taylorisi-nus - auch in Richtung von Selbstausbeutung- hinter sich lässt, liegt auf der Hand. Das ist postmodernes kapitalistisches Credo, dem H/N nur den totalitären toucli hinzufügen. Was grundsätzlich bleibt ist, dass IVN das »Feld der Auseinandersetzungen« auf das »Terrain der Produktion und Regulation der Subjektivität« eiiigekesseit halten. (33 1)
Darüber hinaus und jenseits der Grenzen dieses Kessels lässt H/Ns Konzept der Subjektivität weder Raum noch Entkommen, IYN halten Seele, Menscliwerdung, Subjektivität konzeptionell im Produktivismusknast bzw. -netzwerk gefangen. In krasser Weise drücken dies einige Ausführungen zur »kapitalistischen Souveränität« im Übergang von der »Disziplinargesellschaft« zur postmodernen so genannten »Kontroligesellschaft« aus (Teil 111,6). Eingeleitet von einer kateclietischen Wiederholung des abgestandenen objektivistisclien Gesciiiclitskonzepts, das den historischen Konflikt allein zwischen überholten Funktionen der Souveränität und neuen Anforderungen des Kapitals lokalisiert (und den lebendigen Widerspruch der Klasse nicht einmal mehr erwähnt), wird jetzt Foucault bemüht:
»Foucault betonte wiederholt die Tatsache, und das ist der entscheidende Kern seiner Analyse, dass die Disziplin den Subjekte», die unter ihrem Kommando stehen, absolut immaneiit ist ... Disziplin ist eher eine Art innerer Antrieb, der vor, unserem Wille« ununterscheidbar und ihr also untrennbar verbunden ist ( ). Tatsächlich dehnt sich der immanentc Disziplinargebrauch - also die Selbstdisziplin der Subjekte, das ununterbrochene Flüsteril von Disziplinarlogiken in den Subjekten selbst - in der Kontrollgesellschaft immer umfassender aus ( ). Gefängnisdisziplin, Schuldisziplin und Fabrikdisziplin verweben sich zu einer hybriden Produktion von Subjektivität ( ).
Diese in den modernen Institutionen hervorgebrachten Identitäten warcn wie die standardisierten Maschinenteile aus der Industriellen Masscnproduktion: Gefangener, Mutter, Arbeiter, Schüler etc. jedes Teil spicite im Ganzen der Maschine eine spezifische Rolle, doch war die auch standardisiert, en masse produziert Lind konnte daher durch jedes andere Teil gleichen Typs ersetzt werden. (
Diehybride, in der Kontrollgesellschaft geschaffene Subjektivität 1
mag
nicht die Identität des Sträflings, des Geisteskranken oder des Fabrikar-
40
beiters tragen, doch immer noch gleichzeitig von all diesen Logikeii konstituiert sein. Sie ist Fabrikarbeiter außerhalb der Fabrik, Schüler außerhalb der Schule, Sträfling außerhalb des Gefängnisses und Irrer außerhalb der Anstalt. Diese Subjektivität ist keiner Identität und allen zugehörig - außerhalb der Institutionen und doch ihren Diszipliiiarlogiken
noch intensiver unterworfene (338-340)
Wenn wir nicht unten zur Feststellung gelangen würden, dass die groteske Auslöscliung der kämpfenden Subjektivität ihre präzise Funktion in H/Ns produktivistisclien Projekt einer neuen »konservativen Revolution« haben - wir müssten wahnhafte Züge attestieren. Foucault war zitiert, also lassen wir Foucault schon hier zu Wort kommen. Im Essay »Le sujet et le pouvoir« summiert er seinen Zugang zu diesem Thema am Ende seines Lebens noch einmal in konzentrierter Form." Weit davon entfernt, die Disziplinierungsformen zu totalisieren, zum inneren Antrieb hoch zu stilisieren und Subjektivität mit der Maschine zu ident ifizieren, begreift Foucault sie im Kern als Unterwerfungsstrategien, die sie »objektivieren«, sie zu einem »Objekt« machen. Er behandelt die verschiedenen Formen der »Objektivierung des produktiven, des arbeitenden Subjekts ... « in Rationalisierung, Institutionalisierung, im »Gouvemei-nent der Individualisierung« etc. als Ausdruck von Angriffsstrategieii auf die Subjekte in Fabrik, Knästen etc. Ihr setzt er den Widerstand der Sub ekte und ihre unmittelbaren Kämpfe
i
(»luttes imm@diates«) entgegen. Diese Kämpfe stellt er ins Zentrum. Einmal als praktische Manifestation einer kämpfenden Subjektivität gegen die Machtstrategien der Objektivierung von Subjektivität." Vor allem aber nimmt er die Kampfperspektive als notwendigen methodischen Ausgangspunkt (»point de d@part«) für die Erkenntnis der Objektivierungsstrategien. Anders: es ist die Perspektive kämpfender Subjektivität, aus der Du die Machtfori-nen der Objektivierung erkennen und analysieren kannst, gerade heute.
"Und heute ist es der Kampf gegen die Formen der Unterjochung gegen die Unterwerfung der Subjektivität -, der immer mehr vor-
1 7 In: M. Foucault, Dits et dcrits 11, Paris 2001, S. 1041; vgl. auch der von ihm selbst verfasste Lexikonbeitrag »Foucault«, ebd. S. 1450.
IN Er nennt die »Formen dieser Unterwerfung« auch »Formen von Subjektivität«. Die roinaiiische Herkunft des Französischen, in dem das »Subjekt« als das Unterworfene (subjektum) erscheint, schafft Ambivaleilzen und erleichtert Missverständnisse im Verständnis des Begriffs »Subjektivität«, allerdings nicht in diesem sehr klaren'I'ext.
|