>Info zum Stichwort Empire | >diskutieren | >Permalink 
wuming schrieb am 27.4. 2003 um 02:19:29 Uhr über

Empire

sehe den Ausdruck der lebendigen Kräfte, Energien (und ihrer reaktiven Hemmungen) bebildert, hier die Kräfte des »Willens zur Macht«. Ihre Rlietorik dient weniger der Darstellung. Begriffspersoneii wie »Barbar« zielen auf die dicliterische Erregung der Krätie und cfi'e Hersteifuiig ei'ner Erregungsgemeinschaft im Wi 1len zur Macht. »Barbar« begrüiidet zusammen mit gleicligericliteten metapliorisclieii Elementen und Wendungen wie »Löwe« »blonde Bestie«, »losgelasseiie RaLibtliiere«, »Wildnis« ein metapilorisclies Erregungsfeld, in dem der Wille zur Macht und zur schöpferisclien Zerstörung aufgerufen wird, zur Vergewisserung seiner historischen und Projektion seiner zukünftigen Manifestatiotien. Man kann sie daher als (selbst-)propagandistiscli bezeichnen.
Es ist diese rlietorisclie Funktion, in der H/N den Begriff »Barbar« benutzen. In ihrer Berufung auf die »Handlungsmaclit ... der Umwertung .... Werte zu zerstören ... etcbeziehen sie sich ausgerechnet auf Nietzsclies »Zur Genealogie der Moral«. (367) Hier heißt es zum Begriff »Barbar«:
@,Sie gemessen da die Freiheit von allem socialen Zwang, sie halten sich in der Wildnis schadlos für die Spannung, welche eine lange Einschließung und Einfriedttiig in den Frieden der Gemeinschaft giebt, sie treten in die Unschuld des IZaLLbthier-Gewissens ztirück, als frohlockende Ungeheuer, weiche vielleicht von einer sclicusslicheii Abfolge voll Mord, Niederbrciiiitiiig Schändung, FolterLitig mit einem Obermuthe und seelischen Gleichgewiclite davongehen, wie als ob nur ein Studentenstreich vollbracht sei, überzetigt davon, dass die Dichter für lange nun wieder etwas zu singen und zu rühmeii haben. Auf dem Grunde aller dieser vornehmen Rassen ist das Raubthier, die prachtvolle nach Beute und Sieg lästern scliweifeiide blonde Bestie nicht zu verkennen; es bedarf für diesen verborgenen Grund von Zeit zu Zeit der Entladung, das


'rhomas Mann hat sich in seinen »Literarischen Porträts« (Züricli 1960, S. 402) kritisch zu den rhetorischen Qualitäten der Werke Nietzsches gestellt - aus dei eigenen Ei-l'@iliruiig mit ihrer katastrophalen Wirkungsgescliiclite (vgl. z.B. seinen Vorkriegsaufsatz »Denken und Leben«). Ich kann hier nur auf einige Arbeiten aus der reichen Literatur zu Nietzsches Metapliorik verweisen Sarall Kofmanii, Nietzsclie et la m@taphore, Paris 1972, W-@ilter Gebhard, Zur Gleichnissprache Nietzsclies. Probleme der 13ildlichkeit und Wissenscliaftlichkeit, Nietzsche-Studieii 9, S. 61; Slobodan Zunic, Begrifflichkeit und Metapher, Nietzsche-Studien 18, S. 149. Trotz aller Beschäftigung mit seinen rhetorischen Techniken gibt es bislang keine links-kritische Analyse, die ihrer Bedeutung im damals beginnenden postlibei-alistisclieil Zyklus Rechnung trüge.


58

Thier muss wieder heraus, muss wieder in die Wildnis zurück: - römischer, arabischer, germanischer, japaiiesischer Adel, homerische Helden, skandinawische Wikinger - in diesem Bedürfnis sind sie sich alle gleich. Die vornehmen Rassen sind es, weiche den Begriff Barbar@ auf all den Spuren hinterlassen haben, wo sie gegangen sind .... ihre Gleichgültigkeit und Verachtung gegen Sicherheit, Leib, Leben, Behagen, ihre entsetzliche Heiterkeit und Tiefe der Lust in allem Zerstören, in allen Wollüsten des Siegs und der Grausamkeit alles fasste sich für die, welche daran litten, in das Bild des Barbaren» des bösen Feindes@, etwa des Gothen« des Vandalen@ zusammen. Das tiefe, eisige Misstrauen, das der Deutsche erregt, sobald er zur Macht kommt, auch jetzt wieder - ist immer noch ein Nachhall jenes unauslöschlicheii Entsetzens, mit dem Jahrhunderte lang Europa dem Wüthen der blonden germanischen Bestie zugesehen hat (...
Und im Weiteren:
"An sich von Recht und Unrecht reden entbehrt allen Sintis, an sich kann iiatürlich ein Verletzen, Vergewaltigen, Ausbeuten, Vcrnichten iiichts,Unrechtes, sein, insofern das Leben essen ti ell , nämlich in seinen Grundfunktiolleil verletzend, vergewaltigend, ausbeutend, vcrnichtend fungirt und gar nicht gedacht werden kann ohne diesen Charakter. Man muss sich sogar noch etwas Bedenklicheres eingestchn: dass, vom höchsten biologischen Standpunkt aus, Rechtszustände immer nur Atisnahme-Zustände@ sein dürfen, als iheilweise Rcstriktioiien des eigentlichen 1,ebenswillens, der auf Macht aus ist, und sich dessen Gesamtzwccke als Einzelmittel unterordnend: nämlich als Mittel, grössere Machteiiiheitcn zu schaffen .,@3(,
Wenn Nietzsche die Heraufkunft der »]3arbaren des 20. Jahrhunderts« zur Durchsetzung einer neuen Ordnung im furchtbaren Existenzkampf beschwört, dann im Aufruf dieser fundamentalen lierrscliaftlichen, gewalttätigen, vergewaltigenden Energien neuer Eliten. Ihre Ausprägung in den »Barbaren des 20. Jahrhunderts« begreift er nur als ihren spezifischen historischen Ausdruck im i-nenschheitsgesciiiclitliclien Weg zu immer neuen Formen. Es ist daher nur folgerichtig, dass gerade das von H[N benutzte »Barbaren«-Zitat auch von der Intelligenz der faschistisclien Bewegun-


F. Nietzsche, zur Genealogie der Moral, KSA Bd. 5, München 1999, S.
274.
Ebd. S. 312.

59



   User-Bewertung: 0
Versuche nicht, auf den oben stehenden Text zu antworten. Niemand kann wissen, worauf Du Dich beziehst. Schreibe lieber einen eigenständigen Text zum Thema »Empire«!

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Empire«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Empire« | Hilfe | Startseite 
0.0186 (0.0102, 0.0072) sek. –– 900444829