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solarschule schrieb am 20.2. 2003 um 23:50:35 Uhr über

Empire

Unterklassen, gegen die sozialen »Objekte« der postmodernen Global isierung. Vom Verlauf dieses Krieges hängen die Zukunftsperspektiven der Modernisierer ab, seine Gewaltsamkeit ist Medium und Katalysator ihrer Entstehung und Umsetzung. Im Krieg setzen sie die Technologien und Sozialstrategien wertschöpfender Unterwerfung um. Im Krieg erschaffen sie sich selbst als neuer hegemonialer Typus: ihre sozialen Profile, ihre Vernetzungs- und Vergemeinschaftungsformen, ihre liegemoniale Kultur, Pliilosophie etc.
Die Unsicherheiten und Suchstrategien dieses dynamischen Prozesses (»trial and error« war ein Leitbegriff der »modernen« Epoche) schlagen sich im spekulativen CharakterpermanenterDiskurse nieder. In ihnen entwerfen die kommenden Eliten sich selbst, dienen sie sich neuen Sozialstrategien und Rationalitätsparadigmen an. Sie schneidern sich darin neue Begriffe, Ideologien, romantische Utopien, Mythen auf den Leib, in ständiger angstvoller Bewertung ihrer Zukunftschancen und -projektionen, wie an der Börse. Sie operieren dabei nicht in einem homogenen Feld, sondern in ständiger intellektueller Konkurrenz. Aber es ist eine Konkurrenz der »feindlichen Brüder«, um ein Wort von Karl Marx zu verwenden. In ihr vereinen sie sich gegen das soziale Objekt ihrer Begierde, oder - mit Hardt/Negri - ihres »Begehrens«. Und so unterschiedlich sie sich im Farbspektrum von links nach rechts positionieren mögen, so eifersüchtig sie sich gebärden mögen, es eint sie der gemeinsame Nenner. Sie inszenieren ihre Diskurse aus der Perspektive von oben, aus der Sicht des innovativen Angriffs und der gesteigerten Produktivität als Resultat der technologisch intensivierten Inwertsetzung.
In der Regel blenden die Modernisierer den politischen und gewaltsamen Charakter der Technologien aus und feiern die postmoderne Fortsclirittlichkeit ihres weltweiten Gestaltungsanspruchs als »Revolution«. Dagegen geißeln sie die Widerstände und Befreiungsimpulse gegen ihre Gewalt als Ausdruck antimodernistischer Rückständigkeit und ressentimentgeladenen Neinsagens. Dabei versteigen sie sich nicht selten zu neuerlichen Formen eines wütenden Rassismus gegen die Zurückgebliebenen. Sich selbst hingegen inszenieren sie in der Unschuld der Schöpfung einer neuen Welt, im Kult neuer Schöpfer- und Lebenskraft. Oft bebildern sie ihre Poesie mit den Mythen eines neuen 61an vital, einer ursprünglichen Kreativität, wobei sie auch vor Anleihen aus der


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Mottenkiste ranziger lebensphilosophischer Vorbilder nicht zurückscheuen. Sie erregen sich in Vorstellungen selbst-begründender Ursprünglichkeit und dem Potential weltumstürzender Gewalt, in Phantasien unschuldiger Barbarei und männlicher Macht, der sie neue sexistische Phantasien einer komplementären, postmodem zugerichteten Weiblichkeit zuordnen.
Diese Selbstermächtigung zu umfassender Zerstörung und Neuschöpfungallerlebensformen istdascharakteristikumeinersolchen Revolution von oben. In ihr erneuert das Kapital sich und sein Kommando. Eine materialistische Geschichtsauffassung, die ihre Begriffe am historischen Niveau der Klassenkämpfe orientiert, muss ihr als einer materiellen Triebkraft Rechnung tragen. Vor hundert Jahren, im Take-off des fordistischen Zyklus, hieß dies »schöpferische Zerstörung« und »Wille zur Macht«.
»Schöpferische Zerstörung» ist der politisch-ökonomische Begriff aus der Feder des mit Keynes bedeutendsten bürgerlichen Ökonomen dieser Epoche, Josef Schumpeter, für die gewalttätigen Bahnen des heroischen Unternehmers. Ihm entsprach der philosophische Begriff des »Wille zur Macht«. Hierin fasste Friedrich Nietzsche auch die Zerstörung und Neuschöpfung durch die barbarischen Energien der Avantgarden auf ihrem Weg zur Globalisierung zusammen, der »Gesamtverwaltung der Erde«, der »Erdherrschaft«. Beide, Schumpeter und Nietzsche, spielen auch jetzt wieder eine zentrale Rolle als Ideengeber im aktuellen Aufbruch zu einer neuen Epoche wertschöpfender Unterwerfung.
Warum? Die Diskursakteure ergreifen von oben, aus der Position der neuen Eliten und ihrer Technologien die Initiative, einen bekannten Gedanken neu zu formulieren und damit Orientierungsmarken für ihre Zukunftsprojektionen zu setzen. Es ist der Gedanke, dass die Geschichte keine Maschine ist, die in ihrem Ablauf immer dieselben, vorher bestimrnbaren determinierten Zustände produziert und durchspielt. Die Geschichte ist offen: offen für neue Formen und Technologien der Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung mit Zukunftschancen für ihre Eliten, Avantgarden, Zuchtmeister. Sie ist auch offen für Kämpfe um Befreiung, in denen sich die revolutionäre Sehnsucht gegen diese Technologien ihre Gestalten sucht und Verkehrsformen erfindet, die sie in dieser Weise nie zuvor in der Geschichte hat erfinden können. Wenn die neuen Eliten und ihre Philosophen Begriffe wie »Schöpferkraft«, »Kreativität« in das Zentrum ihrer Diskurse rücken, dann sind dies nur


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Tolle englische Texte gibts im englischen Blaster

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