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Gegner der Schildbürger schrieb am 11.2. 2001 um 00:46:43 Uhr über

Bi

Bi-Fi heisst die Parole!
Ellenlange, nun das war untertrieben, Kühlregallängen voll mit handlich doppelt, nein dreifach verpackten, nämlich einmal im unsäglichen Naturdarm, des anderen in der ordinären Plastikhülle und zuletzt noch eingeschweisst in der Aluverpackung, Rinderfleischsnacks, welche noch den geringsten Anstoss zum Ekel gaben, verglichen mit den durch die transparente Plastikverpackung gut als abgetrennte Gliedmassen von Hühnern und Schweinen identifizierbaren Kühlwaren, die es in der grossen Kühltruhe einzulagern galt, unter der verstohlenen Aufsicht des älteren Kollegen, der selbst jedoch kaum beneidenswert war, musste er doch in der nächsten Schicht (also der auf die von 20.00 bis 0.00 angesetzten Nachtschicht folgenden Frühschicht) auch bei Empfang und Einlagerung der von Kühltransportern täglich in aller Frühe an die dem Kundenparkplatz abseitig gelegene Laderampe gelieferten Schweine-, Rinder- und sonstigen Hälften geschundener Kreaturen des Tierreichs mitanpacken.
Tröstend das mir wenigstens dies erspart geblieben war, da meine Arbeitszeit, als Aushilfe die ich war, bereits mit dem Schlag der Geisterstunde beendet war, und ich mit zerknirschtem Gesicht mir meinen Weg durch die gespenstisch leeren Hallen zurechtfinden musste, vorbei an riesigen Regalen, und, im trüben Licht der Nachtbeleuchtung grotesk anmutenden, Warenwelten, Waschmitteln, deren kokette, auf bunten Packungen abgebildeten Maskottchen mich zu verhöhnen schienen, vorbei an Staubsaugerarmeen, die fähig und willens schienen, sich jede Minute eigenmächtig in Bewegung zu setzen, um mit grossem Getöse einen geisterhaften Kehraus zu veranstalten, weiter durch die Haushaltswarenabteilung, links und rechts flankiert von Plastikgefässen, deren genauer Verwendungszweck mir in selbem Maße fremd war wie jener der zahlreichen Produkte welche die Gänge zwischen den Regalen der Autozubehörsabteilung säumten, kleine Plastik und Gummiteile unterschiedlichsten Formats und Zuschnitts, aber kaum dass man sich darüber wunderte, war man auch schon in dem Hohlweg der Spielwaren, in welchem man schier benommen von dem Odeur der Zahlreichen aus Erdöl gewonnenen Plastikteile, den Kopf zum tiefen Einatmen in den Nacken gelegt, auch schon der Schilder an der Decke Gewahr wurde, welche auf die Regale der Nippesabteilung hinwiesen, wo noch hier und da ein von den in die Schichtpause geeilten Auffüllern zurückgelassener Ziehwagen herumstand, auf dem sich Kartons voll mit Papierservierten, Glaskugeln und billigen Kristallwaren stapelten.
Nun nur noch vorbei an den Regalen mit den Zeitschriften und CDs, wo ich übrigens des öfteren meinen schon vor mir seinen Arbeitsbereich desertiert habenden Einweiser vorfand, der sich dort mit sensationspornografischer Lektüre für die Schichtpause eindeckte, allermeist so vertieft in diese Aufgabe, daß er mir auch auf die von meiner Seite aus gelegentlich kollegial aus der Distanz zugerufenen Verabschiedungsformeln zumeist nicht antwortete.
So nahm ich meinen Weg schliesslich üblicherweise vorbei an einem der schier endlos nebeneinander aufgereihten Kassenfließbänder, in dieser Bewegung also gleich den Waren die hier bis auf den Sonntag tagein tagaus ihren Weg über die Scanner der Kassiererinnen hinaus in die Freiheit fanden, um installiert, angeschraubt, verdübelt, verspeist oder sonstwie benutzt zu werden, nur dass ich nicht auf dass Kassenband klettern musste, um meinen Hintern über den Scanner zu schieben, sondern noch einige Schritte weiter, via eines Schleichwegs durch ein miserables im Eingangsbereich des Supermarktes sich befindliches Schnellrestaurant, zu gehen hatte, um in dem Schmucklosen Gang der schliesslich auf den Angestelltenparkplatz führte, meine Karte durch die elektronische Stechuhr zu ziehen, was mir meist erst beim dritten oder vierten mal gelingen wollte. Dann endlich vorbei an den WCs und Aufenthaltsräumen der Mitarbeiter, vorbei an den Treppen, welche in das um diese Uhrzeit menschenleere Verwaltungslabyrinth der höheren Stockwerke führten, und in welchem ich mich bei meiner Bewerbung als saisonale Aushilfe im übrigen nicht schlecht verlaufen hatte.
Durch die Doppeltür konnte ich nun auf den Parkplatz treten, um im kalten Licht einer Tankstellenbeleuchtung den eisigen Wind einzuatmen, den Kopf noch voll mit schwindelerregenden Gedanken über die Natur der Ware als solcher, ja man konnte in der Tat leicht zum Marxisten werden, wenn mann kurz nach zwölf Uhr auf dem einsamen Parkplatz vor dem gigantischen Wellblechcontainer stand, wo gerade die eigene Arbeitskraft scheinbar wie von Zauberhand teil des Produktionszusammenhangs geworden und hinter dem eigenen Rücken nun wie Pech an Tütensuppen, eingeschweissten Hühnerbeinen und Kartoffelchips klebte. Dergestalt verloren im Taumel von Wert, Preis, Natur, Kultur, deren aller Vermittlung und dem ganzen übrigen Schwoof galt es nun auf den letzten Bus nach Hause zu warten, der einen, zusammen mit aus anderen Lagerhallen und Fabriken ausgespucktem Gesindel zurück in die Nürnberger Peripherie bringen sollte.


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