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deinestimmegegenarmut(™ schrieb am 21.9. 2010 um 07:40:06 Uhr über

Puppe

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Hans Bellmer
La Poupée
1935 (gedruckt 1949 oder früher)
Vintage Print, Silbergelatine, handkoloriert
13,7 x 13,3 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935
Vintage Print, Silbergelatine
11,2 x 11,2 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1934
Vintage Print, Silbergelatine
9,2 x 6,3 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1934
Vintage Print, Silbergelatine
8,3 x 5,7 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935 - 1938
Vintage Print, Silbergelatine
5,7 x 6,3 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935
Vintage Print, Silbergelatine, handkoloriert, auf originaler Unterlage montiert
5,4 x 5,4 cm (Bild)
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935
Vintage Print, Silbergelatine, handkoloriert, auf originaler Unterlage montiert
5,7 x 5,4 cm (Bild)
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935 - 1938
Vintage Print, Silbergelatine, handkoloriert, auf originaler Unterlage montiert
5,4 x 5,4 cm (Bild)
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935 - 1938
Vintage Print, Silbergelatine, handkoloriert, auf originaler Unterlage montiert
5,4 x 5,4 cm (Bild)
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935
Vintage Print, Silbergelatine
5,7 x 6,7 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935
Vintage Print, Silbergelatine
6,3 x 6,3 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Mitrailleuse en état de grâce
1937
Vintage Print, Silbergelatine
6 x 6 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935
Vintage Print, Silbergelatine
6,3 x 5,7 cm
Courtesy of Galerie Berinson
Hans Bellmer
La Poupée
1935
Vintage Print, Silbergelatine
8,9 x 6 cm
Courtesy of Galerie Berinson Hans Bellmer in der Galerie Berinson, Berlin
Pygmalions PuppenspieleEric Aichinger
5. März 2007
Hans Bellmer, „Die Puppe. Berlin 1934-38“, Galerie Berinson, Berlin. Vom 13. Januar bis 14. April 2007

Die Glasfront der Berliner Galerie Berinson ist licht- und blickdicht zuplakatiert. Was konservatorischen Gründen geschuldet ist, hat einen dramatischen Nebeneffekt. Die Fotografien, die drinnen präsentiert werden, sind allesamt empfindliche Vintage Prints. Überdies aber trennt die Sichtschranke auch die öffentliche Straße von einem geheimen Kabinett, das ganz verbotenen Wünschen, erotischen Wahngebilden, tabuisierter Lust und der triebhaften Verstümmelung eines Fetisch gewidmet ist. Gezeigt werden 57 kleinformatige fotografische Porträts jener beiden Gliederpuppen, die der Maler, Grafiker und Bildhauer Hans Bellmer (1902-1975) in Lebensgröße gebaut und zwischen 1934 und 1938 fotografiert hat.

Die erste Puppe entstand 1933, im Jahr der Machtergreifung. Bellmer, im Brotberuf Gebrauchsgrafiker, entschließt sich, jede dem faschistischen Staat auch nur entferntnützliche Arbeit“ einzustellen und sich allein auf sein künstlerisches Werk zu konzentrieren. Dass aus dieser Entscheidung eine sich dem Körperkult der Nazis ästhetisch widersetzende Konstruktion aus Holz, Metall und Gips hervorgeht, die er Die Puppe nennt, wird auf verschiedene Ereignisse zurückgeführt.

Eine von der Mutter zugeschickte Kiste mit Kinderspielzeug soll Bellmers Erinnerung an erste Erlebnisse mit dem anderen Geschlecht geweckt haben. Der Besuch einer Vorstellung von Jacques Offenbachs Oper Hoffmanns Erzählungenin der EpisodeDer Sandmannverliebt sich der Student Nathanel in die lebensgroße Puppe Olympia und wird darüber wahnsinnigsoll ein weiterer Auslöser gewesen sein. Und nicht zuletzt die Begegnung mit seiner damals 15-jährigen Cousine Ursula ist Teil der Legende. Um sich der erotischen Verführungskraft der frühreifen Lolita zu entziehen, sie gleichsam zu sublimieren, flüchtet der Künstler in das besessene Arbeiten an seinem Kunstgeschöpf.

Bellmers zweite Puppe ist raffinierter gearbeitet. Sie geht zurück auf einen Besuch im Berliner Kaiser-Friedrich-Museum, heute Bode Museum, im Frühjahr 1935. Zwei Holzpuppen aus der Dürerzeit inspirieren ihn zu einer technischen Lösung, die eine größere Beweglichkeit der Gelenke und eine „monströsere“ Anordnung der Gliedmaßen erlaubt. Einem zentralen Kugelgelenk, der „Bauchkugel“, werden ein Schoß, ein pralles Rumpf-Hüftbecken-Doppelgebilde, zwei in alle Richtungen schwenkbare Beinpaare und schließlich der Kopf mit schwarzer Perücke angefügt. In kürzester Zeit entstehen mehr als hundert Aufnahmen, die das Wesen in immer lasziveren, morbideren Posen vor verschiedensten „Hintergründenzeigen, bevor Bellmer es zu einem anthropomorphen Gebilde mutieren lässt, das nur mehr blank, verschwollen und aufgequollen danieder liegt.
Anfangs mag Bellmer das fotografische Medium nur zur Dokumentation der Entstehungsphasen seiner Puppe eingesetzt haben. Doch schon die frühesten Aufnahmen beweisen durch die Wahl der Perspektive und des Bildausschnitts, den effektvollen Einsatz von Spotlicht auf einzelne Körperpartien und die Übergänge zwischen Schärfe und Verschwimmen die Absicht, der Puppe das Gegenständliche zu nehmen und sie zur Projektionsfläche zu machen. Und was wäre besser geeignet als die Fotografie, um den Betrachter in die Rolle des Voyeurs und Komplizen zu drängen? Indem sie ihn dazu zwingt, an etwas teilzuhaben, was vermeintlich wirklich ist, wenn auch der Tatort in der Fantasie liegt. Und wenn Bellmer die fotografische Haut über der Puppenhaut in grellem Pastell handkoloriert, unterstreicht und fördert er nur das Changieren zwischen Augenlust und angewidertem Wiederhingucken.

Über 20 Jahre hat Hendrik A. Berinson die bedeutendste und umfangreichste Sammlung von Bellmers Fotografien zusammengetragen. So ist schon die Anzahl der allesamt aus dem Nachlass von Bellmers Tochter stammenden Bilder (Preise zwischen 25.000,- und 130.000,- Euro) beeindruckend. Das eigentlich Vorzügliche dieser Schau aber ist die subtile Zusammenstellung. Sofern man sich für surrealistische Fotografie begeistert, bietet dieses Kabinett eine genaue Anamnese eine ihrer Kernideen: Mische zur Strafe das immer Gleiche.

Lange vor den Puppenspielen etwa von Pierre Molinier, Cindy Sherman oder Paul McCarthy, die ebenso mithilfe absurd in Szene gesetzter Körperverformungen Eros, Ekel und Tod im menschlichen Abbild reflektieren, demonstrieren Bellmers Fotografien seinen Willen, Unermessliches lautlos ins Licht zu heben.

Die Galerie wirbt für ihre Ausstellung mit einem Zitat von Heinz Berggruen. Demzufolge ist Hans Bellmer, der vor 30 Jahren vereinsamt in Paris starb, der meistunterschätzte Künstler des 20. Jahrhunderts. Nach der letztjährigen Retrospektive in Münchender ersten Museumspräsentation Bellmers in Deutschland seit einem Vierteljahrhundertist diese eindrucksvolle Ausstellung ein weiterer Schritt dahin, einen der wichtigsten deutschen Surrealisten und, wenn man will, am stärksten geheimnisbehafteten Künstler ins rechte Licht zu rücken.


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