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wuming schrieb am 14.7. 2007 um 23:54:44 Uhr über

neoismus


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Neoismus ist der Name eines subkulturellen Netzwerks künstlerischer Performance- und Medienexperimentatoren und steht, in allgemeinerem Sinne, auch für eine praktische Underground-Philosophie. Neoismus arbeitet mit kollektiven Pseudonymen und Identitäten, Streichen und Irritationen, Paradoxen, Plagiaten und Fälschungen. Er hat zahlreiche widersprüchliche Definitionen seiner selbst geprägt, um sich jeder Einordnung und Historisierung zu entziehen.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Hintergrund
2 Geschichte
3 Einflüsse auf andere Subkulturen
4 Wichtige Neoisten
5 Zitate
6 Weblinks



Hintergrund [Bearbeiten]Definitionen des Neoismus und neoistischer Aktivitäten sind zur Zeit umstritten. Hauptgrund dafür sind Spaltungen innerhalb des neoistischen Netzwerkes, die sehr unterschiedliche, taktisch verzerrte Darstellungen des Neoismus und seiner Geschichte zur Folge hatten. Am bekanntesten ist das Schisma zwischen dem Autor Stewart Home und dem Rest des neoistischen Netzwerks, das sich auch in der Version des Neoismus von Homes Büchern im Unterschied zu diversen neoistischen Ressourcen im Internet niederschlägt. In nicht-neoistischer Terminologie könnte Neoismus eine internationale Subkultur genannt werden, die in ihren Anfängen an experimentelle Kunst (wie Dada, Surrealismus, Fluxus und Konzeptkunst), Punkkultur, Industrial- und Electropop-Musik, politische und religiöse Freidenkerbewegungen sowie Science Fiction-Literatur, Pataphysik und spekulative Wissenschaft anknüpfte, solche Traditionslinien aber zugleich zurückwies. Neoisten kamen ferner aus dem Umfeld der Graffiti- und Straßenkunst, der L=A=N=G=U=A=G=E poetry, von Experimentalfilm und -Video, der Mail Art, der frühen Church of the SubGenius sowie schwul-lesbischer Kultur. Später wandelte sich Neoismus von einer aktiven Subkultur zu einem selbstverfassten modernen Mythos. Als Nebeneffekt davon haben seit den späten 1980er Jahren viele subkulturelle, künstlerische und politische Gruppen auf Neoismus Bezug genommen, oft jedoch nur vage, und dadurch seinen Mythos fortgeschrieben.


Geschichte [Bearbeiten]Der Neoismus entstand im Jahr 1979 aus dem Netzwerk der Mail Art heraus, vor allem jenen Teilen der Mail Art, denen es nicht um den Austausch von Kunstobjekten ging, sondern um Lebenskünstlertum, Streiche, irritierenden Humor sowie Experimente mit Pseudonymen und Identität.

Nach seiner Gründung durch die multiple Person Monty Cantsin in Montreal (Kanada) und Baltimore (USA) verbreitete sich der Neoismus in Amerika, Europa und Australien und bestand aus gut zwei dutzend Neoisten. Noch bis in die späten 1980er Jahre und vor der allgemeinen Verfügbarkeit des Internet nutzte der Neoismus das Netzwerk der Mail Art für seine Kommunikation und Propaganda. Neoisten bezeichnen ihre Strategie alsradikales Spielunddie große Verwirrung“. Umgesetzt wurde sie in halbprivaten Apartment Festivals, die zwischen 1980 und 1998 in Nordamerika, Europa und Australien stattfanden, sowie in Publikationen, die Verwirrung und radikales Spiel anstatt bloß zu beschreiben, selbst verkörpern sollten. So experimentierten sowohl die neoistischen Festivals, als auch neoistische Schriften mit radikaler Unterminierung von Identität, Körpern, Medien und den Kategorien des Eigentums und der Wahrheit. Anders als in typischen postmodernen Strömungen war dieses Experiment praktisch und daher existentiell. Zum Beispiel war Monty Cantsin nicht bloß ein kollektives Pseudonym oder eine mythische Person, sondern eine Identität, die von Neoisten real gelebt wurde. Neoisten setzten zu diesem Zweck Performance, Video, Kleinzeitschriften (wie SMILE, das internationale Magazin multipler Herkunft) und Computerviren ein, aber auch Lebensmittel (Chapati), flammende Dampfbügeleisen sowie, als telepathische Antennen, Metallkleiderbügel. Mit Thomas Pynchon könnte Neoismus ein „anarchistisches Wundereines internationalen Netzwerks von Exzentrikern genannt werden, die mit oft extremer Intensität unter der gemeinsamen Identität von Monty Cantsin und Neoismus zusammenarbeiteten.

In den frühen 1980er Jahren gründete der Neoist Reinhard U. Sevol den Anti-Neoismus, den andere Neoisten sich aneigneten, indem sie Neoismus zu einer puren Erfindung von Anti-Neoisten erklärten. Der niederländische Neoist Arthur Berkoff bildete die Ein-Mann-Bewegung Neoismus/Anti-Neoismus/Pregroperativismus. Al Ackerman erklärte sich zum Salmineoisten (nach dem Filmschauspieler und Sänger Sal Mineo). 1994 gründete Stewart Home die Neoist Alliance als einen okkulten Orden, zu dessen Meister er sich erklärte. Zeitgleich firmierten italienische Aktivisten des Luther Blissett-Projekts unter dem Namen Alleanza Neoista. 1997 organisierte der Kritiker Oliver Marchart einen „Neoistischen Weltkongressin Wien, an dem keine Neoisten teilnahmen. 2004 erhielt ein Monty Cantsin den Orden des Großgouverneurs von Kanada für herausragende Verdienste in der Kunst und ein internationales „Neoist Department Festivalfand in Berlin statt.


Einflüsse auf andere Subkulturen [Bearbeiten]Neoistische Spielformen wie multiple Namen, Plagiate und Pranks gingen in andere Subkulturen ein, wurden dabei oft für Neoismus als solchen gehalten und mit situationistischen Konzepten vermischt. Die Plagiarism- und Kunststreik 1990-1993-Kampagne der späten 1980er Jahre, von Stewart Home kurz nach Verlassen des neoistischen Netzwerk initiiert, gehört hierzu, ferner die Plunderphonics-Musik, die wiedergegründete London Psychogeographical Association, die Association of Autonomous Astronauts, das Luther Blissett-Projekt, das Michael K-Projekt, die deutsche Kommunikationsguerilla und, seit den späten 1990er-Jahren, Netzkünstler wie 0100101110101101.org. Andere Künstler, die sich ausdrücklich, wenn auch vage auf den Neoismus beziehen, sind die englische Musikgruppe The KLF sowie das Aktionskünstlerpaar Alexander Brener und Barbara Schurz.


Wichtige Neoisten [Bearbeiten]Al Ackerman, Portland, Austin und Baltimore
Artemus Barnoz, Montreal
Arthur Berkoff, Amsterdam
John Berndt, Baltimore
Luther Blissett (Multipler Name)
Kiki Bonbon, Montreal
Zbignew Brethegrehir, Montreal
Monty Cantsin (Multipler Name)
tENTATIVELY a cONVENIENCE, Baltimore und Pittsburgh
Karen Eliot (Multipler Name)
Kay Engelhardt (videolapaz) Gutenberg
Graf Haufen, Berlin
Stewart Home, London
Pete Horobin Schottland
Istvan Kantor, Montreal und Toronto
Georg Ladanyi Berlin und anderswo
Napoleon Moffat, Montreal
Florian Cramer
Kain Schwarz (Cre8ephex)
Reinhardt U. Sevol, Montreal und Paris
Stiletto, Berlin
Via Vidorae, Montreal
Boris Wanowitch, Montreal
David Zack Portland und Mexiko
Gordon W. Zealot, Toronto und Berlin

Zitate [Bearbeiten]„Neoismus ist ein Präfix und ein Suffix ohne Substanz in der Mitte.“ - tENTATIVELY, a cONVENIENCE
Wir sind die Neoisten, hört nicht auf uns.“ - Monty Cantsin
Zeit ist nicht Geld, und wir haben sie reichlich.“ - Kiki Bonbon
Gäbe es keinen Neoismus, dann wäre es unsere Pflicht, ihn nicht zu erfinden.“ - Artemus Barnoz
Ja? Geld kostet aber nichts. 'Georg Ladanyi
„workings of the world - untie!“ - Kain Schwarz

Weblinks [Bearbeiten]Neoistische Website (engl.)
Anti-Neoismus (die gleiche Webseite; engl.)
Entwurf eines neoistischen Wörterbuchs (www.thing.de)
Weltkongress
Neoisten im Film vgl. Nr.8
Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/Neoismus
Kategorien: Kunst nach 1945 | Subkultur



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