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fitzliputzli schrieb am 15.12. 2000 um 02:26:05 Uhr über

Deutschland

Deutschlandlied



Weil ich selbst von ihnen einer bin, denen ich so mehrfach gesonnen, so widersprüchlich, so entschlossen unentschieden gegenüberstehe, weil sie anders als ich nicht sind, sich selbst hassend und liebend die Welt erobern, weil sie Frieden stiften und meucheln, in der Logossuche vor Dämonenpakt nicht schrecken, Satan und Gott sie todverachtend er- und niederringen, weil für sie die Wahrheit (was freilich diese sei, bei ihnen schnellem Wechsel unterliegt) ihnen unteilbar ist, weil Kohlhaas zu ihnen gehörte und Luther, Marx und Meinhof, weil Konsequenz, auch ohne Inhalt, sich selbst als Inhalt schon genügt, weil Grenzen sie ziehen: wahr-falsch, Ernst-Spaß, weil sie halbieren: halbe Nationen, halbe Geschichte, halbe Revolutionen, halbe Nationalhymnen (von deren Amputat die meisten von ihnen glauben, es sei verboten, verboten, weil, was nicht Hymne, verboten sein muß, was national, ist auch gestattet, anderes verboten, verboten!), weil sie also alles zerteilen, in Lager sperren, denn sie sind ein Volk der Lager, gleichzeitig verbieten, was trennt, denn verboten, verboten ist der Weg fort vom Kern, weil sie eifersüchtig sind, hündisch, weil Angriff mit Unterwerfung benachbart, weil ich sie bin, und sie sind ich, weil vonwirsie nie reden, sondern sich selbst besonders gegenübersitzen, weil sie schuldig sind, geliebt werden zu wollen doch sichs verbieten, schuldig sind an ihren Vätern, schuldig sind an ihrer Schuldigkeit, weil sie Identität mit sich suchen und leugnen, suchen weil leugnen oder leugnen weil suchen, an ihrem Wesen heimlich immernoch genesen lassen wollen Wald, Welt und Wiesen, weil sie grün sind, links und rechts, romantisch und aufgeklärt, Fremde anzünden und Lichterketten, steif und gründlich sind, weil Humor bei ihnen und Unernst verboten, verboten alles ist, was nicht beglaubigt und erlaubt, weil man fragen könnte, und ich sagen wollte, und man wissen müßte, und sie fragen würden, was es auf sich hat, mit meiner gespaltenden Seele und der Ihren, weil nie wirklich europäisch-freien Geist sie liebten, denn Volkesmacht nach Kompromissen stinkt in ihren Nasen und sie hassen das Halbe, weil immernoch Romantiker sie sind im Grunde, dem guten Wilden winnetouisch-germanische Tugenden anlügen, der messianisch idealisiert, oder, anderntags, vergast, weil heimlich rechts sie bleiben unter jedwedem Etikett, weil links sich hier inzwischen nennt, wer Blut und Boden schwört, wer Fortschritt fürchtet, Industrie verneint, wer Buchenwälder mit Arbeitsplätzen zu zahlen bereit, wer protestiert wenns schnurrbärtigen Diktatoren an den Kragen geht, die Nachbarn überfallen, weil links sich hier jetzt nennen kann, ganz ungeniert, wer antimodernistisch denkt und Juden haßt, Amerika und England oberflächlich findet und die Franzosen sowieso zu frech, weil links sich hierzulande definiert, wer grün braun und nicht rot ist, weil emanzipiert sich hierzulande nennt, wer das Naturprinzip der Mutter predigt, dem Führer ein Kind, die Frau als herderhaltendes Prinzip, als Unvernunft, der Mann jedoch als Schweifender, weil inzwischen links sich nennt, wer dem Volksempfinden das Ich darbringt zum Opfer, weil mit Ernst sie Hedonismus selbst betreiben, weil sie zur Widerholung verdammt sind, weil Beständigkeit für sie kein Makel, Innovation jedoch in ihrer Sprache nur ein Fremdwort ist, weil viele Kanzler lang amtierten, weil bei ihnen selbst der Sozialismus nur ein Obrigkeitssystem sein kann, weil nach seinem Fall die Untertanen immernochnicht Bürger wurden, rechts gewählt und Maul gehalten wird, Gehorsam deutsch, Courage jedoch in ihrer Sprache nur ein Fremdwort ist, weil sie der Staat nicht selber sind, den sie erziehungsberechtigt nennen, weil sie das Leben fürchten, den Stillstand aber lieben, Zustand dem Wandel vorziehen, fliehen das Fließgleichgewicht, das dialektisch streitet, weil Einigkeit ein deutsches Wort, das sie, gespalten, stets beschwören, Diskurs jedoch in ihrer Sprache nur ein Fremdwort ist, weil sie Konflikt für Schwäche halten, dennoch Ringer sind um Warhheit, weil grundlos gründlich sie ergründen, weil sie auf herrlich unberechenbaren Fluß mit Panik reagieren nur, die Starre jedoch lieben, die Regel, die Feste, den Grund und die Grube, den Graben, das Grab, den Krieg, den totalen Tod, den Tod, der, man sagt es, aus ihrem Land ein Meister, weil, ja weil: weil das so ist, spreche ich von mir so gerne in der dritten Person Plural.



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