Ringen

Vor allen andren Leibesdingen
mag ich beim Sport das Freistilringen.
Wie sich dort ranke Manneskraft
anmutig ihren Ausdruck schaftt,
ohne das Zähnefletschen
von Boxen oder Catchen.
Mir ist verschlungner Männerleib
ein ausgesprochner Zeitvertreib,
Was ficht mich Golf, was Tennis an,
wenn ich zwei Ringer sehen kann?
Die sich im Kampf umschlingen
und doch vor allen Dingen
bei allem grimmigen Umfassen
stets Leib und Fairness blicken lassen.
Drum: willst du heut noch Helden sehn,
mußt du mit mir zum Ringen gehn!
Und wäre ich ein junger Mann,
ich fing sofort mit Ringen an.
Ich wär an diesen Sport verloren
trotz mancher eingerissner Ohren.
Ich wüßte tausend Ringgeschichten
und duschte mit den Schwergewichten.
Doch leider bin ich mehr ein Hemd
und griechisch-römisch ist mir fremd:
so ist es halt, a la bonheur:
wem Körper fehlt, wird halt Voyeur.

»Suche Partner zum Ringen, schlank, 70 kg, 30-40 Jahre,« Chiffre xxx.
Stand neulich unter Bekanntschaftsanzeigen.
Nun ja, mehr Sport würde mir gut tun. In jungen Jahren haben wir im Sportverein oft gerungen. Und Alter und Gewicht passen auch.

Also habe ich an den potentiellen Sportsmann geschrieben. Ich bekam auch sofort eine freundliche Einladung zu einem Treffen.
Zu meinem Erstaunen war es eine Frau, die einen Partner für ihren Sport suchte. Sie beklagte sich, dass sich für ihren Sport kaum jemand interessiert. Schon überhaupt keine Frauen.
Sicher sehr reizvoll. Und einen Fitness-Raum zum Trainieren hatte sie auch. Noch besser.

Also verabredeten wir uns für den nächsten Nachmittag bei ihr zu Hause zum ersten Übungskampf. Als sie die Tür öffnete, stand sie bereits im ziemlich professionellen Ringer-Dress vor mir. Ich konnte bestenfalls mit Sporthose und Turnhemd dienen. Eventuell noch mit nacktem Oberkörper. Mein nackter Oberkörper gefiel ihr besser als das abtörnende Turnhemd.

Anfangs beschnupperten wir uns um den heißen Brei herum. Dann kam sie schnell zur Sache. Ich musste mich mächtig anstrengen, um nicht sofort auf dem Rücken zu landen. Allerdings war auch sie nicht in den Griff zu bekommen. Nach einer Stunde waren wir ziemlich ausgepowert, ohne dass es einen Sieger gab. Aber so war es wohl gedacht, und es machte uns beiden großen Spaß.

Am nächsten Nachmittag war ihr Outfit freizügiger, ungefähr meinem nackten Oberkörper angepasst. Es dauerte nicht lange und sie kniete stolz auf mir. Nach einigem Krafttraining wäre ich ihr vermutlich ebenbürtig. Gerne ließ ich mich darauf ein, und nach und nach fiel es ihr immer schwerer, mich niederzuringen. Und irgendwann lag auch sie endlich einmal unten.

Wir passten gut zusammen. Unsere Stärke war mittlerweile ausgeglichen, und wir wurden immer intimer. Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir völlig nackt gegeneinander antraten. Damit hatte sie ihr ursprüngliches Ziel und ich meinen heimlichen Traum erreicht.

Das Wesentliche an einem Piercing scheinen die Löcher durch die Haut zu sein, nicht die Schmuckstücke, denn sonst würde es wohl eher Ringing oder Posting heissen; (Be)Ringen oder (Ver)Staben hieße es wohl dann, wenn das Englische bei Modeerscheinungen weniger dominant wäre.