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Yadgar schrieb am 10.1. 2008 um 18:18:58 Uhr über

Vitalteranien

Das Land des Anderen Lebens, eine von Pionieren utopischer Lebensformen besiedelte Parallelwelt, geographisch völlig mit der Erde identisch, jedoch bis auf die Siedlungstätigkeit jener Pioniere völlig unberührt von menschlicher Einwirkung... dem als Kontrast gegenüber gestellt Normalien, ein satirisch auf die Spitze getriebenes Deutschland, und mittendrin Wilhelm, ein pickeliger fernsehköpfiger Teeniedödel, voller Sehnsucht nach einem Leben jenseits der kleinbürgerlichen Beschränktheit seines Elternhauses... aber leider findet er nie den Dreh für den Übertritt in die vitalteranische Parallelwelt, anfangs scheitert es an mangelndem Selbstvertrauen, später dann daran, dass inzwischen das coole Yuppie-Zeitalter angebrochen war und er nirgends mehr auf Gleichgesinnte für die große alternative Ausflippe trifft. Und dann ist da noch Yaghestan, ein fernes wildes Land weit im Osten (na, was mag sich dahinter wohl verbergen?!), über das der einschlägigen Literatur zufolge seinerzeit nicht wenige angehende Vitalteranier die Parallelwelt erreicht haben sollen...

So entwarf ich zwischen 1991 und 1994 ein Szenario für ein Adventure-Spiel mit autobiographischen Zügen - oder besser gesagt, eine Biographie-Simulation im Stil von »Alter Ego« für den Commodore64, die jedoch in ein wesentlich umfassenderes Konzept münden sollte, nämlich eine globale Politik- und Ökologie-Simulation - der Held des Spiels erfährt nämlich nach erfolgreichem Übertritt nach Vitalteranien nach und nach, dass er, Wilhelm, zu nichts Geringerem als der Rettung des Planeten vor der globalen ökologischen Katastrophe berufen sei...

Um das ganze Projekt überhaupt in Angriff nehmen zu können, beschloss ich schon 1992, C zu lernen... dies scheiterte damals aber noch an mangelnden Übungsmöglichkeiten, und als ich dann endlich auf einer Public Domain-Diskette der »Fish«-Serie den Dice-Compiler für den Amiga an Land ziehen konnte, passierte das Malheur mit meinem russischen Kühlschrank und dem Chipinfarkt durch Überspannung...

An sich wäre es ein originelles (wenn auch für einen einzelnen Programmierer deutlich überdimensioniertes, um nicht zu sagen größenwahnsinniges) Projekt geworden, aber leider zäumte ich das Pferd von der ganz falschen Seite auf, da ich den Text, in dem ich das Szenario beschrieb, in die Form eines (ziemlich hölzernen) autobiographischen Romans kleidete und ich mich nie zu einem nüchternen Konzeptpapier durchringen konnte, stattdessen wurde ein bombastischer Seelenstriptease in allenfalls mäßig interessantem Stil draus, und Mitte der 90er war abzusehen, dass auf diese Tour wohl niemals ein Adventure namens »Wilhelm« (oder wie auch immer) entstehen würde. Schließlich gab die mir von einem Hermann Hesse-begeisterten Freund empfohlene Lektüre der »Morgenlandfahrt« dem Projekt »Wilhelm« endgültig den Rest: damals begriff ich erstmals, dass das »Andere Leben« zunächst einmal eine poetische, spirituelle, wenn nicht mystische Angelegenheit ist und erst ganz zuletzt überhaupt irgendwelche politischen Implikationen hat. Die ganze Vorstellung von einer konkret-geographischen Alternativwelt war damit auf unabsehbare Zeit vom Tisch.

Besagter Text war zuletzt 43 DIN A4-Seiten lang; seine letzte Fassung existiert nach wie vor auf meiner privaten Festplatte, ich habe ihn jedoch nie veröffentlicht; in den frühen 90ern nicht, weil ich damals keinen blassen Schimmer von der Existenz des (spätestens 1993 auch in Deutschland nicht mehr unbekannten) Internets hatte und das Opus auch noch gar nicht fertig war; nach 1996 nicht, weil mir wie gesagt das ganze Konzept obsolet erschien - und auch heute nicht, im Zeitalter des Blasters und der allgegenwärtigen Bloggerei, weil der vorhandene Text einige sehr persönliche Dinge enthält, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt öffentlich zu machen in jeder Hinsicht kontraproduktiv wäre.

»Wilhelm« wird aller Voraussicht nach niemals programmiert werden, da ich bis auf weiteres restlos ausgelastet sein werde mit der »Greenbook«-Orgeldatenbank, Khyberspace und nicht zuletzt der Afghanistan-Chronik (es wird höchste Zeit, dass ich mich endlich einmal wieder mit dem realen Afghanistan beschäftige, so deprimierend es auch oft ist!).

Ein kleiner Trost für alle Neugierigen: meine laaaaange Assoziation zum Stichwort »Ilthanalg« beinhaltet nichts anderes als das erste Kapitel »Außerirdischer Prolog« aus dem ursprünglichen »Wilhelm«-Text... vielleicht bekommt der eine oder andere Blasterianer ja Lust, daraus ein Konzept für ein Science-Fiction-MUD oder Vergleichbares zu basteln...


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