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curVal schrieb am 11.11. 2000 um 17:58:31 Uhr über

Seele

Das grichische Wort für »Seele« bedeutet ursprünglich >Hauch< und bezeichnet dann auch das, was man im Sterben aushaucht, bzw. das, was beim Tode den Leib verlässt. In der christlich-abendländischen Tradition steht das Wort für das eigentliche Selbst, von dem angenommen wird, dass es Träger der Persönlichkeit sei und über den leiblichen Tod hinaus dauere. Diese Vorstellung geht wohl auf PLATON zurück, der im Dialog 'Phaidon' Sokrates kurz vor dessen Tod die Auffassung vertreten lässt, dass die Seele Teil einer höheren Welt sei, den unkörperlichen Ideen jenseits von Raum und Zeit verwandt und insofern auch Widersacher des Leibes. Platon wirbt für die These, dass der Mensch seinem Wesen nach mit der Seele identisch sei und folglich gut daran tue, den Verstrickungen, welche die körperliche Existenz mit sich bringt, so weit als möglich zu entgehen. Was letztlich zählt, ist die »Angleichung an das Göttliche«, d.h. die Ausrichtung des Lebens im Hinblick auf das unkörperliche Sein der Ideen. Diese Auffassung Platons wurde auf die Erfordernisse des christlichen Glaubens zugeschnitten und beeinflusste auch die neuzeitliche Philosophie. Platons Position ist aber nicht schlechthin repräsentativ für das antike Denken über die Seele. Bereits sein Schüler ARISTOTELES distanzierte sich in wesentlichen Punkten von ihm. Und sowohl die Stoiker wie auch die Epikureer hielten dem platonischen Leib-Seele-Dualismus die Annahme entgegen, dass auch die Seele körperlicher Natur sei.

Nun ist Platons Denken seinerseits eingebettet in eine bereits bestehende philosophische Tradition, welche die Seele als Prinzip des Lebens und der Bewegung auffasst. Die philosophische Auffassung von der Seele steht in auffälligem Kontrast zu dem Mythos und im Volksglauben verwurzelte Vorstellungen, wie sie in den homerischen Epen Ausdruck finden. Homer zeichnet ein Bild des Menschen, das sehr verscheiden ist von dem Bild, das uns heute vorschweben mag, wenn wir von »Leib« und »Seele« sprechen. Dies zeigt sich besonders deutlich in solchen Zusammenhängen, in denen die gemüthaften Züge, die vitalen oder mentalen Funktionen des Menschen beschrieben werden; denn hier scheint keinerlei Hinweis auf das durch, was wir heute unter »Seele« verstehen. In den Dichtungen Homers erscheint die Seele als schattenhafter Doppelgänger des Menschen und wird bisweilen auch »Abbild« genannt. Sie wird als Lebenshauch beschrieben, der den Menschen im Falle einer Ohnmacht oder auch im Traum verlässt und sich dabei gewissermaßen verselbständigt. Das Wort »Leib« bezeichnet der Leichnahm, den die Seele verlassen hat. Nach der Bestattung des Leibes begibt sich die Seele in die Unterwelt. Was dabei mit der eigentlichen Denkkraft oder dem Gemüthaften geschieht, ist unklar; die Existenz solcher Faktoren wie Sinn, Mut und Kraft scheint buchstäblich an die Existenz des belebten Körpers gebunden zu sein und mit der leiblichen Destruktinon zu vergehen. Eines wird jedoch klar: Wenn Homer das Sterben eines Menschen beschreibt, so heißt es etwa, dass seine Seele in den Hades ging, während »er selbst« auf dem Schlachtfeld blieb. Dies impliziert offenbar, dass der wirkliche Mensch mit dem raum-zeitlich identifizierbaren Gebilde identisch ist. Seine Seele dagegen fristet in der Unterwelt nur eine schattenhafte, bemitleidenswerte Quasi-Existenz. Diese Beschreibung kontrastiert nicht nur mit der christlich bestimmten oder der platonischen Vorstellung von der Seele, sondern auch mit der Auffassung der Seele als Prinzip des Lebens und der Bewegung.

So wird der Begründer der griechischen Naturphilosohie, THALES VON MILET (6. Jh. v. Chr.) die Behauptung überliefert, alles habe eine Seele, d.h. auch diejenigen Dinge, die nach landläufiger Auffassung als unbelebt gelten. Zu dieser Auffassung scheint er durch die Beobachtungen des Megnetismus gelangt zu sein; das heißt wohl, dass er auf Formen von Prozesshaftigkeit aufmerksam wurde, die sich nicht auf dem Boden mechanistischen Annahmen erklären lassen. Die These der »Allbeseeltheit«, die später unter dem Titel »Panpsychismus« ein Rolle spielte, besagt demnach, dass nicht nur die sogenannten belebten Dinge von Kräften durchwirkt sind, sondern die gesamte Natur. Sie fügt sich gut zu der Thales ebenfalls zugeschriebenen Behauptung, der Ursprung aller Dinge sei Wasser, insofern damit gemeint ist, dass alles in der Welt als Phänomen dieser Verursachung zu begreifen sei. ANAXIMENES VON MILET ging dann einen Schritt weiter und nahm Luft (>Dunst<) als Ursprung alles Seienden an, da aus dieser alles entstehe und in sie sich alles wieder auflöse. Als Begründung für diese These ist überliefert, dass Luft alles umfasse, so wie die Seele, die der Luft entspricht, uns umfasse und »zusammenhalte«, d.h. die Teile des Organismus zu einer Einheit verbinde (Art >Geist<). Hier ist noch die alte Vorstellung von der Seele als Lebenshauch wirksam; doch tendiert Anaximenes bereits auf die Konzeption einer Weltseele hin, wie man die dann ausdrücklich bei Platon im Dialog 'Timaios' finden wird. Im Unterschied zur platonischen Theorie ist jedoch die Seele bei Anaximenes körperlicher Natur, sodass man sein Denken in dem Sinne als monistisch bezeichnen kann, dass alles Seiende, mit Einschluss des Ursprungs, körperlich ist.



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