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Beckstein und der Führerkult
Der bayerische Innenminister verlangt Ausländer in Deutschland müssten sich der »deutschen Leitkultur« anpassen.
Dass hier Vorgänge in den Niederlanden genutzt werden eine widerliche rechtsnationale öffentliche Hysterie zu schüren, muss nicht wirklich erwähnt werden. Wie weit Herr Beckstein jedoch mit seinen Vorstellungen von „Leitkultur“ noch entfernt ist vom unseligen „Führerkult“ muss nunmehr wohl in Frage gestellt werden.
Ich möchte die Frage aber zunächst anders stellen: Wo beginnen eigentlich die Lügen rund um den Tod des Niederländers Theo van Gogh?
In der deutschen Presse beginnen sie sicherlich mit dem Wort „Filmemacher“.
Van Gogh war schließlich alles andere als ein „Filmemacher“ in der Tradition eines Fassbinder, Wenders oder Moore. Van Gogh, wie auch seine Filme versuchte gar nicht erst den Anschein von Aufklärung oder kritischer Auseinandersetzung zu wecken. Van Gogh war auch seinem Selbstverständnis nach Propagandist. „Rechtsnationaler Propagandist“ und Redenschreiber des ermordeten Niederländischen Neonazis Fortuyn sollte man hinzufügen.
Sein letzter Film, der sich lt. Deutscher Presse angeblich „kritisch mit der Rolle der Frau im Islam“ auseinandersetzte war bei Lichte betrachtet nichts anderes als eine gezielte Provokation jedes gläubigen Moslem. Der Stil des Films, wie auch sein Inhalt erinnert an Propagandastreifen der Nazis wie z.B. „Jud Süß“.
Die Frage stellt sich in dieser Form also isoliert auf die „Rolle der Frau im Islam“ sowieso nur Menschen mit äußerst bigotten Ansichten. Gewalt von Männern gegen Frauen gibt es in christlichen oder völlig areligiösen Gesellschaften sicherlich im selben Maße wie in islamischen. Das Verständnis des Islam zur „Rolle der Frau“ ist nahezu identisch mit dem Verständnis der katholischen Kirche zum selben Thema. Und das „Wunder der unbefleckten Empfängnis“ ist als Frauenbild wohl nicht weniger widerlich als irgendetwas, das eine andere Religion zum selben Thema zu bieten hätte.
Wo also liegt das Problem der Niederlande, wie auch der deutschen Presse?
Das Problem der deutschen Presse beginnt sicherlich dort, wo sie versucht, die Probleme in den Niederlanden zu Gunsten einer intoleranten „christlichen“ Gesellschaft (wörtlich „gegen Multikulti“) zu instrumentalisieren.
Ein „leuchtendes Beispiel dafür ist übrigens der Leitartikel der Rheinischen Post vom 11.11.2004 (überflüssig zu erwähnen, dass sich diese Stück „christlicher“ Stürmerpresse im Besitz der katholischen Kirche befindet.). Die deutsche Presse begibt sich hier nicht nur in Gestalt dieses Blattes auf einen Propagandafeldzug bei dem sie an die unheilige Allianz zwischen Vatikan und Nationalsozialismus erinnert und dabei ähnlich wie seinerzeit der Vatikan ihre Glaubwürdigkeit verspielt (wer beim Lesen die Frage „cui bono“ stellt wird schnell die hässliche Fratze der rechtsnationalen Propaganda hinter der angeblich sachlichen Berichterstattung schimmern sehen).
Dass rechtsnationale Propagandisten wie Beckstein sich heute bereits wieder verharmlosend „deutsche Patrioten“ nennen dürfen, ohne all ihrer Ämter enthoben zu werden zeigt, wie viel des Leides das im deutschen Namen Menschen zugefügt wurde bereits wieder in Vergessenheit geraten scheint.
Das Problem der Niederlande liegt in übermäßiger Toleranz. Toleranz nicht etwa gegenüber Islamisten, Fremden oder anderen Kulturen. Im Gegenteil ist es die übermäßige Toleranz gegenüber Radikalen auf beiden Seiten der Gesellschaft. Dazu gehört die Toleranz gegenüber fanatischen „Moslems“ im selben Maße wie die gegenüber fanatischen „Christen“. Letztgenannte haben in den Niederlanden eine Jahrhundertealte Tradition, wie nicht zuletzt der Name einer der widerlichsten Chrislamistischen Vereinigungen in Irland „Oranjer“ bezeugt (Oranjer nach Wilhelm von Oranjen einem in den Niederlanden aufgewachsenen Nassauer).
Insofern sind die Niederlande eben nicht nur ein Land übermäßiger Toleranz sonder eben auch ein Land des christlichen Fundamentalismus. Dass die „christlichen“ und die „islamischen“ Radikalinskis dort erst heute aufeinander losgehen mag an ein Wunder grenzen.
Dass ein Festhalten an „christlichen“ Traditionen und eine klare Abgrenzung gegenüber dem Islam (in Form einer rigiden ausländerfeindlichen Politik als Stoiber/Beckstein) in Deutschland ein entsprechendes Problem auf Dauer verhindern werden, muss bezweifelt werden.
Sind doch die sogen „christlichen Werte“ und „christlichen Traditionen“ an denen diese Herrschaften festhalten wollen geprägt von einer Intoleranz, die in einer Zahl rückläufiger Mitgliederzahlen die „christlichen“ Kirchen früher oder später auch in Deutschland in üble Bedrängnis bringen wird.
Wer an dieser Stelle das Christentum als tolerante Religion bezeichnet springt offensichtlich zu kurz. Sind die Worte die im sogen. „neuen Testament“ angeblich von Jesus Christus übermittelt werden in ihren besten Passagen noch vermeintlich Toleranzfördernd, so ist doch die Praxis christlicher Fundamentalisten nicht erst heutiger Tage ein andere.
Herrn Bushs „Army“ genannte Mörderbanden in Afghanistan und im Irak, seine Folterknechte auf Guantanamo und Abu Chraib sind sicherlich widerlicher als der Mord eines islamischen Fundamentalisten an einem rechtsradikalen Holländischen „Filmemacher“.
Das Schweigen und die vorgebliche Ohnmacht nicht nur des Vatikan, sondern sämtlicher „christlicher“ Kirchen gegenüber dem so praktizierten christlichen Fundamentalismus US-amerikanischer-Prägung sind die Grundlage für Probleme, mit denen wir nicht heute aber eben zukünftig auch Deutschland konfrontiert sein wird.
Intoleranz gegenüber dem Chrislamismus Bush-Voytilascher-Prägung könnte eine mögliche Antwort hin auf dem Weg zur Vermeidung dieser zukünftigen Probleme sein. Die deutsche Presse beschreitet ihn nicht. Herr Beckstein wandert schon lange in die entgegengesetzte Richtung: Im Rahmen christlicher Wete ruft er zu Intoleranz auf und stachelt zu Ausländerhass an.
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