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I am a camera schrieb am 26.12. 2003 um 01:27:22 Uhr über

Gravitationsfeld

Von: M
Datum: Do, 25. Dez 2003 22:05:05 Europe/Berlin
An: »mark k
Betreff: Von strengen Feen und Altenpflegern

Hallo Euro (Mark ist ja abgeschafft - ich hoffe, der Kalauer war noch neu für dich;-))

zunächst auch nochmal vielen Dank für deine lieben Worte zum Tod meiner Mutter, in den ein zwei Sätzen lag für mich mehr liebe Erinnerung als in manchen Floskeln, die ich seither zu hören bekommen habe. Ist schon komisch, diese Aura, die Trauernde umfängt, so eine Art emotionale Lepra. Aber geht mir ja ähnlich; dieses Jahr musste ich zu einer Beerdigung einer Frau, etwa mein Alter. Leberzirrhose, und nicht einmal selbst erarbeitet. Schlimm war, daß im Jahr zuvor die Großmutter gestorben war und alles, besonders durch die nunmehr auch Verstorbene fürchterlich traurig, fast schon opernhaft ablief. Und jetzt blieb eine neunjährige Tochter zurück, der Vater hatte sich vor einigen Jahren verdrückt. Wie kondoliert man einer Neunjährigen? Das hatte mir im Vorfeld mächtig Kopfschmerzen bereitet, zum Glück war das Kindchen aber so fromm, die wirkte richtig gefaßt, fast froh, daß die Mutter nun ein Engel ist, wie der Pfarrer auch betont hatte. Naja. jedem sein Trost, solange er hilft.
Für mich ist komischerweise alles nicht so schlimm wie bei vaters Tod vor drei jahren, da blieb die Sorge um die Mutter zurück, zumals es ihr damals schon nicht mehr blendend ging, das Herz. Hat man ihr aber selten angemerkt, und für mich hat sie ohnehin meistens die Sonnenseite ausgepackt, ach ja. Am 9ten Januar ist die Beisetzung, und das sie schon seit einer Woche Asche ist, hat mir die Sache auch erleichtert. Beim Vater hat das damals vier Wochen gedauert, keine Krematoriumskapazitäten (und das in einem Land, daß es geschafft hat, in wenigen Jahren Millionen Menschen ungefragt durch den Schornstein zu blasen...)
Genug Trübsal, alles in allem geht es mir durchaus gut, obwohl das Jahr ohnehin durchwachsen war. Unser Mops ist überfahren worden, zum Glück aber wieder völlig genesen, die Katze (Erwin, könntest du auch noch kennen) mußte ich auch einschläfern lassen, und dann das noch. Keine Sorge, so einer, der die Tiere noch über den Menschen stellt, werde ich nicht, aber fürs erste reicht es mir mal mit den emotionalen Endurotests.
Ich hoffe, wir sehen uns bald. Mit Frank habe ich auch telefoniert, und verabredet, daß wir ihn im nächsten Jahr gemeinsam besuchen, richtig schönes Revivaltreffen (keine Sorge, ich fahr auch zurück;-)). Altenpfleger, nun ja. Riesenrespekt vor der Sache, solange sie richtig angepackt wird, hab mitbekommen, wie Konrads Mutter ein pflegeheim, Golzheim, nicht billig, als gebrechliche aber wache Frau betrat und drei Monate später als geistig verwirrte Frau mit Druckgeschwüren gestorben ist. Frank sagt, seit diesem Jahr gibt es da irgendwelche DIN-Normen gegen, hoffentlich hilft das was, wir werden alle nicht jünger...

Abitreffen läuft auch ganz gut an, hab schon einiges an Feedback, aber die richtige Arbeit kommt noch, die ganz Verschütteten nochmal probieren rauszukriegen, Geld eintreiben etc. Aber die, die ich bisher zum Teil auch am Telefon gesprochen habe, sind zum Teil richtig euphorisch, jedenfalls mehr als ich... Immer diese Späße soundso hat jetzt vier Kinder, Ulrike B* ist jetzt Gerichtsbiologin, Madenzählen und Sporen von Schuhsohlen kratzen usw., vorsichtig gesagt, nicht mein Ding.

Was macht die Musik? Ich vermisse unsere Streitereien um irgendwelche Gruppen, nur um des Widerspruchs willen (vor allem von meiner Seite, ich würde vermutlich bis heute The Cult nicht im Radio erkennen, außer 'She sells sanctuary', aber das war meinerseits immer mehr Selbstzweck. Ich gebe ja zu, ein paar Jahre durch habe ich unsere Diametralität (o Gott, was ein blödes Wort) in vielen Dingen ja wirklich zum Anlaß genommen, zu sagen ok, eine nette, aber abgelegte Epoche. Aber schon lange vor der Abigeschichte habe ich doch angefangen, dich zu vermissen. Ich bin sowieso ein Mensch, der die Gegensätze braucht, obwohl die sich bei uns doch auf Äußerlichkeiten, das heißt Interessen, beschränkten. Ob Jungs oder Mädchen, alt oder jung, Sankt-Anna-Jacken (you remember? Judith prägte das Wort, glaube ich) oder 0815 Jeans, wenn man so viele Jahre miteinander verbringt, hat das seine Gründe. Au weia, man merkt, es geht aufs Jahresende, da werden alle sentimental. Ich mach an dieser Stelle mal lieber Schluß, hoffe aber, daß wir uns spätestens im Januar mal wieder auf das freundschaftlichste angiffeln werden.

Bis bald, alter Freund*

M



*Fuck, ich bekomme echt noch den Kitschoscar...



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