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Karl schrieb am 19.5. 2001 um 13:48:43 Uhr über

Epileptiker

Epileptische Anfälle sind ein Symptom und keine Krankheit. Etwa 5% der Bevölkerung haben irgendwann im Leben
einen epileptischen Anfall.
Von einer Epilepsie spricht man erst nach mindestens zwei Anfällen, für die keine Auslöser erkennbar sind. Epilepsien sind
chronische Erkrankungen, bei denen es zu rezidivierenden, meist »spontan« auftretenden epileptischen Anfällen kommt.
0.5 - 1 % der Bevölkerung leidet an einer Epilepsie. Ungefähr so viele wie an Diabetes. Das Risiko, an Epilepsie zu
erkranken, ist in den ersten 2 Lebensjahrzehnten und ab dem 60. Lebensjahr besonders hoch.
Es gibt sehr viele unterschiedliche Arten von epileptischen Anfällen die hier nicht alle dargestellt werden können. Auch für
den Fachmann bedarf es oft einer langwierigen Diagnostik um eine Epilepsie zu diagnostizieren oder sie von einer anderen
organischen oder psychischen Erkankung zu unterscheiden. Ständiger Begleiter von Epilepsiekranken ist vor allem die
Angst - die Angst vor dem nächsten Anfall, die Angst, wann und wo er auftreten und wie schwer er sein wird, die Angst vor
Verletzungen. Aber Menschen mit einer Epilepsie müssen nicht nur mit den körperlichen und psychischen Belastungen ihrer
Erkrankung fertig werden. Darüber hinaus haben sie auch mit den Vorurteilen ihrer Mitmenschen zu kämpfen. Wie kaum
eine andere Gruppe chronisch Kranker werden sie gesellschaftlich diskriminiert. So halten rund 20 Prozent der Deutschen
einer Emnid-Umfrage zufolge Epilepsie für eine Geisteskrankheit. 20 Prozent würden Menschen mit einer Epilepsie als
Ehepartner für Sohn oder Tochter ablehnen, doppelt so viele sind in dieser Frage unentschieden. Falsche Vorstellungen von
der Erkrankung und die Abwertung der Betroffenen ziehen sich durch die Medizinhistorie. Im Mittelalter glaubte man,
Epilepsie sei entweder eine Strafe Gottes oder die Rache von Dämonen. Dabei hatte der griechische Arzt Hippokrates in
seinem Buch ,,Ober die heilige Krankheit" schon im Jahr 450 vor Christus epileptische Anfälle genau beschrieben und mit
dem Gehirn als Ausgangspunkt in Verbindung gebracht. Doch erst im 19. Jahrhundert gab es die ersten wissenschaftlichen
Beweise für diese Aussage. Heute wissen die Forscher relativ genau, was bei einem epileptischen Anfall passiert. Von den
20 Milliarden Nervenzellen im Gehirn steht jede mit sehr vielen anderen in Verbindung. Elektrische Impulse und chemische
Signale ermöglichen Denken und Fühlen, Bewegung und Wahrnehmung. Wenn jedoch ungewöhnlich viele Nervenzellen
gleichzeitig elektrisch aktiviert sind und sich gegenseitig aufschaukeln, kommt es zu einem ,,Feuerwerk" im Gehirn -einem
epileptischen Anfall. Manchmal ist die gesamte Hirnrinde von den Fehlzündungen der Nervenzellen betroffen, manchmal nur
eine kleine Region.
Epilepsien sind organische oder Gehirnerkrankungen. Die Kranken sind nicht geisteskrank. Epilepsie mindert
nicht die Intelligenz. Auch eine Vielzahl berühmter und sehr leistungsfähiger Menschen litt unter epileptischen
Anfällen z.B.: Julius Cäsar, Napoleon Bonaparte, George F. Händel, Vincent van Gogh, Fyodor Dostoevski, Pius IX,
Peter der Große, Lord Byron, Helmholtz, usw.
Am wichtigsten in der Diagnostik ist die Beschreibung des Anfalles und das EEG, manchmal ist eine Langzeit-, oder
Schlafentzugs-EEG erforderlich, beweisend sind oft typische Anfallsmuster im EEG und Herdbefunde. EEG kann oft auch
die Art der Epilepsie bestimmen. Mit Hilfe des EEGs kann beim Patienten die Bereitschaft zu epileptischen Anfällen
festgestellt werden, manchmal gelingt es auch, während eines Anfalls ein EEG zu schreiben. Die epileptische EEG-Aktivität
kann unterschiedlich aussehen. Die häufigsten epileptischen Veränderungen sind Spitze Wellen (Spike wave) und Scharfe
Wellen (Sharp wave; folgt der scharfen Welle eine langsame Welle, so spricht man von Sharp slow wave). Unter
Umständen ist die Ableitung mehrerer EEGs notwendig, bis die epilepsietypischen Veränderungen nachgewiesen werden
können.
In Laboruntersuchungen findet man nach einem großen Anfall oft Anstieg der CK (Muskelenzym) und Prolactin( einem
Hormon). Manchmal ist die Diagnose nur anhand einer Fremdanamnese möglich. Wenn möglich bringen Sie jemand der das
Ereignis beobachtet hat mit zur Untersuchung beim Neurologen.
Fehlt eine bekannte Ursache, besteht eine genetische Disposition, und ein altersgebundener Beginn spricht man von einer
Idiopathischen (genuinen) Epilepsie (50-70%): Typische Beispiele sind die Absencenepilepsie des Kindesalters
(Pyknolepsie), die juvenile Absencenepilepsie, oder die juvenile myoklonische Epilepsie (Impulsiv-Petit mal) .Klonische
Anfälle ,Tonische Anfälle ,Tonisch-klonische Anfälle, Atonische (astatische) Anfälle.

Fieberkrämpfe sieht man vorwiegend bei 3-5 Jahre alten Kindern in Verbindung mit Fieber ohne Zeichen einer sonstigen
Beteiligung des Nervensystems oder einer anderen nachweisbaren Ursache. Bis zu 4% aller Kinder sind betroffen, wobei
eine genetische Disposition besteht. 'Benigne' oder 'einfache' Fieberkrämpfe sind flüchtig, vereinzelt und generalisiert;
'komplizierte' Attacken sind entweder vom fokalen Typ, dauern länger als 15 min oder wiederholen sich mindestens zweimal
in < 24 h. Insgesamt ist das Auftreten von Fieberkrämpfen mit einer leicht erhöhten Inzidenz von späteren afebrilen
Krämpfen verbunden (2% entwickeln eine Epilepsie). Die Wahrscheinlichkeit einer späteren Epilepsie und das Risiko
rezidivierender Fieberkrämpfe ist wesentlich größer bei Kindern mit 'komplizierten' Fieberkrämpfen, abnormem
neurologischen Vorab-Befund, Beginn innerhalb des ersten Lebensjahres oder einer Epilepsie in der Familienanamnese.Das
intensive Erlebnis eines Fieberkrampfes läßt viele Eltern befürchten, daß das Ereignis der weiteren geistigen Entwicklung
ihres Kindes Schaden zugefügt haben könnte. Die Ergebnisse einiger Studien schienen dieswenigstens für die schwereren
Fälle, die zu einer Klinikaufnahme führten – zu bestätigen. Eine aktuelle, sehr sorgfältige bevölkerungsbasierte Untersuchung
kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis: Die langfristige Prognose der Kinder mit Fieberkrämpfen unterscheidet sich in
nichts von der gleichaltriger Spielkameraden. Untersucht wurden 381 Kindern im Alter von 10 Jahren, die früher unter
Fieberkrämpfen gelitten hatten, ob die Intelligenz im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe Schaden genommen hatte.
Das Ergebnis: In gerade einmal 4 von insgesamt 102 untersuchten Parametern unterschieden sich die Kinder mit
Fieberkrämpfen von ihren Alterskameraden. Dies entspricht der statistischen Zufallswahrscheinlichkeit bei derart vielen
Einzelparametern. Eine separate Analyse von Kindern mit einfachen Fieberkrämpfen und von Kindern mit komplexen
Fieberkrämpfen ergab ebenfalls keine Auffälligkeiten. Die Kinder mit immer wiederkehrenden Episoden von
Fieberkrämpfen hatten eine ähnliche Prognose wie Kinder mit jeweils nur einer Episode. Einzige Auffälligkeit war, daß
Kinder mit Fieberkrämpfen im ersten Lebensjahr häufiger eine Sonderschule besuchten als Kinder, die erst zu einem
späteren Zeitpunkt Fieberkrämpfe entwickelt hatten. Hiervon waren aber nur 9 von 381 Kindern betroffen, so daß auch
dies kein wirklicher Grund zur Besorgnis ist. Insgesamt also Entwarnung für die von Fieberkrämpfen betroffenen Kinder.
Pädiater können den Eltern guten Gewissens die Angst vor lang-fristigen Schäden ihrer Kinder nehmen. Verity CM et al.:
Long-term intellectual and behavioral outcomes of children with febrile convulsions.


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