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Peter K. schrieb am 21.1. 2007 um 15:30:14 Uhr über

Pisse

Wenn ich hier - aus einem gegebenen Anlaß - zurückdenke, dann ist mein faible für Pisse ebenso wie für Nacktheit zu einem erheblichen Teil (manche werden aus entwicklungspsychologischer Perspektive sagen: ausschließlich) Ergebnis eines späten Emanzipationsprozesses gegen mein prüdes Elternhaus.

Es gibt nur noch sehr dunkele Erinnerungen an die Zeit der Kindheit, in der mich - vor allem - meine Mutter nötigte, mich im Sommer mehr anzuziehen, als unbedingt nötig, und Entblössungen, sei es auch nur die des Oberkörpers, bestrafte.

Pisse als Gegenstand sexueller Aktivitäten entdeckte ich erst zu einem sehr späten Zeitpunkt für mich - wenn man von einem singulär gebliebenen Ereignis gegen Ende meiner Studienzeit absieht. Damals pisste ich mich in einer Sommernacht ein, nackt auf dem zu diesem Zwecke durchaus geeigneten, Rechteckförmig ausgestalten Handlaufs einer Kneip-Anlage innerhalb eines Naherholungsgebietes. Aber wie gesagt: dies blieb singulär. Gegenüber Sexualpartnern und auch bei verhältnismässig offenen Gesprächen habe ich urophile Praktiken stets mit echter Entrüstung und gehörigem Ekel abgelehnt.

Meine diesbezüglichen Phantasieen wurden erst geweckt im Rahmen einer Neuorientierung meines Lebens um den 35. Geburtstag herum. Ich hatte beschlossen, Abstand zu suchen von dem eingeschlagenen Lebensweg, der wesentlich davon gekenntzeichnet gewesen war, einem idealen Über-ich genüge tun zu wollen, ohne meinen real existierenden Bedürfnissen, Wünschen und Orientierungen genüge zu tun. Dazu gehörte beispielsweise auch die Verleugnung meiner damals bereits erkannten Bisexualität. Dies weiter auszuführen, ist hier nicht der Ort - für den Hintergrund ist es indessen nicht unwichtig.

Ich begann mich im Sommer an Baggerseen und ähnlichen FKK-Gelegenheiten herumzutreiben, in den cruising areas der Schwulen, auf der Suche nach Partnern für anonymen Spontansex. Dazu fuhr ich immer mehrere hundert Kilometer weit von meinem Wohnort weg - die Kraft, mich an meinem Wohnort evtl. unfreiwillig geoutet zu sehen, hatte ich damals durchaus noch nicht.

Bei einem jener Streifzüge in den Fulda-Auen am Rande von Kassel, an einem trüben, aber durchaus warmen Sommertag forderte mich ein dort aktiver Mann auf, auf seinen Körper bzw. in seinen Mund zu pissen. Ich bin dem nachgekommen, was ich damals für mich selbst als einen Inbegriff von »Versautheit« angesehen habe. Im Internet habe ich dann Foren und Chats zum Thema Urophilie aufgesucht, und bin im sogen. »WS-Forum« hängen geblieben. Ich beteiigte mich - zunächst vollständig anonym und sehr gehemmt an dem dortigen Chat, wo ich ermuntert wurde, diese Neigung nicht nur auszuleben, sondern auch als eine weitgehend normale Angelegenheit anzusehen.

Etwa um das Jahr 1998 herum kam es dann zu den ersten bewußten Selbstversuchen, die jedoch mit großer Aufregung und Ängsten verbunden waren, bei deren Überwindung mir Cannabisprodukete eine willkommene Hilfe darstellten.

Es war eher Zufall, daß meine heutige Frau sich auch als Urophile herausstellte.

Aus heutiger Sicht empfinde ich Urophilie als eine normale Angelegenheit. Objektiv betrachtet ist sie nicht gesundheitsschädlich; sofern nicht übertrieben wird spricht man Urin sogar gesundheitsfördernde Wirkungen zu. Als sexuelle Spielart ist sie insbesondere in den Zeiten von Aids willkommen als quasi - Ersatzhandlung für das Abspritzen bzw. die Aufnahme von Sperma. Schließlich lässt sie sich auch sehr gut in Gruppensex integrieren - unter Urophilen, versteht sich.

Weder meine Frau und ich verstehen uns insofern als extreme »Freaks«, die ganz Verrückt auf Pissen oder Pisse sind. Wir haben jedoch interessanterweise festgestellt, daß die »Natursekt-Szene« eine sehr erfreuliche Nische darstellt. Wenn man sich auch gegenüber Maniker abgrenzen muß, die von Phantasieen als lebende Toilettenanlagen etc. motiviert werden, und ebenso einen Bogen um die Korpophilen (Kot) machen muß - so ist die Szene insgesamt recht attraktiv.
Es fällt zunächst auf, daß man im Gegensatz zur allgemeinen Swingerszene sehr unkompliziert und locker miteinander umgeht, der Anteil an Homo- und Bisexuellen überdurchschnittlich hoch ist - und auch die übrigen rigiden Abgrenzungen zwischen Homo- und heterosexuellen Szenen und Milieus hier weniger Bedeutung haben. Das »Ihhh-Thema« schafft erstaunliche Solidarität.

Die ursprüngliche emanzipatorische Bedeutung ist heute dagegen weitgehend entfallen.

Ich glaube, daß der Ekel vor Pisse ein anerzogener Ekel ist, ein akkzidentieller. Er kann überwunden werden - ob durch Zufall oder bewußtes Tun, sei dahingestellt. Pisse, die nach reichlichem Konsum von Bier, Wasser oder Tee entstanden ist, hat einen angenehm leichten Geschmack. Der Ausdruck »Natursekt« kommt nicht von ungefähr: der Geschmack geht in die Sekt-Weisswein-Richtung. Ich würde sagen, daß ein Riesling von der Mosel oder aus dem Elsass diesen Geschmack am besten umschreibt. Pisse nach viel Kaffee und stark eiweisshaltiger Nahrung (Fisch, Fleisch) ist dagegen stark harnstoffhaltig und für meinen Geschmack zu streng und bitter. Aber das ist - ich wiederhole es - Geschmackssache. Ich bin überzeugt, daß diejenigen, die sich vor Pisse ekeln, und mir gelegentlich Vorwürfe rein des Themas wegen machen, es noch nicht einmal merken würden, wenn man ihnen statt der oben genannten Weinsorten Pisse servieren würde.


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