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Michel und Bruno und ein Schatten von Batemann schrieb am 16.12. 2008 um 16:17:52 Uhr über

Zeitreisende

Jack Bohlen ist ein Mechaniker, der auf den Mars emigriert ist, um seinen Ausbrüchen von Schizophrenie zu entkommen. Er lebt mit seiner Frau an einem der Mars-Kanäle. Sein autistischer Sohn Manfred ist in einem Camp für »abnorme« Kinder untergebracht. Später kommt Jack Bohlens Vater Leo zu Besuch, der im Franklin D. Roosevelt-Gebirge ein scheinbar wertloses Stück Land erwerben will. Leo hat einen Insider-Tipp erhalten, wonach die U.N. dort einen riesigen Wohnkomplex, den »AM-WEB«, bauen wollen. »AM-WEB« steht dabei (auch im Original) für »Alle Menschen werden Brüder«, ein Auszug aus Friedrich Schillers Ode an die Freude.

Bohlen, der für seinen Arbeitgeber mit dem Hubschrauber unterwegs ist, hört einen Notruf und eilt einer Gruppe von Bleichmännern zur Hilfe, die in der Wüste ohne Wasser unterwegs sind. Als er bei den Bleichmänner gelandet ist und sie fürs erste versorgt hat, landet ein weiterer Hubschrauber. Dieser gehört Arnie Kott, dem Vorsitzenden der Kanalarbeitergilde. Kott, dessen Pilot gegen seinen Willen, aber gemäß der U.N.-Vorschriften gelandet ist, gibt deutlich zu verstehen, dass er nichts davon hält, den Bleichmännern zu helfen. Darauf sagt Bohlen Kott die Meinung, was jenen sehr erregt.

Nachdem Kott seine Ex-Frau Anne Esterhazy wegen ihres eigenen »abnormen« Kindes besucht hat, erfährt Kott von einer neuen Theorie von Dr. Milton Glaub, einem Psychotherapeuten in Camp Ben-Gurion, einer Einrichtung für Kinder mit Tiefgreifender Entwicklungsstörung. Die Theorie besagt, dass Geisteskrankheit möglicherweise nur auf einer geänderten Zeitwahrnehmung beruht. Kott beginnt daraufhin, sich für das autistische Kind Manfred Steiner zu interessieren. Er hofft mit dessen Hilfe und der Theorie von Glaub die Zukunft vorhersagen zu können, was er für seine geschäftlichen Interessen nutzen will. Da Kott von seiner Ex-Frau weiß, dass Camp Ben-Gurion geschlossen werden soll, bietet er Glaub an, sich um den Jungen zu kümmern. Manfred hat Angst vor einer Zukunft, die nur er sehen kann: In ihr ist der Mars öde und von Menschen fast verlassen, der AM-WEB-Komplex ist verfallen und eine Lagerstatt für Personen, die nur noch mit lebenserhaltenden Maßnahmen vor sich hinvegetieren.

Kott kauft Bohlen aus dessen Vertrag bei seinem momentanen Arbeitgeber heraus und beauftragt ihn, eine Audio- und Video-Kammer zu konstruieren, mit der Manferds Zeitwahrnehmung mit der Zeitwahrnehmung »normaler« Menschen synchronisiert werden kann. Als angenehmen Nebeneffekt plant Kott, Rache an Bohlen für sein vorlautes Verhalten bei der Hilfsaktion für die Bleichmänner zu nehmen. Bohlen beginnt, sich für Manfred zu interessieren, aber der zunehmende Stress bei der Durchführung seiner Aufgabe löst in ihm Angst vor Rückfällen in seine Schizophrenie aus. Unterstützung erhält er von Kotts Geliebter Doreen Anderton, mit der Bohlen ein Verhältnis beginnt.

Eine der Aufgaben von Bohlen ist es, die Lehrmaschinen an der Schule (International School) zu reparieren. Die Lehrmaschinen haben die Form von historischen Persönlichkeiten und verstören Bohlen sehr, denn sie erinnern ihn an einen schizoiden Anfall, als er meinte hinter den Gesichtern von ihn umgebenden Personen Maschinen erkennen zu können. Als er bei einem Reparaturauftrag Manfred mit zur Schule bringt, beginnen sich die Maschinen seltsam zu verhalten, denn Manfred ändert anscheinend ihre Realität. Bohlen wird daraufhin gebeten, Manfred aus der Schule zu entfernen.

Heliogabalus, Kotts gezähmter Bleichmann, ist die einzige Person, die mit Manfred kommunizieren kann. Für Manfred scheinen alle anderen Menschen in einer seltsamen Welt mit zerrissener Zeit zu leben, in der sie an einem Ort verschwinden und an einem anderen wieder auftauchen und sich generell in einer sprunghaften, unkoordinierten Art bewegen. Heliogabalus hingegen bewegt sich geschmeidig und anmutig und kann anscheinend ohne Worte mit Manfred kommunizieren.

Das Ereignis des Romans, das die ganze Handlung erst auslöst, ist der Selbstmord von Manfred Steiners Vater, der Arnie Kott mit Manfred in Verbindung bringt und Otto Zitte, dem Gehilfen von Steiner, seiner Existenzgrundlage beraubt. Die Schlüsselstelle ist ein Treffen zwischen Kott, Bohlen, Anderton und Manfred Steiner im Haus von Kott, das aus der Sicht von Manfred geschildert wird. Anstatt in »Echtzeit« spielt sich die Szene drei Mal ab, bevor sie wirklich passiert, offenbar durch Manfreds Augen aber mit Mitwirkung von Bohlen. Von Mal zu Mal werden die Ereignisse surrealer und die Wahrnehmungen halluzinatorischer. Als die Szene schließlich den entscheidenden Punkt erreicht, vor dem Bohlen sich fürchtet, weil er den Ausgang vorausgeahnt hatte, erlebt er ihn gar nicht bewusst selbst. Seine Wahrnehmung endet, als er mit Doreen zu Hause bei Kott ankommt und beginnt erst wieder, als sie Kott verlassen. Er erinnert sich nur an den Abschied, der oberflächlich zwar freundlich schien, aber klar zeigte, dass er und Kott eigentlich Gegner sind.

Von Kott unter Druck gesetzt, offenbart Heliogabalus, dass der heilige Fels der Bleichmänner, »Schmutziger Knorren«, als ein Portal zur Zeitreise genutzt werden könnte, und dass Manfred in der Lage wäre, es zu öffnen. Kott hat zwei Ziele, die er mit einer Zeitreise erreichen will: Rache an Jack Bohlen und die Beanspruchung des Landes in den FDR-Bergen bevor Bohlens Vater dies tut.

Kotts Vorhaben scheitert. Er reist zwar zurück in der Zeit und erscheint an dem Moment, an dem er auch im Roman zum ersten Mal auftrat: als er das Badehaus im Gebäude der Kanalarbeitergilde verlässt. Er schafft es nicht, seine vorherigen Handlungen zu ändern und kämpft gleichzeitig mit Störungen in seiner Wahrnehmung, die wohl von Manfred ausgehen. Er versucht zwar, in die FDR-Berge zu kommen, um dort Land zu reklamieren, wozu er einen Pfahl einpflanzen muss. Allerdings wird beim Flug in die Berge ein Notfall einer Gruppe von Bleichmännern gemeldet und sein Pilot landet, um Hilfe zu geben - genau wie es ursprünglich passiert war. Er trifft Bohlen wieder und versucht jetzt, ihn zu erschießen, wird allerdings vom Pfeil eines Bleichmannes getötet.

Kott erwacht aus seiner Zeitreise und erkennt, dass er gescheitert ist. Er entscheidet sich, sein Vorhaben komplett aufzugeben, Doreen zu verlassen, Bohlen in Frieden zu lassen und Manfred zu helfen, der seit der Zeitreise verschwunden ist. Er verlässt die Höhle im Schmutizgen Knorren, wo er das Ritual durchgeführt hatte, und trifft auf Otto Zitte. Zitte, ein Mitarbeiter in Steiners Schwarzhandel-Gewerbe, wollte nach Steiners Tod dessen Handel übernehmen - ebenso wie Kott, Steiners bester Kunde. Als Kott gemerkt hatte, dass es einen Konkurrenten gibt, ließ er dessen Basis und seine Transportrakete zerstören und Zitte eine Nachricht hinterlassen. Zitte schwor daraufhin Rache und verfolgte Kott zum Schmutzigen Knorren. Kott, der Zitte nicht persönlich kennt, erkennt die Gefahr nicht, da er sich in einer weiteren Halluzination Manfreds wähnt. Bohlen und Doreen landen in Kotts eigenem Hubschrauber und bringen Kott zurück in die Siedlung. Kott stirbt auf dem Weg und glaubt bis zum Ende nicht an die Realität der Ereignisse.

Bohlen und Doreen erkennen, dass ihre Beziehung keine Zukunft hat. Bohlen kehrt daraufhin zu seiner Frau zurück, und obwohl auch diese (mit Otto Zitte) fremd gegangen war, entscheiden sie sich, ihre Ehe weiterzuführen. Plötzlich erschüttert ein Schrei aus dem Haus der Steiners die Szene und die Witwe Steiner verschwindet schreiend in die Nacht. Als Bohlen und sein Vater das Haus betreten, sehen sie Manfred, alt und mit Schläuchen übersät und von Bleichmännern begleitet, in einem Rollstuhl sitzen. Nachdem Manfred den Schmutzigen Knorren verlassen hatte, hat er sich einer Gruppe von Bleichmännern angeschlossen und sich so vor der gefürchteten Zukunft im AM-WEB gerettet. Er ist in der Zeit zurück gereist, um seine Familie zu sehen und Jack Bohlen für seine Rettung zu danken.

In der letzten Szene befinden sich Bohlen und sein Vater im Freien und suchen im Dunkeln nach der Witwe Steiner.




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