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Max van der Moritz schrieb am 4.8. 2002 um 14:59:51 Uhr über

SilvioGesell

Wieviel?

Wieviel Freigeld braucht man für einen alternativen Versuch? Um diese Frage zu beantworten, muß man die Größe des projektierten Marktes kennen und sollte eine Minimalgröße eines lokalen Marktes mit etwa 5,000 Einwohner, wie damals in Wörgl als kleinstmöglichen funktionsfähigen Markt annehmen. Wära funktionierte damals zwar auch auf einen wesentlich kleineren lokalen Markt aber es waren da weitverstreute Kunden für dessen wesentlichsten Export (Braunkohle) vorhanden.

Nun wissen wir genau wieviel umlaufgesichertes Geld damals in Wörgl im Umlauf war und das beantwortet eigentlich die Frage.

Im Durchschnitt waren damals pro Kopf der Bevölkerung etwa ein Schilling im Umlauf.

Der damalige Schilling entsprach im Kaufwert ungefähr einem Euro oder heutigen US$. Das läßt also den überraschenden Schluß zu, daß man pro Einwohner des alternativen Marktes nur einen Euro wert als Geldmenge braucht.

Nun haben sich seit damals (1932) die Zeiten wohl etwas verändert aber es sind sowohl Dinge verändert, die einen höheren Bargeldbedarf auf dem Markt benötigen als auch Veränderungen, welche diesen Bedarf verringern. Man kann also ruhig davon ausgehen, daß die nötige Bargeldsumme sicherlich nicht doppelt so groß sein muß wie damals und selbst die doppelte Menge, also zwei Euro wert pro Person ist sicher kein Problem für die jeweilige Ausgabestelle. Weder für eine fallweise Umwechslung, noch für eine ausreichendeDeckung", selbst wenn die Erstwährung extrem inflationiert wird. Dann sorgt zwar der Wechselkurs dafür, daß die Ausgabestelle mehr Erstwährungsgeld für eventuelle Rücktäusche ausgeben muß, als sie vorher erhalten hat, aber sie nimmt ja zum selben Zeitraum auch mehr für neu ausgegebenes alternatives Geld ein.

Da kaum jemand ohne Not im Wert verlierendes Geld gegen kaufkraftbeständiges umtauschen wird, werden Rücktäusche kaum ins Gewicht fallen und bei den geringen im Umlauf befindlichen Summen, können sich daraus keine Probleme ergeben.

Im umgekehrten Fall, wenn das Erstgeld deflationiert werden sollte, ist die Sache noch einfacher. Deflationiertes Geld wird ja in Waren ausgedrückt immer mehr wert und deshalb behalten es viele als Wertaufbewahrungsmittel und es wird kaum mehr als Tauschmittel verwendet. Es räumt seinen Platz ohne Kampf dem umlaufgesicherten alternativem Geld und man muß nur genug davon drucken. (Einen bis zwei Euro wert für jeden neuen Menschen, der damit tauschen will.)

Je weiter sich allerdings die Einflußzone des alternativen Geldes ausbreitet, desto mehr wird die Wertgrundlage des Erstgeldes zerstört und es wird zusehend an Wert verlieren. Von dem Zeitpunkt an müssen dann eben die Menschen ihre langfristigen Verträge in kaufkraftbeständigen alternativem Geld abschließen. Sie können das allerdings auch in Gold oder anderen Edelmetallen tun. Das ist die freie Entscheidung zwischen zwei Partnern.

Ich würde aber im Interesse des Gläubigers davon abraten. Wenn Edelmetalle nicht mehr als Währungsgrundlage gebraucht werden und wenn alle Hoffnung verschwunden ist, daß sie je wieder dafür gebraucht werden, ist ihr heutiger hoher Preis nicht mehr gerechtfertigt. Wenn es also eine kaufkraftbeständige Alternativwährung gibt, wird auch der Preis der Edelmetalle im Verhältnis zu ihr fallen. Wenn es keine Inflation mehr gibt verliert das Gold als Versicherung dagegen seinen Sinn.







35) Muß das Buchgeld auch umlaufgesichert werden?

Immer wieder wird von Buchgeldleuten, sowohl Gegnern als auch Anhängern das Argument gebracht, daß Gesell als Hauptanliegen ein Staatsgeld hatte, das von einem Währungsamt herausgegeben werden sollte und daß er die Rolle des Buchgeldes nicht erkannte. Deshalb sei eine Umlaufsicherung auf Bargeld allein nicht ausreichend, meinen die einen und die Gegner stellen gleich Gesell in die Reihe der Befürworter eines inflationierten Papiergeldes, obwohl er eine Festwährung verlangte. Sein vom Staat herausgegebenes Geld nehmen sie als Beweis, daß Gesell ein Etatist war.

Die sogenannten Anhänger tun Gesell damit einen Bärendienst, denn erstens war sein Währungsamtvorschlag ausschließlich gegen die damals in privater Hand befindlichen und auf die Goldwährung eingeschworenen Nationalbanken gerichtet und ist als solches zu werten. (Heute haben wir weder ein Goldwährung noch unabhängige Nationalbanken.) Und zweitens hat er sehr wohl die Wirkungsweise des Giralgeldes erkannt, wie der folgende Auszug beweist:

Es wird dort der peinliche Nachweis erbracht, daß die Bedingungen der Banken für Depositen ganz und gar von den Eigenschaften des deponierten Geldes abhängig sind. Wie Lagergeld für eine Milchkuh anders ist als für einen Esel, für Stroh anders als für Feuerlöschapparate, so werden die Eigenschaften des Freigeldes ( umlaufgesicherten Bargeldes) notwendigerweise auf die Depotbedingungen der Banken abfärben. Das Giralgeld ist kein besonderes Geld. Es ist gewöhnliches Bargeld, das den Banken zur Aufbewahrung übergeben wird, mit dem die Banken bis zur Abhebung Privatgeschäfte machen. Über dieses Geld können nicht die Depositäre und die Banken gleichzeitig verfügen, sondern nur nacheinander.( Seite369 NWO)"

Nun, ganz dasselbe habe ich dargelegt, wenn ich feststellte daß bei Umlaufsicherung NUR auf Bargeld die Banken wegen der Kosten die ihnen dann aus der Kassenhaltung erwachsen würden eine „ Bereitstellungsgebühr" auf Girokonten berrechnen müßten und damit diese auch praktisch einer Umlaufsicheung unterstellen würden. Man braucht also keine wie immer geartete zusätzliche Steuer. Auch keine Tobinsteuer oder Kreditsteuer. Wer von einer grenzenlosen Geldschöpfungs möglichkeit der Geschäftsbanken faselt, sieht eines nicht, was Gesell recht klar gesehen hat.

Gesells Bemerkung, daß Einleger und Banken nicht gleichzeitig über die Einlagen verfügen können, zeigt was er von der grenzenlosen Geldschöpfung der Geschäftsbanken hält.

Er durfte leider das Experiment von Wörgl nicht mehr miterleben, sonst hätte er gesehen wie gern die Leute das auf seine Anregungen herausgegebene Geld annahmen und wie geringe Kosten es tatsächlich verursacht. Er hätte sicherlich nicht fünfzig Jahre dafür gebraucht wie ich, das zu erkennen.

Dazu noch zur Errinnerung. Tatsächliche Kosten der Umlaufsicheung in Wörgl. Gesamt für die 14 Monate Laufzeit 740.-Schilling! 0.8 Promille des getätigten Umsatzes. Das waren die gesamten Kosten des Wunders von Wörgl. Wer das wegdiskutieren will und behauptet, daß jetzt andere Voraussetzungen gegeben sind als damals, sieht die Zusammenhänge nicht.

Jede Deflationssituation würde dieselben Voraussetzungen bringen. Wer nur die nun über sechzig Jahre andauernde Inflation und die von ihr verursachten Schuldenberge sieht, sieht nur eine Seite der Münze. In Wörgl gab es damals auch Staatsgeld der Nationalbank und die Leute wichen trotzdem nicht darauf aus um dem Schwund auszuweichen. Genau so wenig werden und können sie dem Schwund nicht ausweichen durch Benutzung von Überweisungen. Sie werden ihm ausweichen indem sie das Freigeld weitergeben und das ist ja der Zweck der Übung. Wenn sie tatsächlich versuchen würden dem Schwund durch Einlage auf ein Girokonto auszuweichen, wie viele Gegner einer Umlaufsicheung behaupten, würde das die Banken, wegen der mit Bargeld verursachten Kosten um so mehr zwingen diese Kosten abzuwälzen.

Es gab im Zeitalter der Brakteaten auch andere Münzen und trotzdem wurden die Brakteaten verwendet. Die Zeiten haben sich seit damals wohl geändert aber das Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt heute noch genau so wie damals.






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