Scheisse

Es ist wirklich schade, dass ich nicht schreiben kann. Ich will natürlich damit sagen, dass ich kein Autor bin. Schreiben im Sinne der grundlegenden Anwendung einer Kulturtechnik kann ich schon, das verdanke ich der Gnade meiner Geburt in einem der Staaten dieses Planeten, in denen die Schulbildung ein Standard ist.

Schade ist es deshalb, weil ich eigentlich einiges zu sagen hätte über die Dinge, über die ich nachgedacht und die ich beobachtet habe während meiner Lebenszeit. Und es ist deshalb schade, weil ich vermute, dass meine Gedanken und Beobachtungen etwas beizutragen hätten zum Verständnis des scheinbar Unverstehbaren.

Die Welt, oder besser gesagt unsere Welt, die Menschenwelt, ist ein unerträglich stinkender Haufen Scheisse. Du kannst es wirklich vergessen, etwas daraus oder darauf machen zu wollen. Es wäre die reine Zeitverschwendung. Was wir aus den Möglichkeiten gemacht haben, die uns die Natur mit ihrer phantastischen Erfindung der Evolution freundlicherweise überlassen hatte, ist mit »lächerlich wenig« noch bei weitem zu freundlich umschrieben.

Da findet sich eine ganze Reihe von Beinahe-Unmöglichkeiten völlig entgegen der Wahrscheinlichkeitsrechnung zusammen, da gebiert die unverehrte Grundgüte der Genesis in einem Planetensystem nicht nur die Anlagen für ein selbstorganisierendes Leben auf Kohlenstoffbasis, sondern stellt diesem durch ein ausgeklügeltes System von immer weiter wachsenden Anforderungen auch noch alle Voraussetzungen für die Entstehung von Intelligenz bereit und wir Menschen, die selbstproklamierte Krönung dieser Schhöpfung, ignorieren die Möglichkeiten seit nunmehr etlichen hundert Jahren. Wir sind, kurz gesagt, so doof wie Scheisse.

Ich vermute sogar, dass ein Haufen Scheisse wesentlich intelligenter ist, als die Menschheit letzten Jahrhunderte zusammen genommen, denn er enthält eine Unmenge Bakterien, die es immerhin in einer gemeinsamen Anstrengung zu Wege bringen, durch die produzierten Gerüche etwa Schmeißfliegen anzuziehen und so zum eigenen Überleben und zur eigenen Weiterverbreitung, also zur »Eroberung ihrer Welt«, beizutragen. Sie haben die Vorteile von Kooperation in die Praxis umgesetzt.

Was wir Menschen zu Wege bringen ist im Wesentlichen uns selbst zu behindern und uns bei allen unpassenden Gelegenheiten gegenseitig zu verletzen, zu töten und auszurotten. Und wir beschränken uns dabei nicht einmal auf die eigene Art, wie die traurig stimmenden Aufzeichnungen der Biologen der letzten Jahrzehnte belegen. Wir nehmen ohne Rücksicht auf die eigene Art oder gar entfernte Verwandte unseren gesamten Lebensraum wider besseres Wissen als ausbeutbaren Sklaven wahr, der keines weiteren Gedanken würdig sein kann. Wir nehmen, nehmen, nehmen und nehmen dabei an, der Geber hätte unendliche Geduld mit uns.

Wir haben es nicht geschafft und wir werden es nicht schaffen, die einfache Erkenntnis in die Mehrheit der Köpfe zu befördern, dass Kooperation das Leben erleichtern würde und dass die Konstruktivität gegenüber jeder Destruktivität objektiv messbare Vorteile mit sich bringt. Wir führen Kriege. Früher schlachteten wir uns gegenseitig wegen der Länder und Gebiete ab, die der Gegner bewohnte, heute prügeln wir uns wegen der zur Neige gehenden Resourcen oder, noch hirnverbrannter, wegen der vermaledeiten Rechthaberei in Glaubensfragen. Die ewig wiederkehrenden Ismen und ihre Demagogen sind unser Stolperstein gewesen und sie werden es bleiben.

Betrachten wir ein einfaches Beispiel. Wie viel Produktivität, Energie und Gehirnschmalz wird wohl darauf verwandt, bereits einmal gemachte Entdeckungen und Erfindungen vor dem jeweiligen Rest der Menschheit zu verbergen oder sie durch Gesetze und Patente, die nötigenfalls mit Waffengewalt durchgesetzt werden, vor einer kostenlosen Nutzung durch Jedermann abzuschirmen? Das Doppelte? Das Dreifache? Das Zehnfache?

Die nicht sehr häufig auftretenden Exemplare unserer Gattung, die tatsächlich ab und an durch eine Laune der Natur eine Eingebung erhalten, arbeiten für diese oder jene Firma, leben in diesem oder jenem Staat und die hirnverbrannten Ideologien - auch der Kapitalismus ist nichts weiter als ein von idiotischen Fundamentalisten heilig gesprochener Ismus - verhindern es, dass auf eine tollen Idee eine ebenso grandiose Umsetzung in die Praxis erfolgt, die alle möglichen Seiteneffekte berücksichtigen würde und so tatsächlich etwas zur Verbesserung der Situation wirklich jedes Menschen auf unserer Welt beitragen könnte.

Stattdessen wird taktiert, es werden geheimste Geheimdienste und schnüffelnde Schnüffler engagiert, um der Gegenseite etwas abzufuchsen und dann für den eigenen Vorteil auszunutzen. Es wird gelogen und betrogen, es wird der eigene Vorteil gesucht und ab und zu veranstaltet die Elite ein gewissensberuhigendes Event, um etwas gegen die ach so tragische »Not in der Welt« zu unternehmen. Zu deren Auswüchsen sieht man sich selbst natürlich in den restlichen 99.9% seiner Lebenszeit keineswegs beitragend.

Es ist einfach lachhaft, wie verblendet dieses Häufchen Scheisse von Menschheit ist, das sich bei aller selbstzugeschriebenen Intelligenz bis Heute nicht dazu durchringen kann, längst überholte und sowohl logisch wie auch mathematisch nachweisbar nachteilige Verhaltensmuster abzulegen, um mit einer Kooperation auf allen Ebenen das Paradies für jeden auf unserem Planeten zu schaffen. Sowohl die Arbeitsleistung, wie auch die Energie und die notwendigen Techniken dazu wären seit langer, langer Zeit vorhanden. Es ist alles da, wenn wir es denn nur nutzen wollten.

Nun wäre es ja ganz interessant herauszufinden, warum es eigentlich so ist, wie es ist, warum es so gekommen ist und warum es sich niemals ändern wird. Die Antwort ist einfach: unsere Lebensdauer ist zu kurz.