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Yadgar schrieb am 17.1. 2010 um 03:07:48 Uhr über

1983

Nicht zu fassen, 27 Jahre ist das mittlerweile her... und für mich als damals 13- bis 14jährigen fernsehköpfigen pickeligen Teeniedödel war es DAS Schlüssel-Jahr, das Jahr, in dem ein Großteil der Weichen für meine weitere Entwicklung gestellt wurden.

Der Reihe nach: Schon seit ein, zwei Jahren waren die Alternativ-, Öko-, Friedens- und sonstigen »Neuen Sozialen Bewegungen« in sämtlichen Medien Thema waren, so dass man selbst im biederen Köln-Weidenpesch langhaarig-bärtigen Norwegerpulliträgern in Anti-Atom-Hüttendörfern zur Prime Time in der Tagesschau nicht entgehen konnte. Pickel-Yadgar fand das alles unheimlich wildromantisch, so ganz anders als die von zuhause gewohnte verklemmte Akkuratesse der unteren Mittelschicht mit ihrem ewigen »Was sollen denn die Leute denkenund »Wir sind doch hier nicht bei den Asozialen!«; vom Erotikfaktor mal gar nicht zu reden.

So bekam ich dann in der Woche vor jener denkwürdigen Bundestagswahl am 6. März 1983, bei der die Grünen erstmals ins westdeutsche Parlament einzogen, aber leider auch Helmut Kohl als Kanzler der »geistig-moralischen Wende« (uärgl!) bestätigt wurde, meinen endgültigen Kick auf die linke Seite des politischen Spektrums, und zwar durch eine Glosse im »Kölner Stadt-Anzeiger«, in der es (ungefähr, sinngemäß) hieß: »Einfach ist es dann bei der CDU - da lernen die Kinder in der Schule wieder Zucht und Disziplin...« - womit für mich der Fall klar war, mit so einer Partei KONNTE ich mich einfach beim besten Willen nicht identifizieren, und das blieb dann trotz gelegentlicher Anwandlungen von Ökokonservatismus (dann eher langbärtig als langhaarig) bis heute so.

Aber zurück ins Jahr 1983. Seit damals ist viel über den legendären Pop-Sommer von 1982 geschrieben worden, mit ABC, Haircut 100, Spandau Ballet, Heaven 17, um die prominentesten Vertreter der »New Romantics« zu nennen. Für mich waren die New Romantics von '82 ein Jahr zu früh dran, da ich erst 1983 ein eigenes Zimmer eingerichtet bekam und vorher an ungestörtes Radiohören nicht zu denken gewesen war, so dass ich vom damaligen Popgeschehen nur über das elterliche Autoradio erfuhr, das wiederum war konstant auf RTL eingestellt war (uärgl!), so dass ich außer der Spider Murphy Gang und Shakin' Stevens nicht viel mitbekommen konnte.

Gerade eben lese ich in der »Annalen«-Rubrik der »Babyblauen Seiten« (dem deutschen Progressive-Rock-Zentralorgan im Internet), dass 1983 auch das Geburtsjahr des Neo-Prog gewesen sein soll, mit Bands wie IQ, Pendragon, Twelfth Night oder Pallas... davon konnte ich allerdings erst recht nichts wissen, da ich nicht einmal den alten Progrock kannte - so ist das halt, wenn man keine älteren Geschwister hat, die einem Musik jenseits von Heino und James Last hätten näherbringen können... mein jüngerer Bruder stand damals auf Breakdance und frühen Hip Hop (also Grandmaster Flash, Shannon und Komplizen), später auch mal auf Heavy Metal (Accept, Slayer).

Meine Erstbegegnung mit Progrock war formell »Owner Of A Lonely Heart« von Yes, als es Ende 1983 im Jahresrückblick auf WDR 2 lief... kein wirklich guter Einstieg, aber was will man machen, die frühen 80er waren wirklich die Sauregurkenzeit des Prog, und Neoprog lief wenn überhaupt allenfalls im Nachtprogramm der BBC, dafür reichte aber mein Englisch damals noch nicht aus.

Aber da war auch noch diese seltsame Konservatoriums-Truppe aus München um die vier Weindorf-Brüder, die doch tatsächlich neudeutsch gewellten Wagnerpop spielten und sich vor allem einen unschlagbaren Bandnamen zugelegt hatten: Zara-Thustra!

Die Musik von Zara-Thustra kann man nun wirklich nicht als Rock bezeichnen, dazu ist sie zu gitarrenarm und synthesizerlastig (von Spezialitäten wie Waldhorn und klassischem Tenorgesang mal ganz abgesehen)... aber sie prägte meinen Musikgeschmack in Richtung symphonischer Romantik, so dass ich in den folgenden Jahren erst durch Winfrid Trenklers Elektronik-Sendung »Schwingungen« zu Vangelis, Jon & Vangelis und schließlich dann doch zu Yes, Genesis, Jethro Tull und deutschem (Kraut-)Prog der 70er fand, so dass mir spätestens ab 1990 das Tor zum Progrock-Universum offenstand.

Was passierte 1983 sonst noch? Mein in einer früheren Assoziation hier bereits erwähntes Konzertdebüt als Highmorgler (»No Milk Today«)... eine Fahrradtour im Alleingang auf der B 8 von Köln nach Höchstenbach und zurück (insgesamt 170 km), die mich zu dem Irrglauben verleitete, zum Fahrradglobetrotter geboren zu sein (ein Irrglaube, der sich hartnäckig mindestens 20 Jahre lang hielt!) - und da ich mich 1983 auch definitiv unsterblich in Afghanistan verliebte, machte ich mir allen Ernstes weis, es 1989, nach meinem Abitur, in ganzen sechs Wochen kurbelnderweise bis nach Kabul schaffen zu können!


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