>Info zum Stichwort orange | >diskutieren | >Permalink 
solarschule schrieb am 19.2. 2003 um 05:11:28 Uhr über

orange





Orange Alert

Herbert Hasenbein 18.02.2003

Dient das erhöhte Sicherheitsrisiko zur Zähmung der Widerspenstigen in den
USA

Alle US amerikanischen Bürger sind vom Bioterrorismus bedroht. Das ist nicht mehr nur
»neighbourhood watch«, sondern verlangt nach dem offenen Bekenntnis zur
amerikanischen Nation.




»Es ist die Abstimmung mit dem Arm«, räsoniert Paul Offit, Leiter der Abteilung für
Infektionskrankheiten am Children's Hospital von Philadelphia und Berater des US
Präsidenten für die Aktion »Schutzimpfung von Ärzten und Pflegepersonal«: Amerikanische
Ärzte und Krankenschwestern verweigern sich: weniger als 1000 von 1/4 Million Impfdosen
sind verabreicht worden, seitdem der Impfstoff vor zwei Wochen bereitgestellt wurde.
Insgesamt liegen 500.000 Impfdosen auf Lager.






Die Verordnung im Hauruck-Verfahren, die Angst vor Nebenwirkungen, die Unsicherheit, wer
für die ausfallenden Stunden oder gar für die Behandlungszeit ernsthafter Komplikationen
aufkommt, machen die Bemühungen der US-Regierung zunichte, rechtzeitig vor dem Krieg die
ersten Anlaufstellen von Pockenkranken, nämlich die Krankenhäuser und ihre
Notfallambulanzen, entsprechend vorzubereiten.

»Wie soll ich meine Familie schützen, wie die Patienten, mit denen ich Umgang habefragt
eine Krankenschwester. "Die kleine Bandage am Arm ist doch kein Schutz. Da rutscht einer,
greift nach meinem Arm und schon ist die Bandage hin." Diese Meinung findet Rückhalt bei
vielen Verantwortlichen in den Vereinigungen von Schwestern und Krankenpflegern. Nicht
ohne Ironie ist, dass am Wohnort des früheren demokratischen Präsidenten Bill Clinton der
erste lautstarke Protest begann, am St. Vincent Infirmary Medical Center in Little Rock,
Arkansas. Maragaret Preston, Sprecherin für die Catholic Health Initiatives of Erlanger
erklärte: "Die Pockenschutzimpfung des Personals ist ein Risiko für die Patienten, und dieses
Risiko ist größer als der Nutzen." Danach ging es wie ein Lauffeuer durch die Bundesstaaten:
»Wir haben immungeschwächte Kinder.« »Wir haben Krebskranke mit Abwehrschwäche.«
Und manche Krankenhausträger sekundieren: "Wir können den zusätzlichen Ausfall von
Personal bei der angespannten Lage nicht verkraften."




Pockenimpfungen gegen die scharzen Blattern

Europäische Medizinhistoriker sind der Auffassung, dass der 30jährige Krieg nur wegen der
Pockenepidemien ausgebrannt ist. Schon Martin Luther beschreibt sie als "böse schwartze
blattern". Im späten 17. Jahrhundert starben jährlich schätzungsweise 400.000 Europäer an
Pocken, davon 70.000 Deutsche. Hinzu kommen dauerhafte Schäden: Erblindung, Taubheit,
Lähmungen, vom »pockennarbigen Gesicht« ganz abgesehen. Island zählte 1703 mehr als
50.000 Einwohner und vier Jahre nach der Pockenepidemie knapp 34.000 Personen. Da die
Ansteckungsrate für nicht-immune Menschen bei nahe 100 Prozent liegt, sind
Menschenansammlungen tödlich. In Paris wurden allein im Jahr 1713 mehr als 20.000
Personen beerdigt, später nur noch verscharrt. Aus diesen Erfahrungen erwuchs das Prinzip
der Impfung. Das individuelle Risiko hatte zurückzutreten vor dem Effekt für die
Gesamtbevölkerung. In Deutschland wurde das Impfrisiko durch die Pflichtimpfung im
Säuglingsalter gering gehalten und die Komplikation beim Erwachsenen durch die gesetzlich
geregelte Entschädigung wirtschaftlich abgefedert.

Aus diesen Erfahrungen ist die Pockenschutzimpfung die logische Konsequenz für die
dauerhafte Vorsorge. Da mit lebendem, wenn auch abgeschwächtem Virus geimpft wird,
besteht zwar die Gefahr der Schmierinfektion. Die war nach den jahrhundertelangen deutschen
Erfahrungen selbst bei Säuglingen und Kleinkindern unwesentlich und dürfte mit den heute
verfügbaren Klebeverbänden noch geringer sein. Nur impfen sollte der Arzt können. Es geht
nicht um den schmerzlosen Schuss wie bei der Grippeimpfung oder um eine Spritze in den
Allerwertesten, sondern um das gekonnte Einritzen der Haut mit dem besonderen
Impfskalpell, das nicht zu viel und nicht zu wenig Viren in die blutfreie Nische einbringt.
Früher musste in Deutschland jeder Medizinstudent die diffizile Technik erlernen. Heute gibt
es nur wenige Ärzte mit praktischer Erfahrung. Folglich steigt das Impfrisiko um ärztliche
Kunstfehler. Ein weitaus gewichtigeres Argument erwächst jedoch aus der Unkenntnis des
wahren Erregers: Greifen die Terroristen auf einen der beiden bisher bekannten Viren zurück
oder auf eine biotechnische Variante, gegen die der herkömmliche Impfstoff wenig oder gar
nicht wirksam ist?

Die Inkubationszeit für die herkömmlichen Pocken liegt bei 14 Tagen. Frei von
Explosivstoffen und Waffen haben »Selbstmordattentäter« reichlich Zeit, ins Land einzureisen
und bis zum Ausbruch der Erkrankung in öffentlichen Verkehrseinrichtungen oder
Einkaufszentren Menschen anzuhusten und zu berühren. Oder sie könnten, wie es die
Engländer vor 150 Jahren in Kanada zur Ausrottung der Indianer praktizierten,
pockenviren-geschwängerte Decken verteilen. Die anfänglich hochfieberhafte Erkrankung mit
Kopf-, Glieder- und Kreuzschmerzen wird die Kranken in die Ambulanzen der Krankenhäuser
treiben und dort gleichermaßen das ungeimpfte Personal und über den direkten Weg die
immungeschwächten Patienten dahinraffen. Die Zeit der Vorwarnung ist kurz: Welcher Arzt
hat bisher schon das Krankheitsbild »live« gesehen und diagnostiziert?

Automatisches Überwachungssystem

Die Horrorvision stimulierte zahlreiche US Arbeitsgruppen, ein Frühwarnsystem zu
entwickeln, das ohne unmittelbares menschliches Zutun wirksam ist. Diesem Prinzip folgen
Ben Y. Reis und Kollegen, ein Team von der Harvard-Universität. Sie beschreiben soeben in
PNAS ein Überwachungssystem, das auf Zeitreihenanalysen beruht. Die Wissenschaftler
ermittelten die täglichen Zugänge in einem Kinderkrankenhaus für das vergangene Jahrzehnt
und leiten aus den Neuerfassungen des Tages eine Warnung ab, falls die Zahl der
eingelieferten Kinder pro Tag oder in Folge mehrerer Tage über ein bestimmtes Niveau
hinausgeht. Motiviert durch diese und ähnliche Berechnungen laufen bei vielen
Krankenhausträgern die Computer heiß. In Massachusetts haben sich acht Träger und damit
zahlreiche Hospitäler zu einem Netzwerk zusammengetan, um Auffälligkeiten herauszufiltern.

Richard E. Hoffman vom University of Colorado Health Sciences Center in Denver weist in
den jüngsten Ausgabe von Emerging Infectious Diseases auf den unkalkulierbaren
technischen und personellen Aufwand hin. Er erinnert an das Auftreten weniger Pockenfälle
1947 in New York: 6 Millionen Bürger wurden damals geimpft. Diese Aktion lief für drei
Wochen täglich über 12 Stunden und blockierte wichtige Funktionen in 179 Krankenhäusern.





"Meine Erfahrung mit den Regierungsbehörden in Nofallsituationen ist, dass der Gouverneur
ein Notfallteam zusammenruft, das Department für Sicherheit (jetzt Homeland Security) und
schließlich die Nationalgarde. Keiner dieser Leute hat die notwendige Kenntnis, um mit dem
Bioterrorismus fertig zu werden. Wenige Bundesstaaten, wenn überhaupt, haben Erfahrung
mit Quarantänezeiten über mehr als 1-2 Tage. Auch wenn alle Bundesstaaten zum Schutz der
Bevölkerung sowohl die Isolierung, wie auch Reisebeschränkungen kennen, liegt die
Durchführung bei unterschiedlichen Stellen und ist unerprobt."






»Orange Alert«, soeben von der US Regierung erklärt, bedeutet die vorletzte Alarmstufe. Ob
sich dahinter eine reale akute Bedrohung verbirgt? Es könnte auch Zweck zum Mittel sein:
Den Anordnungen der US Regierung ist im nationalen Interesse Folge zu leisten. Schließlich
kommen weder von der US Armee noch aus Israel Berichte über aufsehenerregende
Nebenwirkungen der dort bereits abgeschlossenen Pockenschutzimpfung. Zudem haben die
USA noch niemals einen Ausnahmezustand geprobt.
















Kommentare:
Kriegt die CDU jetzt auch ihr C aberkannt? (Commander, 19.2.2003 3:08)
wer hat das meiste interesse.... (Pincinato, 19.2.2003 1:48)
bush und hussein in der donnerkuppel (Pincinato, 19.2.2003 1:44)
mehr...










Copyright © 1996-2003. All Rights Reserved. Alle Rechte vorbehalten
Heise Zeitschriften Verlag GmbH & Co.KG
last modified: 18.02.2003
Privacy Policy / Datenschutzhinweis






   User-Bewertung: /
Ist Dir schon jemals »orange« begegnet? Schreibe auf was dabei geschehen ist.

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »orange«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »orange« | Hilfe | Startseite 
0.0368 (0.0243, 0.0111) sek. –– 822420244