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liebling schrieb am 1.2. 2016 um 17:29:05 Uhr über

Kurze-Lederhosen

Schon zu Lebzeiten Ferdinand Marias war die Vermählung des Kurprinzen Max Emanuel mit der ältesten Nichte König Ludwigs XIV., Mademoiselle de Valois, sowie des Dauphin mit der bairischen Prinzessin Maria Anna ins Auge gefaßt und deshalb 1675 zwischen S. und dem französischen Gesandten in Basel, Abbé Gravel, verhandelt worden. 1679 wurde der Plan wieder aufgegriffen, und der französische Geschäftsträger Colbert berichtete, er habe an dem Kanzler S. einen ebenso anhänglichen, wie geschäftsgewandten Bundesgenossen gefunden. Die Heirath des Dauphin mit der baierischen Prinzessin kam auch zu stande, obwohl im Auftrage Kaiser Leopolds zuerst Graf Johann Hartwig Nostitz, dann Graf Franz v. Lobkowitz sich alle Mühe gaben, die gefährliche Verschwägerung des baierischen Hofes mit dem französischen zu hintertreiben. Der Vormund des minderjährigen Kurfürsten und Vorsitzende des Regentschaftsrathes, Herzog Maximilian Philipp, war den Franzosen nichts weniger als freundlich gesinnt, der Beichtvater des Kurfürsten, P. Spinelli, die Geheimräthe Törring, Dellmuck und viele andere hohe Beamte waren dem habsburgischen Hause ergeben, aber die Autorität des Kanzlers spottete aller ihm widerstrebenden Bemühungen. Es wird nicht bloß die Heirath zu stande kommen, schreibt Lobkowitz nach Wien, sondern auch das schon in der Luft schwebende baierisch-französische Bündniß wird perfect werden, wenn es nicht gelingt, den allmächtigen Kanzler Schmid für des Kaisers Sache zu gewinnen! Allein die Vorstellungen, wodurch Lobkowitz den Kanzler von seiner unpatriotischen Haltung zurückbringen wollte, blieben lange Zeit ebenso erfolglos, wie die Versuche, die Uebermacht Schmid’s zu brechen. Erst als der junge Kurfürst selbst, der schon im Mai 1680, wie Lobkowitz nach Wien berichtete, vor Zeugen sich verschwor, der Teufel möge ihn holen, wenn er je eine Französin heirathe, die Zügel der Regierung ergriff, bahnte sich allmählich ein Umschwung an. Im März 1681 traf Kaiser Leopold mit Max Emanuel in Altötting zusammen; der junge Kurfürst war über die Aufnahme, welche er beim Kaiser fand, hocherfreut und gelobte, den vom Kaiser geschenkten Degennur zu des Kaisers defension gebrauchen zu wollen“, – eine Erklärung, die besonders werthvoll war, da die zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich infolge der rechtswidrigen Reunionen Ludwigs XIV. eingetretene Spannung jeden Tag zum Krieg führen konnte. Doch ist des Jesuiten Franz Wagner Mittheilung, daß zu Altötting auch die Verlobung des Kurfürsten mit Erzherzogin Marie Antonie und ein Particularbündniß zwischen Oesterreich und Baiern verabredet worden seien, völlig unrichtig. Der Kurfürst trug sich damals mit dem Gedanken, eine Tochter des Herzogs Hans Georg von Sachsen-Eisenach, also die Tochter eines protestantischen Hauses, heimzuführen, und der Kanzler S. und die französische Partei, auch die Jesuiten des Münchener Collegiums begünstigten dieses Project. Da sich aber die Eltern der Prinzessin weigerten, zum Uebertritt ihrer Tochter zum Katholicismus ihre Zustimmung zu geben, erhob Papst Innocenz XI. Protest gegen jede Fortsetzung der Verhandlungen; um zu verhüten, daß das baierische Kurhaus in Familienverbindung mit Lutheranern trete und dadurch die Glaubenseinheit Baierns gefährdet werde, suchte die Curie den Kurfürsten für eine Vermählung mit der Tochter Kaiser Leopolds, die als rechtmäßige Erbin der spanischen Monarchie gelten könne, zu gewinnen. Da gegen den Willen und ohne die Erlaubniß des Papstes an die Ehe mit der sächsischen Prinzessin nicht zu denken war und das angeregte Project so glänzende Aussichten eröffnete, hielt es nicht schwer, den Kurfürsten damit zu befreunden. Dazu kam, daß die Wegnahme der Reichsstadt Straßburg vom Kurfürsten sehr mißfällig aufgenommen wurde, – ließ sich doch sogar Kanzler S. „äußerlich vermerken, daß er diese französische Procedur ganz nicht billigen könne“. Max Emanuel trat in geheime Unterhandlungen mit dem kaiserlichen Hofe wegen Beitritts zum Haager Bündniß ein, und am Umschwung der baierischen Politik war kaum noch zu zweifeln, als mit Umgehung des Franzosenfreundes S. der kaiserlich gesinnte Rath Leyden mit den geheimen Verhandlungen in Wien betraut wurde. Am 17. Februar 1682 wurden die Präliminarartikel eines Allianzvertrags vom Kurfürsten unterzeichnet, doch fuhr der österreichische Gesandte fort, zu versichern, das Abkommen entbehre der Festigkeit, solange der Kanzler S. im Amte bleibe. Erst ein volles Jahr später, am 23. Jänner 1683 gelangte dieDefensiv-Allianz sowohl gegen der Türcken, als andrer zustoßender gefahrzu glücklichem Abschluß, und nun glaubte Graf Kaunitz auch den letzten, entscheidenden Schritt wagen zu dürfen: er verlangte als höchsten Beweis der Reichstreue des Kurfürsten die Entfernung des Kanzlers. Max Emanuel willigte ein, und am 27. Februar 1683 erging an S. ein Decret, daß ihmaus gewissen erheblichen Ursachen“ befahl, sich „dermahlen und bis auf weitere gnädigste resolution von allen publicis und was davon dependiret, sowol im Rhat, als in der gehaimben Canzlei bey der Expedition völlig zu enteußern“. Darauf bat S. umgehend um seine Entlassung; da er einsehe, daß die „Schwätzerei“, der er zum Opfer gefallen sei, „gar zu fest radiciert“ sei, so bitte er, Kurfürstliche Gnaden möchten ihnpro emerito erklären und als einem alten 34jährigen Karrengaul für die kurze Zeit seines Lebens dasienige noch gnedigist vergonnen, war er bishero zuer Besoldung und sonsten genossen hab“, dagegen wolle er denjenigen, die ihmden heutigen Herzstoß procuriret“, von Herzen vergeben. Der Kurfürst entsprach dieser Bitte, ja, er fügte sogar hinzu, S. möge ihn auch mit seinem wohlbewährten Rath unterstützen. Ob sich die „Schwätzerei“ auf den angeblichen Verrath bezog, dessen sich S. „Gallico advocato similior quam Germanicae aulae ministro“, schuldig gemacht haben soll, indem er dem König von Frankreich den Rath gegeben habe, Truppen gegen Baiern zu senden, um den zu Oesterreich hinneigenden Fürsten durch Furcht zum Gehorsam zurückzubringen, ist nicht festzustellen; glaubwürdig ist Wagners Angabe schon deshalb nicht, weil in der Correspondenz der kaiserlichen Gesandten, die sich im übrigen so bitter über S. zu beklagen pflegen, von solchem Verrath keine Rede ist. Auch war die Ungnade des Kurfürsten nicht von langer Dauer. 1684 richtete S., der sich nach seinem Schlößchen Schönbrunn bei Dachau zurückgezogen hatte, „ex lecto“ an den Kurfürsten die Bitte, es möge erlaubt werden, daß sein Sohn Franz Kaspar, der schon vor vierthalb Jahren zum Hofrath ernannt worden sei, diese Stelle wieder antrete; es falle ihm schwer, das Gesuch zu stellen, „aus Ursach, wie der Herr David beklagt: quia praevalerunt adversus me inimici mei, et ut alibi dicitur: odio habuerunt me gratis“, trotzdem wage er die Bitte, da er vor seinem Tod den Trost haben möchte, wenigstens eines seiner Kinder versorgt zu sehen. Der Bitte wurde entsprochen, auchin Ansehung der vom Vater geleisteten, langwierigen, treuen Dienstedie Hofrathsbesoldung gewährt, ja, der Kurfürst wiederholte die Bitte, daß ihm sein bewährter Rathgeber auch ferner an die Hand gehen möge. „Ob ich zwar“ – erwiderte S. – „meines theils zimblich schwere Laibszueständt habe, so ist doch der Kopf noch allerdings guet und stehet dahero zur Eurer Churfürstlichen Durchlaucht gnedigsten disposition.“ Als sich die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Wien und München wieder gelockert hatten, war bei Hofe, wie Villars 1687 seinem König berichtet, die Ansicht verbreitet, der emeritirte Kanzler werde wieder an seinen Posten berufen werden. Es kam jedoch nicht dazu, angeblichGeneral Florimond erzählte dies später dem Hofbibliothekar v. Oefele – weil S. selbst es ablehnte und sein körperliches Leiden vorschützte. Nach Mittheilung Florimond’s, der den Kanzler noch persönlich kennen gelernt hatte, „il trouva un air bourgeois, des cheveux mal peignez, lesprit fin et actif, le coeur tout français“. S. zählte auch zu den bedeutendsten Juristen seiner Zeit; in den „Commentarii ad jus municipale Bavaricum“ (17l5) erscheint er als Vorläufer der Kreittmayer’schen Reformen. Die Familie S. auf Haselbach und Pürnbach erlosch zu Anfang unseres Jahrhunderts.


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