>Info zum Stichwort Draußen | >diskutieren | >Permalink 
D. A. Gray schrieb am 6.11. 2008 um 12:39:40 Uhr über

Draußen

6. März 2007

So, da bin ich nun also angekommen, im »Compound 175«... eine Einarbeitung in das Datenbanksystem habe ich schon bekommen, seit gestern sitze ich nun täglich von 9 bis 18 Uhr (abzüglich einer Stunde Mittagspause) an meinem Terminal und übertrage kryptisch anmutende Datensätze in die standardisierte Eingabemaske. Gegenwärtig habe ich es vor allem mit zwei Tabellen zu tun, einer mit Buchtiteln und Autoren sowie einer weiteren mit Angaben über das für jeden Datensatz der ersten Tabelle zu verwendende Verschlüsselungsverfahren. Dabei enthalten schon die Spalten für Titel und Autor in der ersten Tabelle keineswegs Klartext, sondern Buchstabenkombinationen, deren Sinn sich mir gegenwärtig beim besten Willen nicht erschließt:

1 EAA RMSM
2 A DW
3 WEZSIK WWK
4 VPZDDW HDE

und so weiter.

Die linke Spalte enthält ganz klassisch einen numerischen Primärschlüssel, wie ich ihn aus unzähligen vorher schon bearbeitenen Datenbanksystemen kenne. Mir fällt eine gewisse Häufung von Datensätzen auf, in denen im Feld »Titel« einfach nur »A« steht, woraus ich folgere, dass diese Buchtitel im Original ebenfalls gleichlautend sind - es sei denn, die Spalte »Titel« entsteht aus der kombinierten Kodierungen mehrerer Originalspalten, dann können natürlich unterschiedliche Ausgangs-Kombinationen zum selben Ergebnis führen...

Bei der zweiten Tabelle scheint es sich um eine Referenztabelle zu handeln, jedenfalls kommt es durchaus vor, dass einem Datensatz aus Tabelle 1 mehrere Verschlüsselungsverfahren zugeordnet sind, insgesamt scheint es allerdings nicht mehr als vier Verschlüsselungsverfahren zu geben, die mit den Buchstaben A, B, C und D benannt sind (zur Abwechslung mal Buchstaben als Primärschlüsselwerte!). Was es mit diesen vier Typen Genaueres auf sich hat, erfahre ich nicht - zumindest vorerst habe ich nur auf diese beiden Tabellen überhaupt Lesezugriff, aber das kann sich möglicherweise noch ändern.

Die Datenbank als Ganzes selbst muss nach Aussagen meiner sechs Kollegen hier in der Abteilung schier gigantische Ausmaße haben, mit Tausenden oder sogar Zehntausenden von Tabellen, die insgesamt Hunderte Millionen von Datensätzen enthalten... ähnlich gigantische Ausmaße wie dieser ominöse »Compound 175«.

Bei der kurzen Führung am Tag nach meiner Ankunft stellte ich bereits fest, dass die Architektur dieses Gebäudes bei aller nüchternen Sachlichkeit der Ausstattung derart kompliziert verwinkelt ist, dass ich mir eigentlich nicht vorstellen kann, dass keine Absicht dahinter stecken sollte - ohne Etagenpläne verläuft man sich in den teilweise kilometerlangen Gängen hoffnungslos. Aber am frappierendsten: ich habe nirgendwo Fenster gesehen! Das ganze Leben hier scheint sich unter ewigem Neonlicht abzuspielen, nie fällt ein Sonnenstrahl in die Flure und BÜros...

Das bringt mich letztlich zu einer ganz existenziellen Frage: wo bin ich hier eigentlich? Wo auf der Erde befindet sich »Compound 175«? Die Anreise gibt mir leider keinen Hinweise, da ich die ganze Fahrt (oder Flug? Ich habe nicht die geringste Ahnung!) schlafend verbracht habe und ich keinen Anhaltspunkt habe, ob ich jetzt 5 Stunden lang mit 5 km/h oder 15 Stunden mit 1000 km/h unterwegs war. Zumindest die Schwerkraft dürfte aber den normalen irdischen Wert haben, allerdings wüsste ich nicht, wie ich dies messend überprüfen könnte...

Ich frage mich allerdings auch, ob mir durch solche Grübeleien nicht womöglich Nachteile erwachsen könnten... immerhin scheine ich ja hier für eine Organisation zu arbeiten, die sich nicht gerne in die Karten schauen lässt, und eines Morgens (oder wahrscheinlich eher Abends, nach einer üppigen Mahlzeit mit untergemischten Schlafmitteln) kurzerhand in den Zug oder das Flugzeug nach Hause gesetzt zu werden wäre womöglich noch das Harmloseste, was mir drohen könnte...

7. März 2007

Ich arbeite wie bereits erwähnt mit sechs Kollegen zusammen, die zum Teil mit einfacher Dateneingabe, zum Teil aber auch schon mit Abfragenprogrammierung beschäftigt sind. Die Umgangssprache ist Englisch, aber ihren Namen (Reto, Veronique, Anatol, Richard, Ivana und Yukihiro) wie auch ihrem Akzent nach sind es samt und sonders keine Muttersprachler, sondern ein international gemischtes Team - in den anderen Abteilungen, mit denen ich bis jetzt keinen Kontakt hatte, scheint es nicht anders zu sein.

Direkt beim Smalltalk in den Pausen auf derart tiefschürfende Fragen wie nach dem geographischen Ort von »Compound 175« oder dem organisatorischen Hintergrund von GDM (Global Database Management) zu sprechen zu kommen erscheint mir ungeschickt und wahrscheinlich auch riskant... immerhin konnte ich in Erfahrung bringen, dass mindestens Richard und Ivana ebenfalls einen Sechsmonats-Vertrag bei GDM unterschrieben haben, allerdings arbeiten sie bereits seit Dezember hier. Es gibt wohl auch Ein- und Zweijahresverträge... zwei Jahre in diesem Riesenbunker, womöglich ohne Urlaub... aber was tut man nicht alles für 16000 Euro (oder mehr) netto im Monat!

Die Privatquartiere sind kleine, aber komfortabel eingerichtete Einzelzimmer, jedem Beschäftigen im »Compound 175« steht ein persönlicher PC zur Verfügung - allerdings wie auch die Arbeitsplatz-Rechner ohne Internetzugang, man kann lediglich auf das Intranet dieser mysteriösen Organisation zugreifen. Ich konnte bis jetzt nicht herausfinden, ob dieses Intranet lokal auf Compound 175 beschränkt ist oder auch andere Compounds (so sie denn existieren sollten) irgendwo anders auf der Welt umfasst... immerhin gibt es einen internationalen Nachrichtenkanal, und die Auswahl an Kinofilmen ist auch beachtlich.

9. März 2007

Ein merkwürdiger Traum... irgendwas von einem alten Buch, das ein Verwandter mir vor langer Zeit, als ich so ungefähr 13 Jahre alt war, schenken wollte, es kam aber dann aus organisatorischen Gründen nicht dazu, meine Eltern fanden nicht die Zeit für einen Besuch dort, und das Buch landete im Müll. Später wurde nie darüber gesprochen, aus der Sicht meiner Eltern muss es wohl belanglos gewesen sein, aber jetzt in diesem Traum konnte ich die Gewißheit, dass die Lektüre dieses Buches meinem Leben eine völlig andere Richtung gegeben hätte, geradezu mit Händen greifen! Hätte ich dieses Buch gelesen, so erschien es mir, würde ich jetzt nicht in einem obskuren unterirdischen Rechenzentrum sitzen, sondern die Welt außerhalb dieser Mauern durchstreifen... draußen!

Was es für ein Buch war? Keine Ahnung, ich kann nur Vermutungen anstellen... ich kann mich nicht einmal erinnern, welcher Verwandte es konkret war. Das Buch dürfte wohl irgend ein populär geschriebenes wissenschaftliches Werk gewesen sein, da der Verwandte offentlich davon ausging, dass es mich interessieren müsste...


   User-Bewertung: /
Bedenke: Uninteressante und langweilige Texte werden von den Assoziations-Blaster-Besuchern wegbewertet!

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Draußen«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Draußen« | Hilfe | Startseite 
0.0184 (0.0078, 0.0092) sek. –– 818759788