>Info zum Stichwort ConlonNancarrow | >diskutieren | >Permalink 
wuming schrieb am 5.8. 2010 um 16:14:51 Uhr über

ConlonNancarrow

Samuel Conlon Nancarrow (* 27. Oktober 1912 in Texarkana, Arkansas; † 10. August 1997 in Mexiko-Stadt) war ein mexikanischer Komponist US-amerikanischer Herkunft.

Nancarrow wurde bekannt mit seinen 51 Studien (studies) für Player-Piano. Der Komponist stanzte seine Kompositionen für elektro-mechanische Selbstspielklaviere direkt in die Notenrollen der Klaviere. Die starken und breiten Papierstreifen, mit denen Nancarrow die Mechanik solcher Klaviere ansteuerte, sind in etwa vergleichbar den bei älteren Computern verwendeten Lochstreifen oder -karten. So konnte Nancarrow in Hinsicht auf Tempo, Rhythmus und Metrum neuartige musikalische Strukturen realisieren, die über die manuelle Spielfähigkeit von Pianisten weit hinausgehen.

Die Hinwendung zum vorher von Komponisten weitgehend unbeachteten Player-Piano ergab sich aus frühen Erfahrungen mit der schlechten Aufführungsqualität seiner schwer spielbaren Kompositionen, aber auch aus Nancarrows Situation im mexikanischen Exil, wo er von Institutionen, die moderne Musik aufführen oder Komponisten fördern, isoliert war. Ab 1947 schrieb Nancarrow ausschließlich für dieses Instrument, für das er sich eigene Werkzeuge und Stanzmaschinen baute, auch der Klang des Klavieres wurde modifiziert.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
2 Rezeption
3 Literatur
4 Weblinks
5 Einzelnachweise

Leben [Bearbeiten]
Nancarrow begann ab 1930 ein Studium am Konservatorium von Cincinnati (Trompete). Es folgte ab 1934 ein Studium in Komposition bei Walter Piston, Roger Sessions und Nicolas Slonimsky in Boston. Er wird vorübergehend Mitglied der Kommunistischen Partei der USA. Anschließend reist Nancarrow ab 1936 als Jazztrompeter auf einem Dampfer nach Europa. Er besucht London, Paris und Deutschland. Als Soldat der Abraham-Lincoln-Brigade geht er 1937 nach Spanien und kämpft dort im Bürgerkrieg auf republikanischer Seite. Nach der Niederlage der republikanischen Seite im spanischen Bürgerkrieg kehrt Nancarrow 1939 schwer verletzt in die USA zurück und zieht dort nach New York.

Bereits ab 1938 werden erste Werke Nancarrows publiziert. Durch einen Artikel des Komponisten Henry Cowell wird er nach seiner Rückkehr in die USA erstmalig auf die kompositorischen Möglichkeiten des Player-Piano aufmerksam.

Ab 1940 hat Nancarrow wie viele seiner ehemaligen Kameraden der Lincoln-Brigade zunehmend politisch motivierte Schwierigkeiten in den USA (z. B. in Pass-/Visa-Angelegenheiten). Daraufhin verlässt er die Vereinigten Staaten und zieht nach Mexiko.

Im Jahr 1947 kauft sich Nancarrow in New York ein Player-Piano von AMPICO und ein Gerät zum Stanzen der zugehörigen Notenrollen. Ein Jahr später lässt er sich endgültig in Mexiko nieder. Dort beginnt er mit der Komposition von Stücken für das Player-Piano.

1955 Nancarrow nimmt die mexikanische Staatsbürgerschaft an.

Nachdem John Cage 1960 mit der Musik Nancarrows bekannt gemacht wird, choreografierte Merce Cunningham, mit dem Cage in dieser Zeit viel zusammenarbeitet, einige studies. Ab 1969 werden erste Schallplattenaufnahmen mit den studies produziert. Das Label Arch Records beginnt 1976 mit einer Gesamtausgabe der studies (Nr. 1-41 werden bis 1984 veröffentlicht).

1982 stellt Nancarrow, nach Vermittlung durch den ungarischen Komponisten György Ligeti, das erste Mal seine Musik persönlich und live dem europäischen Publikum vor. Ebenfalls auf Anraten von Ligeti erwirbt und restauriert Jürgen Hocker 1983 einen originalen Ampico-Bösendorfer-Selbstspielflügel, um Nancarrows Studies for Player Piano in Konzerten aufführbar zu machen. Die erste Live-Aufführung von Nancarrows Studies erfolgt 1986 anlässlich des Holland Festivals in Anwesenheit Nancarrows. Von 1987 bis 1990 folgen Konzertreisen Nancarrows mit dem Ampico-Bösendorfer Selbstspielflügel nach Köln, Hamburg, Hannover, Berlin, Wien, Paris. Anlässlich der Donaueschinger Musiktage kommt es 1994 und 1997 zur Uraufführung von Nancarrows Studies for two Player Pianos. 1997 folgt die erstmalige Aufführung des Gesamtwerks Nancarrows für Player Piano anlässlich der MusikTriennale Köln durch Jürgen Hocker.

Im Jahr 1997 stirbt Nancarrow 84-jährig in Mexiko-Stadt.

Der Nachlass von Nancarrow samt Instrumenten und seiner Stanzeinrichtung befindet sich in der Paul-Sacher-Stiftung in Basel.

Rezeption [Bearbeiten]
Selbst in der Szene der Neuen Musik blieb Nancarrow lange Zeit weitgehend unbekannt. Erst in den 1980er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde sein Werk vermehrt aufgeführt und einem größeren Kreis bekannt, vor allem György Ligeti förderte die Verbreitung von Nancarrows Werk.

2010 veröffentlichte der deutsche Techno-Künstler Wolfgang Voigt das durch Nancarrow stark inspirierte[1] Album Freiland Klaviermusik[2], auf dem er Pianola-Klänge und Minimal-Techno-Rhythmen kombiniert.

Literatur [Bearbeiten]
Die Musik von Conlon Nancarrow, in: Programmheft zur Documenta 7 (Hrsg. Otfrid Nies, Klaus Marx, Rainer Berger), Juli – Sept., 1. + 2. Aufl., Kassel 1982
Nachdruck in: Programmheft zum WDR-KonzertMusik der Zeit“, Köln, 5. Nov. 1982
Nachdruck in: Programmheft zum KonzertTöne und Gegentöne“ (Wiener Festwochen), Wien, 4. April 1989
Conlon Nancarrow. Ein altmodischer Avantgardist? in: FonoForum 7, München 1983, 69-71
Conlon Nancarrows Studies for Player PianoTime is the last frontier in music, in: Melos 4, 46. Jg., Mainz 1984, 104-122 (Korrektur der Druckfehler in Melos 5, 1985, 82)
Nachdruck (französisch): „Time is the last frontier in music“ – Les Etudes pour Player Piano de Conlon Nancarrow, in: Contrechamps 6, Lausanne 1986, 50-61
Nachdruck in: Programmheft zur 1. Nancarrow-Retrospektive in Frankreich (La Muse en Circuit et Musique Mécanique), Boulogne-Billancourt b. Paris, 21. - 26.Okt. 1991
Ich bin beim Komponieren nur meinen Wünschen gefolgt“. Conlon Nancarrow im Gespräch, in: MusikTexte 21, Köln 1987, 29-32
Conlon Nancarrow und die Emanzipation des Tempos. Ein Überblick über die Studies for Player Piano“, in: Neue Zeitschrift für Musik 7/8, Mainz 1989, 32-38
Nachdruck (dänisch): Tempöt bestemmer formen: Tempöt som konstituerende faktor i kompositionsprozessen: Conlon Nancarrows Studies for Player Piano, in: Dansk Musik Tidsskrift 4, December 1993/94, 110-117
Nachdruck (spanisch):: El tempo como factor de la composición: Studies for Player Piano de Nancarrow, in: Pauta 50-51, Mexico 1994, 101-112
Nachdruck (rumänisch): Tempo-ul ca factor componistic. “Studies for Player Pianode Conlon Nancarrow, in: Muzica (Revista editada de Uniunea Compozitorilor si Muzicologilordin Romania) 5/3, Bukarest 1994, 53-62
Conlon Nancarrow und die Emanzipation des Tempos, in: Bericht über das Internat. Symposion „Charles Ives und die amerikanische Musiktraditon bis zur Gegenwart“ (Köln 1988) (Hrsg. Klaus Wolfgang Niemöller), (Kölner Beiträge zur Musikforschung Bd. 164), Regensburg 1990, 249-264
Sinnlich-vital und intellektuell-strukturell. Conlon Nancarrow – ein merkwürdiger Sonderling, in: MusikTexte 73/74, Köln 1998, 90-93
Thomas Phleps: »Complex, but simple«. Conlon Nancarrows tempo-dissonierende Boogie Woogies und Canons für Player Piano. In: Komposition als Kommunikation. Zur Musik des 20. Jahrhunderts. Hg. v. Constantin Floros, Friedrich Geiger u. Thomas Schäfer (Hamburger Jahrbuch für Musikwissenschaft 17). Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang 2000, S. 175-205. Pdf: http://www.uni-giessen.de/~g51092/pdf_dateien/Complexbutsimple.pdf
Jürgen Hocker: Begegnungen mit Conlon Nancarrow. Schott Musik International, Mainz 2002. ISBN 3-7957-0476-6
Hanns-Peter Mederer: Experiment und Form. Beobachtungen zu Conlon Nancarrows study no. 20. In: Musik & Ästhetik. 10. Jahrgang, Heft 38. April 2006. S. 102 - 108.
Gregor Herzfeld: Nancarrows erhabene Zeitspiele. In: Archiv für Musikwissenschaft 64/4, 2007, S. 285-305.
Weblinks [Bearbeiten]
Portrait, Interview sowie umfassendes, kommentiertes Verzeichnis von Nancarrows Werken, einschließlich Erstaufführungen und Bearbeitungen, zusammengestellt von Monika Fürst-Heidtmann
Umfangreiche Informationen zu Werk und Leben, zusammengestellt von Jürgen Hocker
Die Internetseite des langjährigen Assistenten Nancarrows, Carlos Sandoval
Die verdeckten Spuren tonalen Denkens
Fotos, Hörbeispiele
Sonderedition Nancarrow (Rekonstruktion sämtlicher Rollen bis 2012)
Webseite der Filmdokumentation
Hörbeispiele auf »Art of the States«
Dokumentation einer 12-Kanalaufführung der Piano-studies 21 und 37, auch als Audio
Conlon Nancarrow im Katalog des Deutschen Musikarchivs
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.↑ De:Bug 144, Jul./Aug. 2010, S. 80
2.↑ Wolfgang Voigt - Freiland Klaviermusik bei discogs.com, abgerufen am 30. Juni 2010.
Normdaten: PND: 118907395 | LCCN: n84164410 | WP-Personeninfo
Personendaten
NAME Nancarrow, Conlon
ALTERNATIVNAMEN Nancarrow, Samuel Conlon
KURZBESCHREIBUNG mexikanischer Komponist
GEBURTSDATUM 27. Oktober 1912
GEBURTSORT Texarkana, Arkansas, USA
STERBEDATUM 10. August 1997
STERBEORT Mexiko-Stadt
Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/Conlon_Nancarrow“
Kategorien: Mexikanischer Komponist | Komponist (20. Jahrhundert) | Geboren 1912 | Gestorben 1997 | Person im Spanischen Bürgerkrieg | Mann


   User-Bewertung: -1
Ist Dir schon jemals »ConlonNancarrow« begegnet? Schreibe auf was dabei geschehen ist.

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »ConlonNancarrow«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »ConlonNancarrow« | Hilfe | Startseite 
0.0147 (0.0022, 0.0109) sek. –– 823952631