Anzahl Assoziationen zu diesem Stichwort (einige Beispiele folgen unten) 19, davon 19 (100,00%) mit einer Bewertung über dem eingestellten Schwellwert (-3) und 9 positiv bewertete (47,37%)
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positiv bewertete Texte
Der erste Text am 9.2. 2001 um 13:44:04 Uhr schrieb
Xantia über Reemtsma
Der neuste Text am 18.8. 2011 um 21:44:40 Uhr schrieb
Die Leiche über Reemtsma
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(insgesamt: 7)

am 25.9. 2002 um 20:41:14 Uhr schrieb
stormvogel über Reemtsma

am 12.4. 2004 um 22:51:17 Uhr schrieb
KIA über Reemtsma

am 14.2. 2006 um 23:14:49 Uhr schrieb
Rufus über Reemtsma

Einige überdurchschnittlich positiv bewertete

Assoziationen zu »Reemtsma«

Jemand schrieb am 9.2. 2001 um 17:34:39 Uhr zu

Reemtsma

Bewertung: 2 Punkt(e)

Interview mit Jan Phillip Reemtsma über seine Gefühle im Verfahren, über Trauma und Ohnmacht, Religion und Tod

Die Zeit, vom 25.Jan.2001, Nr.5, S.12 ff

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DZ: Hat sich Ihre Einstellung zum Tod verändert?

JPR: Auf einer Tagung wurde ich von einem Mann angesprochen, der aus einem osteuropäischen Land kam. Er war dort früher als Dissident zum Tode verurteilt und dann in die Psychiatrie versteckt worden. Später war er freigekauft worden. Der hatte mein Buch gelesen und sprach mich darauf an, wie es sich denn so lebt - danach. Wir versuchten gemeinsam eine Formulierung für das Leben danach zu finden. Er erzählte, dass er sich oft völlig fremd fühle, als habe er mit anderen Menschen nichts mehr zu tun. Ich sagte: Das kenne ich auch. Was mag das sein, das uns von ihnen trennt? Ich schlug vor: Die wissen alle nicht, das sie sterben müssen. Er sagte: Ich glaube, das stimmt. Also: Nicht meine Einstellung zum Tod hat sich verändert, sondern die Art des Wissens um den Tod. Jeder weiß, dass er sterben muss, und jeder weiß es irgendwie auch nicht. Besser: Jeder weiß, dass er muß, und keiner glaubt es. Es sei denn, man hat durch Erlebnisse wie eine schwere Krankheit und vor allem solche, wo das eigene Leben abhängig war von der Willkür eines anderen, das Wissen, dass das Leben von einem Augenblick auf den anderen zu Ende sein kann.

DZ: Wie wirkt sich dieses Wissen auf Ihr Leben aus?

JPR: Es nützt nichts, es ist zu nichts gut, man kann damit nichts anfangen. Es ist einfach nur da.

DZ: Haben Sie jetzt Angst vor den Menschen, nachdem Ihnen Menschen etwas angetan haben?

JPR: Nein. Dass es sich um eine zum Teil sehr unfreundliche Spezies handelt, war mir auch vorher nicht unbekannt.

DZ: Jedes Menschenleben beginnt und endet mit der Erfahrung der absoluten Ohnmacht. Ist die von Ihnen während der Entführung erlebte Ohnmacht nicht deshalb für Sie so schwer zu ertragen, weil es Sie auf der Höhe Ihrer biographischen Macht erwischt hat?

JPR: Das ist vielleicht nicht ganz falsch. Ich glaube, dass ein menschliches Wesen nicht so etwas wie ein Urvertrauen hat, wenn es auf die Welt kommt, sondern eher ein Urmisstrauen. Biographien, die nicht völlig katastrophisch verlaufen, erlauben, dass dieses Urmisstrauen unter der Decke bleibt. Es wird durch solche Erlebnisse wie meines gleichsam reaktiviert. Doch die Zustände der absoluten Hilflosigkeit gehören eben an den Anfang und an das Ende des Lebens und nicht in die Mitte. Aber der Unterschied ist: Nicht jede Form von Hilflosigkeit ist Bedrohung durch einen anderen - und das ist ein großer Unterschied.

Jemand schrieb am 9.2. 2001 um 17:29:43 Uhr zu

Reemtsma

Bewertung: 2 Punkt(e)

Interview mit Jan Phillip Reemtsma über seine Gefühle im Verfahren, über Trauma und Ohnmacht, Religion und Tod

Die Zeit, vom 25.Jan.2001, Nr.5, S.12 ff

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DZ: Sie haben damals im Keller von den Entführern die Bibel als Lektüre angefordert und nicht bekommen.

JPR: Ich wollte sie als dickes Buch. Und die Täter hätten nicht in eine Buchhandlung gehen müssen, um eine zu beschaffen. Sie hätten eine aus der Dorfkirche stehlen können.

DZ: Im Neuen Testament wird Reichtum oft mit Unfreiheit gleichgesetzt. Ein Beispiel ist der reiche Jüngling, der Jesus nachfolgen will, aber es nicht kann, weil Jesus von den Jüngern fordert, sich vom Reichtum loszureißen. Wie verstehen Sie diese Bilder?
JPR: Da hat Jesus sich verhalten wie ein Sektenführer.

DZ: Das stimmt nicht . Er hat nicht gesagt: Gib mir Dein Geld! Er hat gesagt: Gib es weg!

JPR: Geld kann auch Unabhängigkeit bedeuten, die sich mit dem Anspruch auf Gefolgschaft nicht verträgt. Zitieren Sie besser Jean-Paul, der sinngemäß sagt: »Es sind mehr Karrieren durch Reichtum als durch Armut zerstört wordenEr meinte intellektuell. Mir hat das Geld ermöglicht, viele Dinge zu tun, die ich gerne getan habe und die vielleicht auch anderen nützlich gewesen sind. Ich kann mir einen Beruf leisten, der mich Geld kostet, anstatt mir welches einzubringen. Mich hat das Geld nicht daran gehindert, mich mit den Themen zu beschäftigen, die mich interessieren, und einige der Bücher zu schreiben, die ich schreiben wollte.

DZ: Aber Sie sind jetzt auch dauernd von Menschen umgeben, die auf Sie aufpassen müssen. Stört das nicht?

JPR: (schweigt):........

DZ: Und Sie hatten ein furchtbares Erlebnis - Ihres Geldes wegen.

JPR: Das ist richtig.

DZ: Haben Sie das Geld manchmal verflucht?

JPR: Sehen Sie: Jemand, der vermögend ist und Ihnen auf diese Frage mit ja antwortet, würde auf eine besonders lächerliche Weise lügen. Denn es steht ihm ja frei, sich von heute auf morgen von dem Geld zu befreien. Natürlich gibt es schwierige und belastende Situationen am Geld, aber diese als Fazit sozusagen unter den Strich zu schreiben, ist absolut lächerlich und unanständig denen gegenüber, die weniger haben.

Jemand schrieb am 9.2. 2001 um 17:36:53 Uhr zu

Reemtsma

Bewertung: 1 Punkt(e)

Interview mit Jan Phillip Reemtsma über seine Gefühle im Verfahren, über Trauma und Ohnmacht, Religion und Tod

Die Zeit, vom 25.Jan.2001, Nr.5, S.12 ff

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DZ: Hat Ihnen das, was Sie im Keller erlebten, und das was Sie zurzeit im Prozess erleben, auch eine religiöse Dimension aufgedrängt?

JPR: Überhaupt nicht. Ich habe festgestellt, das ich wirklich nicht religiös bin. Ich habe Briefe bekommen, die diese religiöse Dimension anmahnten. Ich habe sie als eine unglaubliche Zumutung empfunden! Abgesehen davon, dass ich keine Adresse habe, an die ich irgendeinen Dank richten könnte: Hätte ich sie, wäre es dieselbe Adresse, bei der ich mich zu beschweren hätte. Ich bin nicht religiös, und da habe ich es gemerkt. Als Kind war ich mal religiös, aber das hat sich dann gelegt. Bertrand Russell ist vor allem daran schuld gewesen. Er hat ein wunderbares Argument gefunden: Diese Christen behaupten immer, sagte er, die Welt sei schrecklich und schlecht. Also muss es irgendeine Kompensation geben, durch irgendetwas Besseres. Würden Sie, wendet Russell sich an das Lesepublikum, wenn Sie eine Kiste Apfelsinen kaufen und feststellen müssten, dass die erste Lage verfault ist, sagen: Ah, dann wird die zweite Lage aus Gründen der Kompensation umso besser sein? Das hat mir eingeleuchtet.

DZ: Aber die Religion liefert Bilder. Wenn man Sie an Ihrem Tisch im Gericht sitzen sieht, könnte einem der Psalm einfallen: »Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde und schenkst mir voll ein

JPR: Sie haben merkwürdige Assoziationen. Die Religionen sind doch im Wesentlichen dazu da, mit dem Sterblichkeitsproblem der Menschen fertig zu werden. Um es mit Freud zu sagen: Das Unbewusste hält sich für unsterblich. Der Sterblichkeitsgedanke ist in der Tiefenstruktur der Menschen nicht verankert. Und so kommt es zu jenem ewigen Widerspruch zwischen diesem Wissen und der emotionellen Weigerung, diesem Wissen den nötigen Platz einzuräumen. Und genau damit sollen die Religionen klarkommen. Die Ägypter präparieren ihre Leichen, um sie unsterblich zu machen. Die Christen erfinden die unsterbliche Seele. Überall, wo Religionen poetisch intensiv werden, in ihren besten Texten, gelingt es ihnen, die existenziellen Situationen von Tod und Angst zu erfassen. Aber das können nichtreligiöse literarische Werke genauso gut und besser.

DZ: Genugtuung ist auch ein existentielles Gefühl.

JPR: Aber ich empfinde vor Gericht keine Genugtuung. Ich sitze da. Und da sitzt der Angeklagte. Und ich denke mir: Okay, wenigstens das.



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